Kurzgeschichten
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Tickt ihr noch richtig?

Es ist Samstagabend und wir wollen uns mit unseren Freunden Conny und Peter treffen. Wir gehen dorthin, wo es Gerümpel und Kostbarkeiten gibt, nämlich auf einen Flohmarkt. Zu dieser Jahreszeit ist es immer ein ganz besonderes Erlebnis, denn es handelt sich um einen Nachtflohmarkt, der in den Messehallen stattfindet.
„Bestimmt sind Frank und Regina auch da. Die beiden lieben solche Flohmärkte auch“, sage ich, ziehe meinen Mantel an und öffne auch schon die Haustür. Draußen hat es gerade begonnen zu schneien und glatt ist es obendrein, doch die Hauptstraßen sind zum Glück frei. Somit steht unserer Unternehmung nichts im Wege.
„Ich rufe gleich mal Conny an“, teile ich meinem Peter mit und zücke auch schon mein Handy.
„Macht Euch keinen Stress, wir fahren auch gerade erst los“, teilt mir diese mit. „Wir finden uns dann schon.“
So ist es auch. Kaum haben wir die große Halle betreten, teilen wir uns auf, gehen also sozusagen getrennte Wege. Schon nach wenigen Schritten kommt eine Frau auf mich zu.
„Hallo Astrid. Schön, dass ihr auch da seid.“
„Hallo Regina. Habt ihr schon etwas gefunden?“
„Ich noch nicht und Frank kauft hoffentlich auch nicht die ganzen Stände auf“, meint sie mit einem Zwinkern.
„Das hoffe ich von Peter auch“, pflichte ich ihr bei, danach läuft jeder für sich weiter. Wir wissen auch ohne Worte, dass wir schon bald in der einen Ecke der Halle zusammen sitzen werden und gegenseitig unsere erstandenen Kostbarkeiten bewundern werden. Das machen wir immer so.
Eine Reihe weiter treffe ich auf Peter und Conny. Wohlweißlich hat Peter schon einen Rucksack auf dem Rücken, in den er seine Fundstücke packen kann. Dieser sieht allerdings noch ziemlich leer aus, aber noch ist ja nicht aller Tage Abend, wie man so schön sagt.
Da sehen wir auch schon meinen Mann zwei Reihen weiter.
„Na, Peter scheint schon etwas ergattert zu haben“, grinst mir Conny’s Peter zu. „Er hat nämlich schon eine Tüte in der Hand.“
„Oh je!“, rufe ich aus. „Wir könnten doch schon selbst einen eigenen Flohmarkt veranstalten. Wenn ich die Sachen hier so betrachte, dann gibt es davon schon Einiges bei meiner Mutter und bei uns. Für mich habe ich das Jahr 2017 als persönliches Jahr des Ausmistens deklariert. Erst heute habe ich eine riesengroße Tüte mit Jacken und Westen aussortiert.“
„Von meinen Sachen aus dem Keller und der Garage wird nichts weggeworfen“, sagt mein Mann, der plötzlich neben uns auftaucht. „Kleidung kannst du von mir aus aussortieren, aber auf keinen Fall Werkzeug oder irgendwelche Ersatzteile.“
„Was hast du denn in deiner Tüte“, will ich wissen und schon hängen vier Köpfe über der geöffneten Tüte. „Ein Auto!“, rufe ich aus und verdrehe die Augen.
„Aber was für eins!“, klingt Conny’s Peter begeistert. „Ein Jaguar E – Baujahr 1961!“
„Seit wann spielst du mit Modellautos? Du sammelst doch richtige Oldtimer“, fragt Conny.
„Ich habe gerade viel, viel Geld gespart, weil ich den Jaguar nur als Modell gekauft habe. Außerdem kann irgendwann das Enkelchen damit spielen. Also habe ich gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen“, erklärt mein Peter.
Unsere Wege trennen sich dann wieder und jeder stöbert durch die Reihen. Zuerst sitzen Regina, mein Peter und ich am Rande und betrachten das Treiben. Regina und ich haben dieses Mal nichts gefunden. Auch Frank gesellt sich zu uns, er hat allerdings einen Wecker mit zwei Glocken. Ich erzähle ihm gleich meine Erfahrungen aus meiner Studentenzeit mit einem solchen Wecker und empfehle ihm diesen am besten auf eine Glasplatte zu stellen.
„Dann sitzt du hundertprozentig senkrecht im Bett, wenn er läutet“, grinse ich.
„Was liegt denn hier alles rum?“, wollen Conny und Peter wissen, die jetzt hinzu kommen. Interessiert betrachten sie unseren Nachbartisch.
„Das sind meine Errungenschaften“, verkündet mein Mann ganz stolz.
Neben dem Jaguar liegen vier schöne, alte und gerahmte Grafiken, die irgendjemand vor langer Zeit per Hand erstellt hat.
Wir plaudern und lachen und freuen uns, dass wir wieder einmal einen schönen gemeinsamen Abend verleben, da meint Frank plötzlich:
„Ich muss noch an den einen Stand dort drüben gehen. Dort, wo es die vielen Uhren gibt. Die Frau wollte mir nämlich eine schenken.“
„Hast du wieder einmal deinen Charme spielen lassen?“, frage ich ihn.
„Ach, nein!“, wehrt er sofort ab. „Das Glas der Uhr ist kaputt und die Frau will alle Uhren loswerden, denn sie hat anscheinend ziemlich viele, auch zu Hause noch.“
Kurz darauf kommt Frank mit einer schönen und funktionsfähigen Uhr zurück, die man auf eine Anrichte stellen kann und erntet selbstverständlich unser aller Begeisterung.
„Und die hast du geschenkt bekommen?“, frage ich ungläubig.
„Ja, du siehst doch, das Glas ist kaputt. Die Frau verkauft sowieso alle Uhren nur für ein paar Euro.“
„Ich gehe da jetzt auch mal hin, denn ich habe dort vorhin ebenfalls eine schöne Uhr gesehen. Vielleicht ist sie ja noch da“, erklärt uns Conny und macht sich auf den Weg.

