Kurzgeschichten
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Die Nacht ist zum Schlafen da

Es ist eine laue Sommernacht und ein ereignisreicher Tag liegt hinter uns. Man sollte meinen, dass man dann müde genug ist, um zu schlafen. 

Mein Mann tut dies auch. Seine Atemzüge sind ruhig und gleichmäßig. 
Ein bisschen neidisch bin ich schon. 
„Ich möchte auch schlafen“, wünsche ich mir, aber im Grunde genommen könnte ich aufstehen und irgendetwas tun. „Wach genug dazu bin ich. Eigentlich hätte ich es mir denken können“, schimpfe ich lautlos mit mir selbst.
Als wir heute Nachmittag mit der Familie in einem Cafe saßen, bestellte ich mir einen Latte Macchiato. Seit ich denken kann, bin ich ein Teetrinker. Ich liebe Tee, alle Sorten, außer Schwarztee. Aber alle Welt trinkt Kaffee. Immer will man ja nicht die Ausnahme sein. Also habe ich vor ungefähr einem Jahr begonnen spezielle Kaffeevarianten zu testen, allerdings erst einmal mit Schokolade. Chocochino, Schokomacchiato oder wie sie sich alle nennen. Jedes Cafe kreiert dafür ja einen anderen Namen.
Kurze Rede langer Sinn, inzwischen bleibt die Schokolade weg und mir schmeckt ein ganz normaler Latte Macchiato.
„Der war wirklich lecker und überhaupt nicht stark“, denke ich an den Nachmittag zurück. „Nur hätte ich es bei diesem einen Glas belassen sollen. Das Zweite war für meine Verhältnisse zuviel und ich hatte schon beim Trinken geahnt, dass ich nicht würde schlafen können.“
Ich weiß, alle Kaffeetrinker, besonders diejenigen, die ihren Kaffee schwarz genießen, lachen mich jetzt insgeheim aus, aber ich liege tatsächlich wach und wälze mich hin und her.
„Baldrian“, überlege ich. „Das wird mich beruhigen und in einer halben Stunde schlummere ich genauso selig, wie mein Göttergatte.“
Quatsch, jetzt habe ich ein neues Problem, das meinen Schlaf verhindert.
Es beginnt just in dem Moment, in dem ich die Leselampe ausknipse und mein Haupt auf das Kopfkissen lege. 
„Oh nein!“
Ich habe das Gefühl ein Hubschrauber setzt gerade zur Landung an. Noch befindet er sich genau über mir. Nein, das ist kein Hubschrauber und auch kein Tinnitus. Es ist viel, viel kleiner und umkreist mich. Ich fuchtele wild mit den Armen um mich. Ruhe!  Kaum habe ich mich wieder gemütlich eingekuschelt, geht der Angriff aufs Neue los. 
„Miststück!“, entfährt es mir.
Das scheint ins Bewusstsein meines Mannes gedrungen zu sein, denn er murmelt plötzlich: „Was ist los? Ich hab doch gar nichts gemacht!“
Noch bevor ich die Sache richtigstellen kann, hat er sich auf die Seite gedreht und schnarcht los.
„Na toll!“, denke ich und schalte wieder die Leselampe an. Mit den Augen suche ich das Zimmer ab. Nirgends kann ich dieses kleine Biest entdecken. 
„Es hilft alles nichts, ich brauche ein Gegenmittel!“, beschließe ich und schleiche mich aus dem Schlafzimmer. Im Bad besprühe ich mich mit Mückenspray.
„So, jetzt wirst du mich wohl in Frieden lassen. Es wird auch langsam Zeit!“
Inzwischen zeigt der Wecker nämlich schon drei Uhr nachts an.
„Ich habe noch kein bisschen geschlafen, bald bricht ja schon der Morgen an.“ Innerlich gerate ich langsam in Panik. „Aber mein Spray wird helfen!“
Zuversichtlich krieche ich wieder unter die Bettdecke und schließe ganz fest meine Augen. Leider nur die Augen, denn die Ohren lauschen auf jeden noch so kleinen Laut.
„Da ist sie ja schon wieder! So langsam reicht es!“
Außerdem juckt es mich mittlerweile am gesamten Körper. Sie scheint mich wohl an Armen und Beinen gestochen zu haben und das nicht nur einmal. Ich kratze. Noch ein Grund nicht einzuschlafen.
„Das ist ja eine tolle Kombination, um wach zu bleiben: Kaffee, das Schnarchen meines Mannes, die Mücke und die Juckattacken. Klasse!“
Mein Ärger muss dann wohl doch von der Sehnsucht nach Schlaf übertrumpft worden sein, denn gefühlt um 4 Uhr 30 schlafe ich endlich ein.
Als ich am Morgen auf dem Weg zum Badezimmer bin, frage ich mich: „Habe ich das alles nur geträumt?“, denn seltsamerweise bin ich kein bisschen müde. Im Bad angekommen, gibt mir mein Spiegelbild jedoch eine eindeutige Antwort.
„Oh, hab ich gut geschlafen,- tief und fest“, erklärt mir mein Mann, der nun ebenfalls hereinkommt. „Nur einmal bin ich kurz aufgewacht, weil du irgendwas zu mir gesagt hast. Worum ging es eigentlich?“
Ich bin sprachlos. Er hat von meinem nächtlichen Kampf nichts mitbekommen und kein einziger Stich lässt sich bei ihm entdecken. Ist das nicht unfair? Und dann auch noch sein Spruch, als ich meine Mückenstiche zähle: 
„Daran ist nur Noah mit seiner Arche schuld. Er wollte ja unbedingt von jedem Tier ein Paar mitnehmen und das ist dabei herausgekommen.“

