Kurzgeschichten, Reisen
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Biergartenerlebnis

Wir sind in Bad Saarow am Scharmützelsee, denn meine Mutter liegt dort im Krankenhaus. Letzte Woche wurde bei ihr im Alter von 87 Jahren eine große Knieoperation durchgeführt. Ihr wurde erfolgreich ein künstliches Kniegelenk eingesetzt. Jetzt muss sie wieder fit werden und seit gestern übt sie das Laufen.

Nach unseren mehrmals am Tag stattfindenden Besuchen an ihrem Krankenbett, wollen wir den herrlichen Sommerabend direkt am See genießen. Dort gibt es unter anderem einen winzigen Biergarten, wo man zu seinem Bierchen Gegrilltes und auch andere Kleinigkeiten zu essen bekommt. Die Atmosphäre mit dem malerischen Blick auf den Scharmützelsee gefällt uns und so wollen wir uns dort auch niederlassen. Während ich einen kleinen runden Tisch ergattere  und die Plätze nun für uns reserviere, was im Übrigen gar nicht so einfach ist, stellt sich mein Mann schon mal in der Schlange an, um Speis und Trank zu ordern. Das scheint allerdings auch nicht so ohne Weiteres zu klappen, denn es dauert eine gefühlte Ewigkeit. Ich lasse meinen Blick währenddessen umherschweifen und genieße den wunderschönen Sommerabend. Ich bin schon halb verhungert und verdurstet, als mein Mann endlich mit zwei Bierchen an den Tisch kommt.
„Ich muss dir gleich mal eine lustige Geschichte erzählen!“, sagt er zu mir und ist auch schon wieder weg, um in der nächsten Schlange anzustehen.
Sehnsüchtig warte ich auf seine Rückkehr und das nicht nur wegen der beiden gefüllten Teller, die er dann mitbringt.
„Du wolltest mir doch was erzählen“, fordere ich ihn kauend auf.
„Ja, also erst einmal hast du mir überhaupt nicht mitgeteilt, was du essen möchtest. Das war schon mein erstes Problem. Wie soll ich wissen, worauf du Appetit hast.“
„Och“, sage ich. „Es war mir eigentlich egal, ob du mir eine Bratwurst, eine Currywurst, ein Steak oder sonst was mitbringst. Ich wollte nur kein…“
„Ich habe dann dort drüben an der Tafel gelesen, dass es Lachsbrötchen gibt. Die isst du doch so gerne!“
„Richtigen Lachs schon, aber…!“, fange ich meinen Satz an, werde aber sofort wieder unterbrochen.
„Hab ich dann auch gemerkt, aber lass mich der Reihe nach berichten. Da kannst du echt eine Geschichte daraus machen und in deinen Blog stellen.“
Jetzt bin ich aber neugierig geworden und unterbreche sogar mein Essen. Gebannt lausche ich nun meinem Mann:
„Ich stehe mir also dort vorne in der Schlange schon fast die Füße platt. Vielleicht bin ich auch etwas ins Träumen geraten, denn auf einmal drängelt sich ein Mann vor, gefolgt von einer Frau und einem weiteren Mann. Ich drehe mich um und frage die Leute hinter mir:

„Sind Sie auch vor mir?“

„Ach, das wäre aber nett, wenn Sie uns auch noch vorlassen würden!“ , erhalte ich als Antwort.