Sie kommt ein paar Minuten später zurück und hält eine etwas kleinere Version in der Hand. Sie soll ihren Platz im Flur des Hauses von Conny und Peter finden. Aber damit nicht genug! Conny’s Peter läuft schon begeistert in Richtung des Uhrenstandes und kommt tatsächlich mit noch einer weiteren Uhr der gleichen Art zurück. Nachdem sich Frank und Regina verabschiedet haben, erhebt sich auch noch mein Peter und richtet seine Schritte so aus, dass er ebenfalls an dem besagten Stand ankommt. Gefolgt von Conny’s Peter, der ihm den Weg weist, damit er den Uhrenstand auch ja nicht verfehlen kann.
„Ich ahne schon, was jetzt kommt“, sage ich zu Conny.
„Ich auch!“
Aber wir ahnen es nicht, denn meistens kommt es anders als man denkt. Auch in unserem Fall. Mein Peter erscheint mit einer noch größeren Uhr und Conny’s Peter hält strahlend ebenfalls noch eine weitere Uhr in der Hand. Insgesamt sind jetzt Peter und Conny stolze Besitzer von drei Uhren, bei uns beziffert es sich zum Glück nur auf eine einzige.
„Tickt ihr noch richtig?“, entfährt es mir und ich betrachte die beiden Männer mit ihren Errungenschaften etwas skeptisch.
„Ja, klar!“, erklärt Conny’s Peter trocken. „Die funktionieren alle noch!“

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12 Kommentare

  1. hihi..
    was für eine schöne Geschichte..
    ich mag eigentlich Flohmärkte..
    aber komisch dass ich aber schon Jahre nicht mehr auf einem war..
    mein Mann holte sich früher Werkzeug dort

    ganz früher stand ich auch mal auf einem kleinen in der Stadt..
    und einen Garagenflohmarkt haben wir mal gemacht
    Erfolg war mäßig..
    bestücken könnte ich auch mehr als einen Stand 😉

    schöne Uhren haben die Männer ergattert..

    liebe Grüße
    Rosi

    • Astrid Berg sagt

      Liebe Rosi,
      gerade heute hat mein Mann mit Freunden einen Oldtimerteilemarkt besucht. Wir Frauen haben uns lieber gemeinsam einen gemütlichen Nachmittag gemacht.
      Sollten wir jemals einen Flohmarktstand bestücken, hätte ich ehrlich gesagt die Befürchtung, dass wir mit fast allen Sachen wieder nach Hause fahren würden.
      LG und einen guten Start in die neue Woche
      Astrid

  2. liebe Astrid,
    Flohmärkte, lange Jahre mein liebstes Hobby, für beides – zwischendurch auch mal austellen um „was loszuwerden“ was einen Riesenspass gemacht hat, ansonsten ging ich im alten Zuhause fast jeden Samstag 6 km weiter um in der dortigen Ausstellungshalle die vielen kleinen Kostbarkeiten wie Bücher oder Schmuck, Schals oder andere schmucke Sachen für Garten und Haus einzuheimsen, ich liebte das sehr und bedaure nur, dass es hier im gesamten Umkreis so wenige einzelne Flohmärkte gibt. Bis in den Dunstkreis vom Vogelsbergkreis scheint noch nicht durchgedrungen zu sein, dass man da gute Geschäfte machen kann.#du hast uns eine lebenlustige schöne geschichte erzählt und auf den Bildern sah ich eine der Schrankuhren ähnelte verflixt genau der meiner Schwie – Mutter, ja einmal wieder in Ordnung gebracht halten die im Gegensatz zu neueren- viele Jahre!!!…
    Hübsche Geschichte liebevoll erzählt…
    herzlich Angel…