 

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8 Kommentare

  1. liebe Astrid
    ich kann dich gut verstehen denn ab und an kenne ich das so ähnlich auch!…
    sich schlaflos im bett wälzen und dann auch noch jemanden an seiner seite zu haben der tief seelig und traumlos schläft, das macht dann ja fast schon wütent..lacht…ist ungerecht dann auch noch entdecken zu müssen dass er nicht gestochen wird während du dich dem Angriff zu stellen hast, verstärkts auch noch..
    unser Gedankenkarussel – netter Vergleich lässt uns nicht schlafen, weil wir irgendwas verarbeiten müssen oder wollen, es uns beschäftigt, – weniger wohl der Kaffee der so lecker schmeckt, den man aber glaubt dafür verantwortlich zu machen- der ist es bestimmt nicht nur, denn der Körper gewöhnt sich auch irgendwann auch ans Koffein oder Teein.
    ich bin auch so eine, die danach wenn sie dann nachts um 2/3(4 aufgestanden ist, aufgeschrieben hat was sie beschäftigt um dann beruhigt und müde genug ist um wieder einzuschlafen dann aber gerädert oder nicht morgens im Spiegel erkennbar zu wenig geschlafen hat!…sch.Stech -Mücke…die Biester sind aber wirklich kaum zu ertragen und am liebsten würd man einen Schlappen nehmen um sie zu erschlagen…trotz Tierschutzgedanke/)
    du hast mein volles verständnis…in deiner kleinen hübschen Geschichte!
    deinen lieben Kommentar bei mir, – hab ich übrigens gern bei mir eingetragen…dankeschön…es ist schade, dass das immer nicht bei dir klappt…
    man verliert sich leider oft schnell aus den Augen wenn man nicht wenigstens kommentieren kann.

    • Astrid Berg sagt

      Wow, das war jetzt aber ein ausführlicher Kommentar.
      Ich glaube, ich habe mich selbst als geborene Teetrinkerin schon ein bisschen an Kaffee gewöhnt. Mittlerweile gehört es zum Ritual einmal am frühen Nachmittag einen Latte Macchiatto zu genießen 😊, aber wirklich nur einen .
      Ich schicke Dir liebe Grüße in den Vogelsberg und bleib gesund!!!
      Astrid

  2. Liebe Astrid,
    mir geht es seit einigen Jahren mit Kaffee so wie dir, obwohl ich früher immer gerne und durchaus auch starken Kaffee getrunken habe. Tee ist nicht so „meins“, deshalb bin ich vor einiger Zeit auf Lupinen- bzw. Getreidekaffee umgestiegen, der schmeckt mir richtig gut. Bei unserem letzten Freundestreffen trank ich dann aber doch wieder Bohnenkaffee – und wälzte mich danach wie du im Bett. Wir haben vor einiger Zeit Cannabidiol (CBD) als gutes Mittel gegen (vor allem abendliche) Kopfschmerzen und auch zum Einschlafen entdeckt. (Falls du es nicht kennst: CBD ist ein nicht psychoaktives Cannabinoid aus dem weiblichen Hanf.) Zum Glück hatten wir keine Gelsen (Stechmücken) im Schlafzimmer, und so konnte ich dann trotz des Koffeins doch noch einschlafen. Der Spruch deines Mannes am Morgen war aber originell ;-))
    Ich wünsche dir einen wunderschönen Juli!
    Herzlichst, Traude
    https://rostrose.blogspot.com/2020/06/ein-naturreservat-und-drei.html

    • Astrid Berg sagt

      Liebe Traude,
      eigentlich wirkt ein Baldriandragee bei mir ganz gut, allerdings darf ich dann keinen Kaffee getrunken haben. Ich bin immer wieder verwundert, wenn mir jemand erzählt, dass er/ sie selbst um Mitternacht starken Kaffee trinken und anschließend problemlos einschlafen kann. Wahrscheinlich sind wir zu zart besaitet 😊.
      LG
      Astrid

  3. Oje, solche oder ähnliche Nächte kenne ich auch. Zwar sind es bei mir wegen Stechmücken noch Schnarchen, es sind meistens irgendwelche Gedanken. Nein, keine negativen, sondern irgendwelche Ideen, die in meinem Kopf sprudeln. Da möchte ich manchmal am liebsten aufstehen und diese in die Tat umsetzen.

    Liebe Grüße
    Traudi

    • Astrid Berg sagt

      Liebe Traudi,
      oh ja unser Gedankenkarusell kann uns ganz schön wachhalten 😉. Ich habe immer einen Stift und einen Block auf dem Nachttisch liegen. So kann ich meine Ideen und Gedanken festhalten und drehe mich gedanklich nicht immer im Kreis. Es gibt aber tatsächlich auch Menschen, die aufstehen, die Dinge nachts noch in die Tat umsetzen und nach zwei Stunden ruhig schlafen können. Diesen eigenen Rhythmus und die Methode muss jeder für sich herausfinden.
      LG
      Astrid

  4. Herrliche Geschichte, liebe Astrid,
    wen die Mücken lieben….. der leidet!
    Wer nicht gestochen wird, kann das einfach nicht verstehen, gell.
    Angenehmen Sonntag und liebe Grüße
    moni

    • Astrid Berg sagt

      Eigentlich freut man sich ja, wenn man geliebt wird, aber auf diese Liebe von Mücken verzichte ich gerne 😉.
      Liebe Sonntagsgrüße von mir zu Dir.
      Astrid

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