Alle Artikel in: Kurzgeschichten

Und noch mehr Kindheitserinnerungen

Wir sitzen gerade vor einer Bäckerei in einem kleinen Städtchen. Es ist nicht irgendeine Stadt. Nein, es ist meine alte Heimatstadt, das heißt: Hier habe ich meine Kindheit und Jugend verbracht. Es ist kurz nach zehn Uhr und wir haben uns hier gemütlich niedergelassen, um ein verspätetes Frühstück einzunehmen. Die Sonne strahlt vom blauen Himmel und auch wir sind guter Dinge. Es ist ein ganz gewöhnlicher Wochentag und so verfolgen wir das Treiben auf dem kleinen Platz vor uns. Menschen gehen in der gemütlichen Bäckerei ebenso ein und aus wie in der angrenzenden Apotheke. Während wir das Hin und Her beobachten und unser Frühstück genießen, fliegen meine Gedanken ganz weit zurück in meine Vergangenheit. „Dort vorne am Eck war der Zuckerbäcker“, erkläre ich meinem Mann, der meine Heimatstadt auch seit seiner eigenen Kindheit kennt, da unsere Elternhäuser nur fünfzehn Kilometer auseinander liegen. „Ach ja“, fällt es ihm ein, „den haben wir doch neulich getroffen.“ Ich nicke ihm zustimmend zu und erliege weiter meinen Erinnerungen. So sitzen wir ein oder zwei Minuten schweigend vor unserem Frühstück. …

Au Backe!

Es ist Freitag, kurz vor der Mittagszeit. Die Tür zum Büro meines Mannes steht offen und so bekomme ich sein Telefonat mit, zumindest das, was er sagt.  Als er das Telefongespräch beendet, beginnt er herzhaft zu lachen. Ich betrete nun sein Arbeitszimmer und sehe ihn stirnrunzelnd an. „Was war denn das für ein seltsames Gespräch?“, will ich von ihm wissen. „Ach das war unser Installateur. Er will doch am Montag kommen und sollte mir ein paar Maße durchgeben.“ „Aha?! Und das ist so lustig?“, wundere ich mich. „Naja, eigentlich nicht, aber ich hatte das Gefühl mich mit einem Ausländer zu unterhalten, der die deutsche Aussprache ganz schlecht oder besser gesagt, überhaupt nicht beherrscht.“ Anscheinend sieht mein Mann die Fragezeichen in meinen Augen, denn er steckt plötzlich jeweils einen Zeigefinger in den rechten und linken Mundwinkel und zieht damit seinen Mund in die Länge. Gleichzeitig beginnt er zu sprechen. Ich muss an den Witz vom Breitmaulfrosch denken und beginne zu grinsen. „Ich verstehe kein Wort“, lasse ich ihn wissen. Mein Mann wiederholt seine Vorführung, aber wiederum …

Die Bitte

Professor Konfusi ist unterwegs. Er hatte eine Besprechung mit einem Kollegen und will gerade in sein Auto einsteigen, als das Handy klingelt. „Konfusi“, meldet er sich kurz. „Hallo, mein Lieber, ich bin’s, deine Angetraute“, hört er die Stimme seiner Gattin. „Könntest du mir bitte einen Gefallen tun und ein Rezept beim Arzt abholen?! Ich müsste sonst nochmal extra in die Stadt fahren, aber wenn du…“ „Kein Problem, ich geh gleich mal hin und dann komme ich nach Hause.“ Gesagt, getan. Und damit ist die Aktion sowohl bei seiner Frau als auch bei ihm abgehakt und vergessen. Erst am nächsten Tag fällt die Angelegenheit seiner Frau wieder ein. „Wo sind eigentlich die Medikamente?“, erkundigt sie sich. „Welche Medikamente?“, fragt Professor Konfusi zurück. „Sag nur, du hast das Rezept gestern nicht abgeholt?“, erkundigt sich seine Gemahlin. „Ja doch, klar!“, und nach einer kurzen Pause fügt er hinzu: „Sollte ich auch gleich die Medikamente in der Apotheke holen? Das wusste ich jetzt nicht“, gibt er zu und blickt völlig unschuldig drein. „Das kann man sich aber denken.“ Seine …

