Kurzgeschichten
Kommentare 8

Juhuu!!!

Die folgende Geschichte gehört wieder einmal in die Sparte „Erinnerungen“. Sie passt hervorragend in diese Jahreszeit und ganz speziell sogar zu der momentan vorherrschenden Hitze. Eigentlich kann ich nur wiedergeben, was mir mein Mann seit Jahren in regelmäßigen Abständen erzählt, denn nicht ich, sondern er hat diesem Ereignis beigewohnt.
Lange Rede, kurzer Sinn: Heute ist es wieder einmal soweit und mein Mann beginnt zu erzählen:
„Eigentlich ist es schade, dass die Kinder zur Zeit keine Schule haben?“
Noch ahne ich nicht, worauf mein Peter hinaus will und frage deshalb leicht irritiert:
„Wieso das denn? Jetzt sind Sommerferien, –  genau richtig bei dieser Affenhitze.“
„So entgeht ihnen aber die schönste Seite des Schullebens.“
„Und die wäre?“
„Na, das ist doch ganz klar. Bei Hitze gibt es Hitzefrei. Und da fällt mir auch sogleich ein gemeinsamer Schulkamerad von uns ein.“
„Aha und wer soll das sein?“
Mein Gatte kratzt sich am Kopf und erklärt mir mit todernster Miene:
„Den Namen kann ich Dir leider nicht nennen. Nicht, weil ich ihn nicht mehr wüsste, aber die neuen Datenschutzrichtlinien verbieten es mir. Nennen wir ihn einfach mal V. !“
Inzwischen ist mir schon ziemlich klar, um welche Begebenheit es sich handelt und von wem Peter spricht.
„Ach, du meinst V…!“
„Psst!“ 
Mit gespieltem Entsetzen hält er den Zeigefinger vor den Mund, um mir anzudeuten, keinen Namen zu nennen. In der nächsten Sekunde jedoch beginnen wir beide zu grinsen. 
Man sollte es nicht für möglich halten, aber im selben Moment springt bei mir das Kopfkino an und ich sehe unseren ehemaligen Klassenkameraden in unserer Schule, die wir in der Oberstufe gemeinsam besuchten, vor mir. Schon damals, ungefähr zwei Jahre vor dem Abitur, war unser Klassenkamerad ein großer und kräftiger junger Mann, der allerdings noch in einer fast kindlichen Art einigen Unfug im Kopf hatte, also irgendwie ein sogenannter Kindskopf war. Besonders in dieser Situation, ließ er seinen manchmal überschwänglichen Gefühlen freien Lauf.
„Wir hatten gerade Pause, glaube ich“, beginnt Peter seine Erzählung. „Zumindest waren wir im Gang vor dem Klassenzimmer. Wahrscheinlich war es uns draußen zu warm oder die Pause näherte sich dem Ende. So genau weiß ich das alles nicht mehr.“
„Ist auch völlig belanglos!“, treibe ich ihn zum Weitererzählen an. Auch wenn er mir die Geschichte schon unzählige Male ausgemalt hat, höre ich ihm erwartungsvoll zu.
„In dem Moment, als ich noch zwei Schritte vor der Tür und er genau im Türrahmen stand, ertönte eine Durchsage aus dem Lautsprecher.“
„Ich nehme an, dass niemand ins Lehrerzimmer gerufen wurde“, vermute ich.
„Da vermutest du richtig. Es kam die Durchsage, dass es an diesem besagten Tag hitzefrei gibt.“
„Da freut sich jedes Schülerherz!“
„Ja und V. auch. Man kann seine Reaktion am besten folgendermaßen beschreiben: 

Juhu!!! 

Hüpf!!! 

Peng!!! 

Boing!!!“

„Und was bedeutet diese Comicsprache übersetzt? Wenn schon, dann will ich jetzt auch die ausführliche Version hören“, gebe ich meinem Mann zu verstehen.
„Wie gesagt, V. stand direkt im Türrahmen, als sich seine überschwänglichen Gefühle bezüglich der Durchsage äußerten. Er schrie voller Freude und Begeisterung 

‚Juhuu!!!‘

Im selben Moment hüpfte er mit Schwung und Elan hoch, also:

‚Hüpf!!!‘

Dabei knallte er mit ungehinderter Wucht mit dem Kopf an den oberen Türrahmen, also:

‚Peng!!!‘

Eine Sekunde später fiel er stangenlang um, also:

‚Boing!!!’

Obwohl man in einem solchen Fall nicht lachen, sondern den armen V. bedauern sollte, können wir uns im Nachhinein einen Lacher nicht verkneifen.
„Damals hat keiner gelacht. Wir hatten alle einen tüchtigen Schreck bekommen und machten uns Sorgen um V.  Das Ende vom Lied, beziehungsweise von seinem Begeisterungssprung, war nämlich ein Loch im Kopf. Am nächsten Tag kam er mit einem Verband in die Schule. Die Wunde musste genäht werden.“
„Ohje, der Arme!“, schäme ich mich meines Lachers. „Das hat bestimmt höllisch weh getan!“
„Inzwischen lacht er wahrscheinlich selbst darüber. Dieses Hitzefrei war für ihn sicherlich unvergesslich und möglicherweise erzählt er längst seinen Enkelkindern diese Geschichte.“
„Auf alle Fälle schaut V. erst einmal nach, ob nichts über ihm schwebt, bevor er einen begeisterten Luftsprung macht“, füge ich hinzu.