    • Astrid Berg sagt

      Liebe Angel,
      wenn ich mich recht erinnere, habe ich Flohmärkte erst besucht, als unser Sohn geboren war. Vorher kannte ich das gar nicht. Aber in Darmstadt gab es viele Flohmärkte mit Babysachen und auch Spielsachen. Das machte Spaß und man hat noch Geld dabei gespart. Heute besuchen wir mit Freunden hin und wieder Flohmärkte, aber mehr zum Spaß und zum Stöbern. Besonders die Nachtflohmärkte in Cottbus gefallen uns.
      Allerdings habe ich bis zum heutigen Tag niemals selbst einen Stand gehabt und Sachen verkauft. Vielleicht sollten wir dies aber mal tun, damit wir wieder mehr Platz für unsere erstandenen Flohmarktkostbarkeiten haben.
      LG
      Astrid

  3. Christine R. sagt

    Liebe Astrid,
    mein Mann und ich lieben Flohmärkte auch sehr. Wir haben mehr als 25 Jahre selber Stände aufgebaut und dort unsere ausrangierten Haushaltsgeräte, Schuhe, Klamotten und irgendwelchen Trödel verhökert, den wir von unseren Eltern zum Verkaufen bekommen haben. Inzwischen haben wir es (leider) aufgegeben – es wird uns einfach zu mühsam. Aber Bummeln gehen wir immer noch, wenn wir Gelegenheit dazu haben. Und – wer weiß – vielleicht überkommt uns ja doch mal die Lust, wieder selber zu verkaufen. Material hätten wir noch jede Menge …
    Liebe Grüße
    Christine

    • Astrid Berg sagt

      Oh ja, liebe Christine, an Material für einen eigenen Flohmarktstand mangelt es bei uns auch nicht. Aber irgendwie haben wir es noch nie geschafft. Da mag wohl auch ein bisschen Faulheit dabei sein und die Befürchtung, dass man die meisten Sachen vielleicht doch wieder mit nach Hause schleppen würde. Dann scheut man doch die Mühe. Aber vielleicht,…, wer weiß…eines Tages…
      LG
      Astrid

  4. Conny Steinweg sagt

    Liebe Astrid, du hast ja von unserem nächtlichen Nachtflohmarkt -Besuch wieder eine tolle und lustige Geschichte geschrieben. Der Ausflug war ja auch so lustig, als unsere Peter s mit insgesamt 4 Uhren zurück kamen. Ich habe die Geschichte gleich meinem Peter vorgelesen und an meine Freunde deine Seite weiterempfohlen. Mach weiter so. Und zum nächsten Flohmarkt ggf. schon am 4.2. können wir uns gern wieder treffen. Bis bald, sei lieb gegrüßt von Conny und Peter

    • Astrid Berg sagt

      Liebe Conny,
      mein Peter hat es schon bedauert, dass er nicht noch eine Uhr gekauft hat. So hätte er nämlich Ersatzteile für den Fall der Fälle, aber unsere Uhr funktioniert. Und wir haben sogar im Gehäuse noch den Schlüssel zum Aufziehen gefunden.
      Danke für Deine Weiterempfehlung.
      Ich grüße Dich und auch Deinen Peter ganz herzlich. Ich freue mich schon auf den nächsten Flohmarkt, aber wir sehen uns noch vorher!!!
      Bis bald
      Astrid

  5. Liebe Astrid,
    bei mir tickte es auch mal heftig. Ich kaufte fur meinen Mann im Internet eine Uhr zum Geburtstag. Dann entdeckte ich in dem Geschäft super günstig noch weitere Uhren, sehr teuere total herunter gesetzt. Da habe ich zugeschlagen. Was glaubst Du, wie sich mein Mann gefreut hat. Liebe Grüße Eva

    • Astrid Berg sagt

      Liebe Eva,
      ich dachte immer, nur Frauen stehen auf Uhren, aber die Herren der Schöpfung scheinen ebenfalls Uhren zu lieben. Ich denke,das hängt bei den Männern auch mit den Uhrwerken zusammen. Mein Mann jedenfalls macht gerne alte Uhrwerke wieder gangbar. Es bereitet ihm Freude, wenn sich die Zahnräder drehen und alles wieder funktioniert.
      Ich schicke Dir herzliche Grüße
      Astrid

  6. So eine Uhr hatte meine Oma auch, heut hat sie mein Bruder. Ich würde öfter mal auf einen Flohmarkt gehen, aber da kann ich meinen Mann nicht begeistern. Im Sommer waren wir in Dresden, da blieb mir fast der Mund offen stehen, so riesig war der Markt. Stunden kann man da zubringen. Ich will da unbedingt noch mal hin, aber nicht mehr in so einer Affenhitze, wie damals herrschte. Ich hatte mich total verbrannt.
    Liebe Grüße von Kerstin.

    • Astrid Berg sagt

      Auf diesem Flohmarkt in Dresden war ich noch nie. Er würde mich auch interessieren.
      Als wir noch in Darmstadt wohnten, gingen wir regelmäßig zum Flohmarkt. Der zog sich damals durch die gesamte Innenstadt. Das war total interessant und wir haben gerne Spielsachen für unseren damals noch kleinen Sohn gekauft. Ich kann mich noch sehr gut an ein Skateboard erinnern, aber ich glaube darüber habe ich irgendwann schon einmal berichtet.
      Einen schönen Sonntagabend wünscht Dir
      Astrid

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