Zum Glück war dies eher lustig gemeint, so dass ich dann doch endlich an die Reihe komme und meine Bestellung aufgebe. Um dir eine Freude zu machen, habe ich also zwei Lachsbrötchen bestellt, weil du die doch so magst.“
„Ja, aber…!“
„Warte!“, bremst mich mein Peter aus. „Nach dem Bezahlen erhalte ich zwei rote Kärtchen, mit denen ich mich an der Essensausgabe anstellen muss. Nachdem ich auch hier warten muss, überstürzen sich auf einmal die Ereignisse. Ein Mann kommt aus dem Häuschen heraus, übergibt mir die zwei Lachsbrötchen mit der einen Hand und entreißt mir die zwei roten Karten mit der anderen Hand. So weit, so gut! Ich drehe mich mit den Brötchen in der Hand um und eine herbeieilende Frau, die sich übrigens kurz zuvor bei mir vorgedrängelt hat, entreißt mir nun die beiden Lachsbrötchen mit den Worten:
„Das sind meine!“
Ich bin vor Schreck erst einmal vollkommen sprachlos, was bei mir eher selten vorkommt. Jetzt stehe ich also ohne Lachsbrötchen und ohne Kärtchen da.
„Dann müssen Sie mir aber ihre zwei roten Kärtchen geben!“, erkläre ich der Frau, nachdem ich meine Sprachlosigkeit wieder überwunden habe.
„Ich? Nein! Wieso?“, erwidert diese.
„Na, weil meine Kärtchen schon der Mann von der Essensausgabe hat“, meine ich.
„Wieso? Die müssen Sie ihm doch erst geben, wenn Sie Ihre Brötchen bekommen“, will sie mich aufklären.
„Das habe ich ja, aber Sie haben mir die Brötchen doch weggenommen!“, versuche ich ihr die Sachlage darzulegen. Endlich, nach einigem Hin und Her gibt sie mir die geforderten roten Karten und verschwindet zu ihrem Sitzplatz. Jetzt habe ich aber gesehen, dass die Lachsbrötchen gar keinen echten Lachs enthalten. Das war sozusagen Glück im Unglück. Also habe ich mir gedacht, dass ich da wohl was falsch gemacht habe. Der Herr an der Essensausgabe meinte jedoch, das sei kein Problem, ich müsse nur die Kärtchen dort vorne umtauschen und gegebenenfalls noch etwas darauf zahlen. Ich marschiere also wieder zur ersten Schlange und erstehe auch relativ zeitnah zwei braune Karten für jeweils ein gegrilltes Kräutersteak. Damit gehe ich nun zur Schlange am Grill. Der Grillspezialist ist aber irgendwo mal kurz um die Ecke gegangen und lässt gerade die Würstchen verbrennen. Vorsichtshalber drehe ich hilfsbereit, wie ich eben bin, die Würstchen lieber mal um. Bei dieser Aktion gelangen vermutlich meine beiden braunen Kärtchen mit der Aufschrift ‚STEAK‘ auf den Grillrost, ohne dass ich es merke. Im selben Moment biegt der Grillexperte um die Ecke und wundert sich über das Chaos auf seinem Grill.

„Was ist denn hier los!“, ruft er entsetzt aus und sammelt die braunen Kärtchen auf. Nachdem ich ihm mit unschuldigem Blick auf seine Frage nach meinen Kärtchen erklärt habe, dass es anscheinend die Meinigen sind, die dort auf den Rost geflattert sind, legt er mir bereitwillig die Steaks auf meine beiden Teller. So und nun bin ich endlich hier und wir können essen“, beendet mein Mann seine Erzählung.
Ich kann mich kaum noch vor Lachen halten und habe schon richtig Bauchweh.
„Das war ja ganz schön kompliziert!“, kommentiere ich seine Berichterstattung. Gerade als ich mir ein weiteres Stückchen des wirklich leckeren Steaks in den Mund schiebe, fällt mein Blick auf seinen Teller.
„Wieso sind eigentlich auf deinem Teller drei Steaks?“, frage ich total verwundert meinen Peter.
Er zuckt nur mit den Schultern und meint: „Die hat mir der Grillmeister freundlicherweise einfach so auf meinen Teller gelegt. Keine Ahnung warum. Er sagte nur, dass das schon in Ordnung wäre so.“
„Na, dann lassen wir es uns schmecken!“, beschließe ich.
„Prost!“, sagt mein Mann lachend und hebt sein Bierglas, um mit mir anzustoßen.

 

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23 Kommentare

  1. ich kugle mich gerade auf meiner Treppe, was für eine köstliche Geschichte liebe Astrid, du siehst, ich komme gar nicht mehr los von all deinen kleinen köstlichen Alltagsgeschichten. Du erzählst so plastisch und lebendig als würde man es direkt amang miterleben…:-)
    ja und hochmals ja, – Geduld – und auch noch warten ist nicht jedermanns Stärke, vor allem wenn man HUNGER hat!
    Mit Gelassenheit (er)trägt es sich allemal besser – und das Essen hätte dir letztendlich nicht besser geschmeckt wenn du grantig geworden wärest…
    lache immer noch über deine fröhliche Geschichte….!
    herzlichst Angelface….
    und hopp zur nächsten!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

    • Astrid Berg sagt

      Ja, hier war tatsächlich Geduld und Humor angesagt. Worüber ich selbst heute immer noch lachen muss, ist die Tatsache, dass mein Mann die Fischbrötchen, die er in der Hand hielt, einfach so mir-nichts,- dir-nichts von einer fremden Frau aus der Hand gerissen bekam. Manchmal sind es die kleinen und unerwarteten Dinge im Leben, die uns zum Lachen bringen.
      Astrid

  2. na Du hast aber in den vierzehn Tagen, die ich an der Nordsee verbracht habe, schöne Geschichten eingestellt. Ich kringel mich hier vor Lachen. :-))))) LG Tanja
    Es wurde Zeit, dass ich meine Blogbesuche endlich mal wieder aufnehme!!!

