Erdachtes & Erzähltes, Kurzgeschichten
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Atemberaubend

Eigentlich hatte er nicht alleine hierher gewollt. Seine Liebste sollte mit ihm in die Stadt der Liebe reisen. Doch leider hatte sie ein lukrativer Auftrag, den sie unmöglich hätte ablehnen können, daran gehindert. 

„So ist das eben im Leben“, hatte sie beim Abschied mit Tränen in den Augen zu ihm gesagt. „Selbständig bedeutet einfach ‚selbst und ständig‘ und genau aus diesem Grund muss ich auf die geplante Reise verzichten.“
„Ich werde alles absagen“, hatte er ihr zum wiederholten Male mitgeteilt, aber sie hatte darauf bestanden, dass er sich in den Flieger setzte und nach Venedig flog.
Ja, und so war er nun das Wochenende, das nur ihnen gehören sollte, allein in dieser schönen Stadt. Mindestens drei Brautpaare hatte er schon gesehen. Gerne hätte er ihr hier in romantischer Atmosphäre einen Heiratsantrag machen wollen, doch es war alles anders gekommen, wie so oft im Leben.
Heute Abend nun würde sein Flieger zurück gehen und er wollte nur noch einen kurzen Rundgang machen. Ein paar Fotos und ein paar Eindrücke sammeln, von denen er seiner Liebsten zu Hause berichten konnte.
So stieg er die Stufen der Rialtobrücke hinauf. Oben angekommen, sog er die warme Luft tief ein, blickte auf den Canale Grande und genoss den Blick. Gerade fuhr eine Gondel mit einem Paar unter der berühmten Brücke hindurch, so dass er einen wunderschönen Schnappschuss machen konnte. Er würde seiner Liebsten dieses Foto schenken, als Gutschein für einen ganz spontanen Ausflug nach Venedig. Dann würde alles passen, es wäre einfach nur der perfekte Zeitpunkt.
„Wir werden alles nachholen“, beschloss er, „auch den Heiratsantrag.“
Langsam und in Gedanken versunken stieg er die Stufen der berühmten Brücke wieder hinunter.
Und dann passierte es.
Er sah sie und sein Herz begann sofort höher und schneller zu schlagen. So hatte er sich sie immer vorgestellt. Wie angewurzelt blieb er vor ihr stehen und sah sie einfach nur sprachlos an. Sie verkörperte für ihn das Ideal.
„Atemberaubend!“, so durchzuckte es seine Gedanken. „Und geheimnisvoll!“
Sie war eine stolze und zugleich schüchtern wirkende Schönheit.
Sie liebte Gold, das sah man auf den ersten Blick. Kopf und Hals waren mit einem goldigen Etwas umhüllt, das er nicht zu beschreiben vermochte. Selbst ihr Gesicht war mit feinem Goldstaub bedeckt und gab ihrer Blässe einen anmutigen Glanz. Die ebenfalls mit einem Hauch von Gold bedeckten Lippen luden zum Küssen ein. Er vermochte ihr nicht zu widerstehen. Der Anblick fesselte ihn, so dass er sie immer noch reglos betrachtete.
„Ich muss sie besitzen“, sehnte sich alles in ihm nach dieser Schönheit. „Sie muss mit mir kommen.
Er streckte seine Hände nach ihr aus, um sie an sich zu reißen und sie voll und ganz in seinen Besitz zu nehmen.
„Niemand darf sie mir wegnehmen,- koste es, was es wolle!“
Niemals zuvor hatte er etwas so sehr begehrt wie diese geheimnisumwitterte Schönheit, – …

 

 

 

… – diese goldverzierte venezianische Maske.

