Kurzgeschichten
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Der verflixte Tag

Nathalie liegt endlich im Bett. Es ist inzwischen schon zwei Uhr nachts. Ihre Gedanken lassen sie nicht los, denn in ihrem Kopf schwirrt es. Sie lässt die Ereignisse des vergangenen Tages Revue passieren:

„Der Tag war von Anfang an wie verhext“, denkt die junge Frau. „Nachdem Tom um kurz vor fünf Uhr zum Flughafen gefahren ist, habe ich dann total verschlafen. Um noch rechtzeitig im Büro zu sein, musste ich das Frühstück ausfallen lassen. Das wäre ja an sich kein Problem gewesen, wenn ich nicht auf die Idee gekommen wäre, mir beim Bäcker um die Ecke schnell einen Coffee to go zu holen. Den wollte ich auf dem Weg zum Büro trinken. Als ich dann stolperte, schwappte der Kaffee auf meine Bluse. Und ich habe es in der Hektik gar nicht mal bemerkt. Beim anschließenden Meeting machte mich allerdings eine Kollegin vor versammeltem Team auf den Fleck aufmerksam.“

Es war ausgerechnet die Kollegin, die sowieso ihre Schadenfreude niemals verbergen konnte und deshalb bei allen nicht besonders beliebt war. 
Zum Glück hatte Nathalie ein Tuch dabei, das sie sich derartig band, dass der Fleck verdeckt war.  Als wären das nicht schon genug schlechte Ereignisse für diesen Tag, trudelte sogleich die nächste unerwartete Nachricht per Telefon ein. 

„Es tut mir so leid, aber mein Flug von Paris nach Berlin wurde gecancelt und so kann ich erst morgen Früh den ersten Flieger nehmen“, hatte ihr Lebensgefährte Tom betrübt erklärt. „Das bedeutet, dass ich erst nach Hause komme, wenn du schon wieder im Büro bist. Dabei war eigentlich Hin- und Rückflug am selben Tag geplant.“

Das hat Nathalie zwar geärgert, aber es war nun mal nicht zu ändern. „Immerhin handelt es sich um eine Geschäftsreise, die von großer Wichtigkeit für Toms berufliche Karriere ist“, tröstet sich Nathalie auch jetzt noch mitten in der Nacht und sieht vor ihrem inneren Auge die weiteren Ereignisse des Tages vorüberziehen. 

Der Nachmittag im Büro verlief eigentlich recht normal und ohne kleine oder größere Ereignisse, so dass das Kopfkino sofort zu den Geschehnissen am  Abend sprang. Nathalie war zu ihrer besten Freundin Bea gefahren, die nach einer plötzlichen Trennung von ihrem Freund dringend seelischen Beistand brauchte. 

„Als ich das Knöllchen nach dem Besuch bei Bea an meiner Windschutzscheibe vorfand, ahnte ich nicht, dass die letzte Stunde des Tages noch eine weitere böse Überraschung für mich bereithielt“, gesteht sich Nathalie in Gedanken ein, als sie an die folgenden bangen Minuten denkt.

Sie war kurz nach dreiundzwanzig Uhr vor ihrem Haus eingetroffen, das sie gemeinsam mit Tom bewohnte. Ihr fiel zunächst nichts Ungewöhnliches auf. Doch als sie die Haustür öffnete, drangen seltsame Geräusche an ihr Ohr. Ihr Herz schien vor Schreck einen Moment auszusetzen. Geistesgegenwärtig schloss sie leise und vorsichtig wieder die Haustür. 

„Ich glaube bei mir sind Einbrecher im Haus“, hatte sie zu Bea gesagt, die schon beim zweiten Klingeln an ihr Handy gegangen war. 

„Ruf die Polizei und bring dich nicht in Gefahr, warte bis die Polizei da ist!“, hatte diese ihr eingeschärft. „Ich bin auch sofort bei dir!“

„Die beiden Polizeibeamten waren in Windeseile da und schlichen zuerst um das Haus herum. Auch sie hörten die Geräusche, die aus einem ganz bestimmten Zimmer zu kommen schienen. Es war Toms Büro“, erinnert sich Nathalie und beginnt zu frösteln. 

Weder in dem besagten Raum noch im gesamten Haus brannte Licht und Nathalie hatte den Polizisten glaubhaft versichert, dass ihr Lebensgefährte noch in Paris sei. Somit konnten es nur Einbrecher sein, zumal plötzlich auch ein leises Klirren zu hören war, als sei etwas umgefallen. 

Die Polizisten hatten Bea und Nathalie ins Auto geschickt und waren dann leise ins Haus geschlichen. Zunächst konnten die Freundinnen nichts Verdächtiges hören und auch nichts sehen, dann allerdings ging in jedem einzelnen Zimmer nacheinander plötzlich das Licht an und kurz darauf wieder aus. 

„Diese bangen Minuten, die mir wie Stunden erschienen, werde ich wohl so schnell nicht vergessen“, gesteht sich die immer noch hellwache Nathalie ein.

Tja und dann waren die beiden Polizeibeamten aus dem Haus gekommen und an ihr Auto herangetreten.