 

 

 

Vielleicht möchtet Ihr auch das noch lesen:

Verwunschener Garten (Teil 1)

Verwunschener Garten (Teil 2)

Verwunschener Garten (Teil 3)

 

8 Kommentare

  1. Man sollte also immer nach oben schauen, bevor man einen Hüpfer macht 🙂
    Bei uns fielen gerade ein paar Regentropfen, aber es wird schon wieder hell, so ein Mist.
    Komm gut durch den Abend liebe Astrid.

    • Astrid Berg sagt

      Liebe Kerstin,
      ich versuche gerade meine ganzen Kommentare abzuarbeiten, denn in den letzten Wochen hat mir wieder einmal die Zeit gefehlt und manchmal auch die Lust. Aber so ist das nun mal, Du kennst das sicher auch. Sorry!
      LG
      Astrid

  2. ein weitergeleiteter Kommentar von meiner Mama:

    Liebe Astrid,

    Ja, heiß war es auch schon früher und keiner wollte recht gerne in den vier Wänden verweilen. Draußen war angesagt, heute ist es selbstverständlich in freier Natur zu Essen und sich von der Sonne bescheinen laßen. Da muß dann auch mal ein kleiner Bistrostuhl an der Kreuzung mit Ampelschaltung Genugtuung leisten.
    So gesehen hatte der Juhu nur sein Recht auf Freiheit in der Natur, verteidigen wollen und sich dabei selbst geschädigt. Man muß halt oft investieren um ans Ziel zu gelangen.
    Ich war in meiner Schulzeit ja noch ein Schiefertafelkind mit Griffel und Tafellappen, der immer lustig aus meinem Ranzen heraushing und in seiner Buntheit herumbaumelte. Je mehr man herumhüpfte und sich bewegte, je turbulenter trieb es auch der Tafellappen. Irgendwie eine schöne, noch geruhsame Schulwegzeit, gegen heute wo die Elterntaxis sich eine Parklücke suchen müßen. Aber nun schweife ich wieder, wie es meine Art so ist, ab. Eigentlich wollte ich Dir sagen liebe Astrid, daß wir an besagten, heißen Tagen, es an die Tafel schrieben, eine 🌞dazu malten und einen blauen Himmel.
    „Der Himmel ist blau, das Wetter ist schön, Herr Lehrer wir wollen spazieren gehn“.
    Allerdings noch ohne Handy und gestyltem Marken outfit.
    Ob das nicht doch schöner und gesünder war damals? So ganz ohne Verpackungsmüll durch Proviant im Rucksäcklein? Eine Zitronenlimo in der Glasflasche….das Pfandgeld gleich nochmal umgesetzt, in unverpackte Karamelbonbons aus dem Glas, am Kiosk.
    Ja, sooo schön kann Sommer sein, hinaus in die Natur und diese pfleglich behandeln.
    Wer braucht da Wacken? Wir sind doch keine Heavy metal Rentner. 🤣
    Sommerliche Grüße, für ein paar Wochen nur noch, von der Helga

    • Astrid Berg sagt

      Liebe Helga,
      ich muss mich entschuldigen, aber ich bin schon seit geraumer Zeit nicht mehr dazu gekommen meine Kommentare zu beantworten. Leider fehlt manchmal einfach die Zeit dazu.
      In gewisser Weise bin ich auch noch ein Schiefertafelkind, denn lediglich in der ersten Klasse haben wir diese noch benutzt. Wenn ich nicht so schön geschrieben hatte, hat meine Mutter es ausgewischt und ich musste die Aufgabe noch einmal machen. Naja, ich bin dann halt auch sehr ordentlich und gewissenhaft geworden. Meine Schrift war und ist nie schnuddelig, obwohl ich immer schon sehr viel geschrieben habe.
      LG
      Astrid

  3. Liebe Astrid, herzliche Grüße.
    Ja, Hitzefrei gabs während meiner Schulzeit auch, aber nicht sehr oft.
    Zeichenunterricht wurde auf den Schulhof verlegt. Die 5. und 6. Std fiel dann aus und danach verabredete sich die Klasse dann ins Freibad.
    Solche hohen Temperaturen hatten wir damals ja nicht, sondern 27 Grad.
    Deutschunterricht fand auch mal draußen statt.
    Komme gut durch die Hitze, tschüssi Brigitte.

    • Astrid Berg sagt

      In der Oberstufe hatten wir oftmals den Unterricht nach draußen verlegt. Wir saßen dann auf der Wiese vor dem Paddelteich und haben uns in englischer Sprache unterhalten.
      Hitzefrei war immer willkommen und danach ging es ab ins Freibad ins kühle Nass.
      LG und versuche der Hitze zu entkommen
      Astrid

  4. Liebe Astrid,
    die Geschichte ist lustig erzählt, ich musste über den Datenschutz und die Comicsprache schmunzeln. Natürlich war das für den armen V. nicht lustig. Aber solche Erinnerungen bleiben im Gedächtnis.
    Nun müssen wir noch einige Tage das Beste aus der Hitze machen. Aber das schaffen wir doch – oder?

    Ich wünsche dir ein schönes Wochenende.
    LG Traudi

    • Astrid Berg sagt

      Ja, es wird noch einmal tüchtig heiß. Zum Glück kann man sich jederzeit unter die kühle Dusche retten. Das sind zwar nur kurze Momente der Abkühlung, aber es hilft ein bisschen.
      LG
      Astrid

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert