Für Kinder, Kurzgeschichten
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Wir zwei

Immer und immer wieder höre ich die Leute sagen: 
„Es wird langsam Zeit …“.
Ja, das stimmt. Es wird wirklich langsam Zeit, dass wir endlich mal richtig gewürdigt werden. Also fang ich einfach mal an, ein bisschen von uns zu erzählen:

Wir sind eigentlich die besten Freunde. Obwohl wir zu zweit sind und eindeutig zusammengehören, kann man uns in gewisser Weise als ein ungleiches Paar bezeichnen. Trotzdem muss man betonen, dass Einer allein einfach keinen Sinn ergibt. 
Äußerlich haben wir ein bisschen Ähnlichkeit mit Dick und Doof. So kommt es mir zumindest manchmal vor. Ich bin klein und dick und mein Kumpel, der ist lang und schlank.
Unser Leben besteht aus ständigen Wiederholungen, deren wir allerdings niemals müde werden. Sie sind sozusagen unsere Bestimmung und die Rechtfertigung unserer Existenz.
Mein Kumpel läuft immer vor mir davon. Soll ich ihm nachlaufen? Dazu habe ich aber eigentlich keine Lust, denn ich weiß ja im Grunde genommen, dass er immer wieder bei mir vorbeikommt. Deshalb bleibe ich ziemlich lange an fast der gleichen Stelle stehen, besser gesagt, ich bewege mich nur in ganz winzigen Schritten voran. Naja und deshalb laufe ich ihm dann wohl doch nach.
Jeden Tag ist es dasselbe Spiel. Jahrein, Jahraus. Wirklich zusammen sind wir nur ganz kurz. Ein winziger Augenblick und schon ist der Lange wieder weg. Er rennt immer über mich hinweg und im Grunde genommen läuft er nur im Kreis. Warum, so frage ich Euch, soll ich mich anstrengen und ihm nachlaufen. Ich würde ihn bei meiner Geschwindigkeit, die eher Langsamkeit heißen sollte, ja doch nicht überholen. Außerdem würde es keinen Sinn machen. 
Ach, eigentlich erzähle ich Quatsch. Wir sind schon irgendwie die ganze Zeit zusammen. Es gibt einen Punkt, der uns vereint. Dieser befindet sich im Mittelpunkt des Kreises, den der Lange immer abläuft und ich in gewisser Weise ja auch, nur langsamer.  Deshalb brauche ich auch einen halben Tag um einmal im Kreis zu laufen. Der Lange schafft das in einer Stunde. Der ist echt schnell. Er überholt mich an einem Tag also dreiundzwanzigmal. Toll oder?
So und nun habe ich genug von uns Beiden erzählt und ihr wisst nun auch ganz sicher, wer wir sind.
Ach übrigens: In manchen Kreisen gesellt sich noch ein Dritter zu uns. Dieser Kamerad ist noch länger und dünner. 
Aber mehr verrate ich Euch nicht. Ach doch, vielleicht schiebe ich noch ein kurzes Rätsel nach, das Peters Opa den Enkelkindern immer erzählt hat und Euch nun hundertprozentig auf die richtige Spur führt:

Es hängt an der Wand, macht tick-tack und wenn es runterfällt, dann ist die Uhr kaputt. 😉

 

 

 

 

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6 Kommentare

  1. Grins, liebe Astrid,
    es hat tatsächlich ein Weilchen gedauert, bis ich auf des Rätsels Lösung gekommen bin – hübsch verpackt hast du die Geschichten von den beiden ungleichen Kumpels :-))
    Vielen Dank auch für deinen aufbauenden Kommentar zur Reiselust bei mir!
    Herzliche Rostrosengrüße,
    Traude

    • Astrid Berg sagt

      Liebe Traude,
      bevor ich die Geschichte eingestellt habe, hat mein Mann sie gelesen. Auch bei ihm hat es ein Weilchen gedauert und genau das war auch von mir beabsichtigt. 😉
      LG
      Astrid

  2. Wunderschön erzählt, liebe Astrid,
    und manchmal rennt die Zeit und manchmal scheint sie still zu stehen….
    liebe Grüße
    moni

    • Astrid Berg sagt

      Das ist schon ein seltsames Phänomen mit der Zeit. Eine Stunde hat immer 60 Minuten, die manchmal gefühlt wie im Fluge vergehen und dann wieder kann eine Stunde erscheinen wie eine halbe Ewigkeit. Es kommt immer auf die Situation und unser Gefühl an.
      LG
      Astrid

  3. Das war mal wieder spannend beschrieben, liebe Astrid. Nachdem ich die Geschichte zur Hälfte gelesen hatte, kam mir der Verdacht, wer die Beiden sein könnten.
    Und ich lag richtig damit.
    Ich bewunderte immer die große Wanduhr meiner Großeltern. Die hatte richtige ausgeprägte Zeiger. Es wäre schön, wenn ich diese heute besitzen würde. Wo sie abgeblieben ist, weiß ich leider nicht!

    Viele liebe Grüße
    Traudi

    • Astrid Berg sagt

      Liebe Traudi,
      das ist schade, dass diese Wanduhr nicht in Deinem Besitz ist, aber Du erinnerst Dich noch an sie.
      Vor einigen Jahren waren wir zu einer Weihnachtsfeier in einem Café, das komplett mit Möbeln und Accessoires aus Haushaltsauflösungen ausgestattet ist. Alles kann man auch käuflich erwerben. Dort erstanden wir dann eine große antike Standuhr. Sie steht jetzt bei uns in der Diele, funktioniert und ist ein echtes Schmuckstück.
      LG
      Astrid

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