    • Astrid Berg sagt

      Liebe Tanja,
      ich freue mich, dass Du wieder da bist. Ich habe Dich schon vermisst.
      In den beiden letzten Wochen ist bei uns sehr viel passiert ( z.B. die OP meiner Mutter, die jetzt mit einem neuen Kniegelenk fleißig das Laufen übt.
      LG
      Astrid

  3. liebe Astrid was für eine humorvolle Geschichte
    da hast du aber wirklich einen „ausgeglichenen“ Ehemann 😉
    gute Besserung für deine Mutter..

    hmm.. mein Vater ist 96 und wie bei deiner Mutter.. das eine Bein ist schon krumm
    und laufen geht auch nicht mehr gut..
    am Treppengeländer hochziehen muss er sich auch..
    er überlegt auch immer noch eine OP..
    ich weiß aber nicht ob er es wagen soll..
    denn er hat auch einen Herzschrittmacher..eine Hüfte hat er vor 5 Jahren bekommen.. das klappte allerdings gut..
    liebe Grüße
    Rosi

  4. Essen! Also beim Hunger hört der Spaß auf. Wenn ich Hunger habe, dann werde ich unerträglich. Egal ob Wurt oder Steak oder Grillkäse – oder sonstwas, ich muss essen 🙂
    Es ist schön, dass Deine Mutti noch solch eine OP gut überstanden hat und nun wieder flitzen kann. Meine Schwiegermutter sollte sich schon vor 20 Jahren operieren lassen, aber sie hat Angst davor und lehnt es bis heut ab. Lieber kriecht sie auf allen Vieren die Treppe rauf und runter.
    Liebe Grüße von Kerstin.

    • Astrid Berg sagt

      Liebe Kerstin,
      meine Mutter wollte sich auch nie operieren lassen. Zum Schluss war das Bein schon ganz krumm und die Schmerzen waren unerträglich. Sie hat sich nur noch am Geländer die Treppen hochgezogen und das Laufen ging nur noch langsam und sehr, sehr kurze Wege. Sie war regelrecht ans Haus gekettet. Es hat nur noch Knochen auf Knochen gerieben und das schmerzt höllisch. Meine Mutter wollte dann nur noch die Schmerzen loswerden. Es ist wirklich eine schwere Operation und die Wundschmerzen sind auch heftig, aber diese vergehen. Und meine Mutter hat jetzt ihr Bein wieder ganz gerade und kann laufen. Das ist toll!
      LG
      Astrid

  5. Nachträglich deiner Mutter noch ganz gute
    Besserung Astrid, wollte das noch schreiben,
    aber deine Geschichte hat mich so gefesselt
    und vor lauter schmunzeln habe ich
    das total vergessen !
    Mit 87 Jahren noch ein Kniegelenk wow….
    aber es loht sich sicher und deine Mutter
    hat dann keine Schmerzen mehr , ich hoffe
    es heilt alles gut !!!

    Einen schönen Abend
    wünscht dir
    Margrit

    • Astrid Berg sagt

      Liebe Margrit,
      ich bedanke mich für die guten Genesungswünsche für meine Mutter. Sie hat sehr lange mit ihrer Entscheidung gewartet. Zum Glück war es noch nicht zu spät. Der Heilungsprozess verläuft bisher sehr gut, allerdings hat sie durch die Wundheilung noch Schmerzen. Diese vergehen jedoch, ohne OP wären die Schmerzen allerdings immer schlimmer geworden und bald gar kein Gehen mehr möglich gewesen.
      LG
      Astrid

  6. Nun musst ich doch herzlich lachen Astrid
    ja ja so kann es zugehen ,eine echt herrliche
    Geschichte aus dem Alltag :-))
    Geduld und Gelassenheit sind das A und O im Leben
    stressfrei durch den Alltag gehen so sollte das doch sein gell !