„Wir haben den vermeintlichen Einbrecher entdeckt“, hatte der Eine gesagt. Leider hat er die Bodenvase zerbrochen und die Blumen hat er ebenfalls zerstört.“

„Und wo ist er jetzt?“, hatte sie den netten Polizisten gefragt, der inzwischen ein verschmitztes Grinsen im Gesicht hatte und trocken meinte: „Dort, wo er hingehört!“

Auch der zweite Polizist hatte sich aus zunächst unerfindlichen Gründen sein Lachen nicht mehr verkneifen können und so ließ er die beiden verblüfften Frauen wissen:

„Wir haben ihn zur Station gebracht, er konnte sie anscheinend nicht mehr alleine finden konnte.“

„Wahrscheinlich haben Bea und ich ziemlich verdutzte Gesichter gemacht“, überlegt Nathalie, die nun langsam doch schläfrig wird.  Außerdem hat sie nun selbst ein Grinsen im Gesicht. „Gut, dass der eine Polizist uns dann alles genau erklärt und damit auch beruhigt hat.“

„Ihr Staubsaugerroboter war der Übeltäter. Er hatte sich selbstständig gemacht und fuhr im Zimmer hin und her. Nachdem er wohl beim Saugen hinter der Zimmertür diese zugeschlagen und sich somit selbst im Büro eingesperrt hatte, konnte er nicht mehr eigenständig zu der im Flur stehenden Aufladestation zurück. Jetzt ist er dort und schläft den Schlaf der Unschuldigen.“

 

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10 Kommentare

  1. ei ei ei…welch eine bodemlose spannende Überraschung, schmunzelnd gelesen und vermutet es wäre vielleicht eine herumspingende Katze gewesen die durch ein offenes Fenster ins Häusle geflüchtet sei um dort ein klein wenig „Schabernak zu treiben“…
    ein Glück haben es die Polizisten aufs Korn genommen und den Übeltäter ausgemacht….“? wenn man das überhaupt kann???
    Eine entzückende Geschichte die Spannung aufbaut ehe sie zum richtigen Krimi wird…
    ein Saugroboter weder fürs Gras noch für die Wohnung kann ich hier vorweisen oder anstellen, denn das Gras ist von Büschen und Gewächs durchzogen – und die Wohnung hat Teppiche wo er sich drin ver-fangen – und stolpern könnte…
    also lass ich das sicher sein:-))…
    Wenn Haushaltgeräte eigene Geschichten kreieren – darfs lustig werden und gefällt mir..sehr
    herzlichst angelface

    • Astrid Berg sagt

      Hallo liebe Angelface,
      wie in allen meinen Geschichten steckt ein bisschen Wahrheit darin. Ich habe vor längerer Zeit in der Tageszeitung eine klitzekleine Notiz gelesen, dass jemand dachte, Einbrecher seien im Haus. Es stellte sich dann heraus, dass es nur der Saugroboter war. Diese Zeitungsnotiz steckte noch in meinem Hinterkopf und hat mich dann zu dieser Geschichte inspiriert.
      Ganz liebe Grüße
      Astrid

  2. Haha, was für ein lustiges Ende. Technik halt, die macht sich selbständig oder macht was sie will 🙂
    Wir haben weder Rasenroboter noch Saugroboter, kann uns also nicht passieren 🙂
    Liebe Grüße von Kerstin.

    • Astrid Berg sagt

      Na, wer weiß, vielleicht rührt Dir eines nachts die Küchenmaschine plötzlich einen Kuchenteig an 😉 und überrascht Dich am Morgen damit.
      Liebe Grüße aus dem heutigen Regentag.
      Astrid

  3. hihi
    eine doch lustige Geschichte ..
    so kann es gehen wenn sich Haushaltsgegenstände selbstständig machen
    bei mir geht oft der Fernseher wie von Geisterhand an

    liebe Grüße
    Rosi

    • Astrid Berg sagt

      Ohje, da kann man aber auch einen tüchtigen Schrecken bekommen, wenn sich plötzlich jemand zu Wort meldet 🤔. Ich hoffe, der Fernseher steht nicht im Schlafzimmer und es ist auch noch nicht nachts passiert.
      LG
      Astrid

    • Astrid Berg sagt

      Ich danke Dir, liebe Traude. Mich würde allerdings interessieren, welche Vermutung Du hattest.
      Ich wünsche Dir eine gute Nacht.
      Astrid

  4. Hihi, so kann es einem gehn. Ich weiß schon, warum ich so einen Roboter nicht in meinem Haushalt haben möchte, deine Geschichte liefert mir noch einen weiteren Grund für ein NEIN.
    Gerne gelesen, liebe Astrid,
    viele Grüße
    Regina

    • Astrid Berg sagt

      Wir haben einen Saugroboter im Haus und einen Mähroboter im Garten und sind eigentlich ganz zufrieden mit Beiden. Sie haben allerdings die „Angewohnheit“ immer genau in der Ecke zu sein, wo ich mich aufhalte 😉. Schon irgendwie seltsam 🤨.
      Liebe Samstagabendgrüße
      Astrid

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