Herbstgeflüster

Es ist ein schöner Herbsttag. Die Sonne lacht vom blauen Himmel und lässt die bunten Blätter im Sonnenlicht golden leuchten. Es weht ein Wind, der genau richtig ist zum Drachensteigenlassen. Ein Herbsttag wie aus dem Bilderbuch.  Flori marschiert hinüber zur großen Wiese und lässt seinen bunten Drachen, den er übrigens selbstgebastelt hat, hoch in die Lüfte steigen. Dort tanzt dieser hin und her und der Junge hat seine helle Freude daran. Doch schon bald ziehen Wolken am Himmel auf. Das wäre ja nicht so schlimm, wenn es Schönwetterwolken wären, aber leider versprechen diese nur Regen. So packt Flori seinen Drachen wieder ein, doch bevor er sich endgültig auf den Heimweg macht,  setzt er sich für ein Weilchen auf die Bank am Wegesrand. „Bestimmt müssen wir bald wieder Blätter sammeln und zum Unterricht mitbringen“, denkt er. „Jedes Jahr dasselbe. Im Kindergarten hat es angefangen und jetzt in der dritten Klasse ist es immer noch so. Eigentlich mag ich das nicht.“ Floris Gedanken werden unterbrochen. Er vernimmt ein zartes Stimmchen: „Ich halte mich fest! Das kannst du …

Na warte, jetzt ärgern wir dich!

„Ich glaube, sie wird bald kommen und uns unseren Platz zuweisen. Im Grunde genommen ist sie schon überfällig. Der Sommer ist vorbei und der Herbst ist längst eingekehrt. Es ist schon recht kühl geworden und sie scheint uns vergessen zu haben. Sonst würden wir hier nicht so einsam und verlassen rumstehen“, plappert die Eine drauf los. „Psst!“, ermahnt die Andere flüsternd. „Ich glaube sie ist nebenan. Du hast recht, wahrscheinlich erscheint sie gleich hier.  Allerdings war sie in den letzten Tagen schon öfter hier und hat uns gar nicht beachtet. Warum sollte sie uns ausgerechnet heute ihre Aufmerksamkeit schenken?“ „So richtig hat sie uns eigentlich nie beachtet, obwohl wir ihr durch den Sommer geholfen haben. Wir waren selbstverständlich immer für sie da.“ „Genau, stets zur Stelle, wenn sie uns gebraucht hat. Nie haben wir sie verärgert oder im Stich gelassen.“ „Doch, einmal haben wir sie schon ein wenig geärgert. Aber hinterher hat sie sich über unseren kleinen Streich sogar amüsiert.“ „Hihi!!! Ich erinnere mich. Es begann während einer längeren Autofahrt…. Psst!!!! Sie kommt!!!“ Die beiden …

Was hat man mir da nur erzählt…?!

Wir sind auf dem Weg zu unserem Sohn und kommen dabei durch eine kleinere Ortschaft. Mein Mann fährt und ich lasse meinen Blick schweifen. Da fällt mir ein schmuckes kleines Häuschen mit einem gepflegten Garten auf, in dem es üppig in allen leuchtenden Farben blüht.  Aber nicht allein die Blütenpracht zieht meine Aufmerksamkeit auf sich, sondern noch etwas anderes, das mitten im Vorgarten steht. „Hast du das eben gesehen? Schau doch mal!“, fordere ich meinen Gatten auf.  „Was denn, wo denn? Ich muss auf die Straße achten und kann nicht links und rechts die Landschaft betrachten“, erklärt er mir und tritt gleichzeitig auf die Bremse, weil ihm nun ein Schild anzeigt, dass man nur noch 30 Stundenkilometer fahren darf. „Jetzt sind wir sowieso schon vorbei“, sage ich mit ein wenig enttäuschter Stimme.  „War es wichtig? Soll ich umdrehen?, erkundigt er sich, aber ich merke am Ton, dass er eigentlich keine Lust zum Wenden hat. „Nein, nein! Das brauchst du nicht. Dort hinten links“, gestikuliere ich, „steht inmitten der vielen blühenden Blumen ein großer hölzerner  Storch …

Guten Morgen!

Wie siehst du denn heute aus? Schrecklich! Vielen Dank für das Kompliment! Du bist echt nett zu mir. So bin ich eben. Das sollte auch kein Kompliment sein. Ich sage, wie es ist. Du hast schon besser ausgesehen! Ich konnte nicht schlafen heute Nacht. Erst lag ich stundenlang wach und dann dieser seltsame Traum. Ein Alptraum?  Keine Ahnung, ich kann mich nicht erinnern. So wie du heute aussiehst, bist du in einen Sturm geraten oder dich hat der Blitz getroffen. Jedenfalls stehen deine Haare nach allen Richtungen ab. Du musst mir nicht ständig sagen, dass ich ziemlich fertig und übernächtigt aussehe. Okay, okay. Dann wünsche ich dir einen guten Morgen! Wie kann das ein guter Morgen sein, wenn ich so fürchterlich aussehe?! Erfrische dein Gesicht mit kalten Wasser! Gib deinen Wangen ein paar Klapse! Das weckt die Lebensgeister. Frisiere deine Haare!  Du hast recht! Das mache ich. Jetzt sorge dafür, dass es ein guter Morgen wird. Wie soll denn das gehen? Lächele! Wieso? Ich habe gerade nichts zum Lachen. Versuche es doch mal! Geht nicht! …