    Liebe Grüsse aus der momentan
    11 Grad kalten Schweiz brrr……
    Margrit

    • Astrid Berg sagt

      11 Grad!!! Hilfe!!! Was ist das nur für ein Sommer? Wir hatten heute den ganzen Tag nur Regen und warm war es auch nicht, jedoch wärmer als 11 Grad (ich glaube wir hatten so 16 Grad)
      LG
      Astrid

  7. Liebe Astrid,
    mensch ist Dein Mann geduldig und hilfsbereit, obwohl meiner ist das auch. Ich hätte da bestimmt die Krise gekriegt und wäre etwas ungehalten geworden,Geduld und Gelassenheit sind nicht meine Stärken. Liebe Grüße Eva

    • Astrid Berg sagt

      Es war ja angesichts der langen Schlangen vorauszusehen, dass es lange dauert, allerdings hat sich die Wartezeit ja dann noch verlängert. Auf jeden Fall hatten wir etwas zum Lachen und deshalb hat sich schon die Warterei gelohnt.
      LG
      Astrid

    • Astrid Berg sagt

      Ach, wenn man Hunger und Durst hat und der leckere Grillduft kitzelt an der Nase, dann bringt man auch die nötige Geduld auf 😉
      LG
      Astrid

  8. Sachen gibts, die gibts nicht …. ich bewundere Geduld und Gelassenheit gepaart mit einer Prise Humor – sollte ich mal in die Versuchung kommen, mich darin zu üben, geh ich in den Biergarten 😉
    Schöne Geschichte, liebe Grüße, Ulla

    • Astrid Berg sagt

      Liebe Ulla,
      Biergärten haben schon einen gewissen Flair, egal ob sie groß oder klein sind.
      Danke für Deine lieben Besuche und Kommentare.
      LG
      Astrid

    • Astrid Berg sagt

      Ich denke, es war einfach zuviel los. Aber geschmeckt hat es uns dort und lustig war es auch.
      LG
      Astrid

  9. Trotz des Durcheinanders, hatts dann gut gemundet, liebe Astrid.
    In Gartenlokale findet man seit je her schon immer lange Schlangen.
    Bad Saarow kenne ich auch. Mein Mann war dort im Armee-Lazarett und ich war 1970 dort im Bungalowdorf in Urlaub. Dann war ich da noch vor 8 Jahren in der Therme und in der Nähe bin ich auf der Cartbahn gefahren. In der Therme war ja das normale Schwimmen im Außen-und Innenbereich und im Wellenbecken. Ein Erlebnis war auch die Riesenrutsche runter. Aber das Fahren im Cartauto, war für mich ein ganz besonderes Erlebnis. Die Große Freiluft-Cartbahn ist dort unweit von der Therme entfernt.
    Solche und andere Unternehmungen mache ich gerne mit unseren Jungs und habe immer Spaß.
    Es grüßt Dich Brigitte.

    • Astrid Berg sagt

      Liebe Brigitte,
      das war ganz sicher ein tolles Erlebnis, das Fahren auf der Cartbahn. Da kennst Du Bad Saarow ja sehr gut. Die Therme wollen wir auch noch besuchen, aber bisher haben wir hauptsächlich Besuche im Krankenhaus abgestattet. Allerdings waren wir die letzten Jahre immer mal wieder in Bad Saarow. Uns gefällt es dort am Scharmützelsee und er liegt ja gar nicht so weit von Cottbus entfernt. Da kann man auch immer mal einen Tagesausflug machen.
      LG
      Astrid

  10. Schmunzle immer noch und bewundere die Gelassenheit und Geduld deines Mannes.
    Ich vermute du magst keine Lachbrötchen, denn dein ‚aber‘ welch ein Glück, dass es nun doch Steaks gab.
    Übrigens noch gute Besserung an dein Mutter-
    Ich wünsche dir eine schöne Woche, herzliche Grüße Lore

    • Astrid Berg sagt

      Doch, liebe Lore, ich mag sogar sehr gerne Lachs. Allerdings echten Lachs und ich wollte kein Seelachsbrötchen.
      Ich danke Dir für die guten Wünsche für meine Mutter. Ich bin zur Zeit jeden Tag mehrmals bei ihr im Krankenhaus.
      Sei herzlich gegrüßt
      Astrid

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