Ich erzähl’ dir was dazu …

Wir sind unterwegs, um diverse Pflanzen und Accessoires für unseren Garten zu besorgen.  „Schau mal“, sage ich zu meinem Mann, der gerade einen Rasenroboter begutachtet, „was ich gefunden habe.“ „Ein Zitronenbäumchen, – ja nimm es mit. Es wird aber eine Weile dauern, bis es groß ist und Früchte trägt.“ „Egal, irgendwann hängt eine Zitrone daran!“, freue ich mich schon jetzt. Peter allerdings hat sich den technischen Daten des Rasenroboters zugewendet und meint nur beiläufig: „Dazu kann ich dir was erzählen…, aber nicht jetzt. Erinnere mich daran!“ „Mache ich!“ Und damit ist die Sache verschoben und auch vergessen. Erst am Nachmittag fällt mir wieder ein, dass mein Göttergatte mir noch etwas erzählen wollte, aber der Moment ist für eine Nachfrage ungeeignet, weil er gerade telefoniert. „Ich werde gleich nach seinem Telefonat nachfragen!“, nehme ich mir vor. Allerdings klingelt es in diesem Moment an der Haustür und unsere Mieterin hat ein Problem mit ihrem Rollladengurt. Er ist nämlich gerissen. Zufälligerweise haben wir noch einen neuen Gurt da, den Peter, hilfsbereit wie er nun mal ist, auch sofort …

Anton

Sabine, genannt Bienchen, ist mit ihren Eltern am Meer. Genauer gesagt am Mittelmeer, auf einer Insel. Bienchen ist erst 5 Jahre und dies ist ihre zweite Reise zum großen Wasser, wie sie das Meer nennt. Heute sind sie auf Besichtigungstour. Das ist ein bisschen langweilig, denn sie spielt am liebsten am Strand und baut mit ihrem Paps Burgen oder plantscht mit Mama und Papa im seichten Wasser. Während ihre Eltern die Aussicht bewundern, schleckt sie ein Eis und sieht sich nach interessanteren Dingen um. Doch hier ist nicht viel. Sie sieht eine kleine Kapelle, ein paar Felsen, das Meer und den Himmel über ihnen. Doch dort vorne huscht etwas um die Ecke. Ein kleines Kätzchen. Sie läuft ihm entgegen, in der Hoffnung, dass es sich streicheln lässt. Dabei verliert sie ihren inzwischen leeren Eisbecher. Achtlos lässt sie ihn liegen. „Hey, du da!“, hört sie auf einmal jemand rufen. „Was soll das denn?“ Sie dreht sich erschrocken um, kann aber niemand erkennen. Doch dann hört sie die leicht verärgerte Stimme schon wieder. „Haben deine Eltern dir …

Sonne, Hitze und noch mehr

„Ach!“, hört man Oma klagen, „das ist ja kaum noch zu ertragen. Ich leide unter Kopfschmerzen, das ist wirklich nicht zum Scherzen.“   „Das kommt von der Hitze, sicher gibt es bald Donner und Blitze“, meint der weise Opa nun. „Du solltest besser ein bisschen ruh’n!“   „Ich spüre den Regen schon, erklärt der Großvater genau die Situation. „In meinen beiden Knie’n hab ich schon dieses unerträgliche Zieh’n.“   „Das ist ein untrügliches Zeichen da können Meteorologen erbleichen. Ich und meine beiden Knie, wir irren uns hundertprozentig nie.“   „Juhu!“, jubelt der kesse Enkelsohn freudig strahlend und in frohen Ton. „Wir haben heute hitzefrei! Das ist super, klasse und einwandfrei!“   „Ich fahr’ jetzt ins Schwimmbad, hole nur noch Badesachen und mein Rad! Hausaufgaben gibt es nicht, dieser Tag ist eindeutig ein Gedicht!!!“   „Wir geh’n jetzt mal ins Haus!“ Die Großeltern nutzen dort die Kühle aus. Tim mag das kühle Nass, findet den ganzen Tag spitze und superkrass.   Ob im Haus oder kühlen Nass, zuviel Hitze macht dann doch keinen Spaß. Jetzt heißt …

Abenteuerliche Fahrt

Wir stehen vor dem Aufzug. Ich will gerade den Knopf drücken, damit sich dieser in Bewegung setzt und zu uns in das entsprechende Stockwerk fährt. Bevor ich allerdings meinen Finger in Richtung Knopf bewegen kann, erklärt mir mein Mann, was ich eigentlich ohnehin schon weiß: „Man muss immer die Taste drücken mit dem Pfeil, der in die Richtung zeigt, in die man möchte! Hoch oder runter!“ „Aha!“, kommentiere ich die Belehrung. „Das machen viele Leute falsch und dann wundern sie sich, dass die Sache mit dem Aufzug nicht klappt“, kommentiert er meinen Knopfdruck, auf den sich augenblicklich die Tür öffnet. „Das ging jetzt aber echt schnell!“, sage ich zu dem jungen Paar das bereits im Aufzug steht. Sie lächeln mir entgegen und meinen: „Ja, wir haben uns beeilt!“ „Ach“, mischt sich ein anderer Herr ein, der ebenfalls durch die Tür tritt. „Normalerweise stehe ich hier immer ewig und warte, bevor der Aufzug kommt und dann auch noch in die falsche Richtung fährt. Das ist schon seit Jahren so. Irgendetwas haben die hier wohl falsch programmiert.“ …

So eine Aufregung

Eigentlich haben wir Fangen gespielt. Das macht richtig Spaß, aber irgendetwas ist wohl falsch gelaufen. Plötzlich waren die anderen nämlich weg. Erst haben sie mich hierher gelockt und jetzt sind sie alle verschwunden und haben mich hier allein gelassen. Ich frage mich nur, wo sie sind. Wahrscheinlich sind sie längst schon wieder draußen und spielen im Garten weiter Fangen.  „Hey, was machst du hier drinnen?“, höre ich eine Frau empört rufen. Meint sie etwa mich? Ich würde ja gerne raus, aber ich weiß nicht wo.  „Sieh zu, dass du nach draußen verschwindest!“, schimpft sie mit mir und dann beginnt sie mir ihr Leid zu klagen: „Ich dachte, dass ich heute mal Glück hätte. Ich habe extra erst den Wetterbericht gehört und sie haben für heute und morgen Wolken und Sonne gemeldet, aber keinen Regen. Also habe ich die Gelegenheit ergriffen. Meistens habe ich nämlich Pech und es regnet noch am selben Tag, spätestens aber am nächsten Tag.“ Bis jetzt weiß ich überhaupt nicht wovon diese Frau redet und was das alles mit mir zu tun …

Vorsicht!!!

Wir sind gerade dabei unsere Samstagseinkäufe zu tätigen, da kommt mein Göttergatte auf eine hervorragende Idee. „Wollen wir uns nicht hier beim Bäcker einen Kaffee gönnen? Dort drüben ist gerade ein Tisch frei geworden.“ „Ja, auf einen Latte Macchiatto hätte ich auch Lust“, antworte ich und marschiere schon auf den Tisch zu, um dort meine Jacke hinzulegen und damit gleichzeitig den Platz zu reservieren. Peter stellt sich unterdessen an der Theke an, um zu bestellen. Ich brauche sicher nicht zu erwähnen, dass sich zu den Kaffeespezialitäten auch noch jeweils ein Stück Kuchen gesellt. Die mahnende innere Stimme, die uns „Vorsicht Kalorien!“ entgegenruft, weisen wir mit dem Gedanken „Das Abendbrot fällt dann halt kleiner aus!“ erfolgreich zurück. Als die Teller leer, aber die Trinkgefäße noch zur Hälfte gefüllt sind, genießen wir den Kaffee jeder auf seine eigene Art. Während Peter in einer Zeitung liest, lehne ich mich entspannt zurück und betrachte das Geschehen um mich herum. Dabei fallen mir zwei Frauen auf, die auf die gleiche Idee gekommen sind wie wir und sich an diesem Nachmittag …

Das fliegende Ei

Wir sitzen im Flieger von Teneriffa zurück nach Berlin. Schade, denn wir lassen das schöne sonnige Wetter zurück und tauschen es gegen Temperaturen von ungefähr 6 Grad ein, allerdings mit der Hoffnung auf Sonnenschein an Ostern. Ich überlege, welche Geschichte aus unserem Leben zum Osterfest passen könnte, aber da hilft mir Peter auf die Sprünge. Es gibt eine lustige Begebenheit aus der Familie meines Vaters, die ich allerdings auch nur aus Erzählungen kenne. Es ist also sozusagen eine alte familiäre Überlieferung.“ „Und das ist eine Ostergeschichte?“, frage ich zurück. „Das kann ich dir jetzt nicht sagen, aber es geht um ein fliegendes Ei.“ Logisch, dass ich jetzt neugierig werde, denn fliegende Eier kenne ich nicht. Seinem schelmischen Grinsen merke ich jedoch an, dass ich vielleicht den Ausspruch nicht ganz so wörtlich nehmen sollte. „Das ist jetzt aber kein nachträglicher Aprilscherz, oder?“ „Nein, nein. Pass mal auf!“, beginnt Peter mir diese Geschichte zu erzählen. Er beschreibt eine Szene, die ich mir nun auch bildlich genau vorstellen kann. Sein Vater Heinz, der damals wohl selbst noch ein …