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Herzlichen Glückwunsch

22 Kommentare

  1. tolle Geschichte liebe Abstrid und dann…wenn man was ganz anderes erwartet, einer der sich anbietet – obwohl er vielleicht eine „verfehlung – einen Wunsch nach anders und mehr enthalten würde – an die sich eine veränderung anschliesst, dann, der überraschende Schluß – die Auflösung und das Bild dieser wirklich wunderschönen MASKE eines bildschönen gesichts.
    Da hast du aber wieder tüchtig deine schmunzelnde Phantasie durchschirmmern lassen!
    Toll, – du kannst Geschichten erzählen, ….
    wunderbar, —- das war meine Überraschung schmunzelnd zum Morgen….
    Grüße und lachend in deinen Tag..
    angelface

    • Astrid Berg sagt

      Hihi, habe ich auch Dich zunächst in die Irre geführt. Bin ich nicht ein kleiner Schelm 😉 ?!
      Ich sende Dir schmunzelnde Grüße in den Vogelsberg und wünsche Dir einen schönen Samstagabend
      Astrid

  2. hihi..

    eine Geschichte mit Überraschungseffekt 😉

    sehr schön geschrieben..

    meine Tochter hat früher einmal solche Masken aus Gips angefertigt 😉

    liebe Grüße
    Rosi

    • Astrid Berg sagt

      Wir haben meist solche Masken aus Pappmaschee gebastelt und nach dem Trocknen angemalt.
      Ich freue mich, dass ich Euch mit der Geschichte zuerst ein bisschen in die Irre führen konnte. So habt ihr und ich Spaß gehabt. 😉
      Viele lieb Grüße
      Astrid

  3. Christine R. sagt

    Liebe Astrid,
    jetzt hat es mich aber ganz schön gerissen – ich dachte doch tatsächlich, er findet eine neue Liebe … Überraschung geglückt!
    Ich war zwar schon in Venedig (aber das ist vierzig Jahre her, oder noch länger). Allerdings nicht zur Zeit des Karnevals.
    Ich mag aber diese tollen Masken. Eine Freundin von mir sammelt sie, und hat schon eine ganze Menge in ihrem Wohnzimmer hängen …
    Liebe Grüße, und vielen Dank für diesen schönen Beitrag zum Karneval!
    Christine

    • Astrid Berg sagt

      Liebe Christine,
      genauso sollte es sein: Ich wollte Euch in die Irre führen. Scheint mir gelungen zu sein 🙂 .
      Zur Zeit des Karnevals war ich auch noch nicht dort. Es würde mich schon interessieren die vielen tollen Masken und Kostüme zu sehen, aber die Kälte hält mich doch davon ab. Wir waren im Sommer vor nun schon 6 Jahren dort.
      Du solltest unbedingt mal Deine Freundin besuchen und die Masken für uns fotografieren.
      LG
      Astrid

  4. Haha – ein witziges Ende. Ich war noch nie in Venedig. Solch eine Maske würde aber sicher in irgendeiner Art als Souvenir mit nach Hause wandern.
    Liebe Grüße von Kerstin.

    • Astrid Berg sagt

      Das ist ein unbedingtes Muss, denn Venedig kann man nicht verlassen ohne eine Maske mitgenommen zu haben. Venedig und Masken gehören einfach zusammen. Ich habe wunderschöne Erinnerungen an unsere Tage in Venedig.
      LG
      Astrid

  5. Tolle Geschichte wunderbar erzählt
    mit einem anderen Ende als ich gedacht habe 🙂
    und diese Masken Venedigs sind einfach
    einzigartig und wunderschön ,ich selber
    war noch nie dort , aber was nicht ist
    kann noch werden :-))
    Herzlich grüsst dich
    Margrit

    • Astrid Berg sagt

      Ja, Venedig sollte man gesehen haben. Wir waren zu unserer Silberhochzeit dort und wir waren begeistert. Unser Sohn war letztes Jahr mit seiner Freundin in Venedig. Auch er war begeistert, hat alles jedoch mit den Augen eines Architekten gesehen.
      LG
      Astrid

  6. Traudi sagt

    Liebe Astrid,
    ich kann mich an den venezianischen Masken nie sattsehen.
    Als ich im letzten Jahr in unsere Nachbarstadt kam, hatte ich das Glück, jede Menge solcher Masken und Kostüme zu fotografieren. Da ich fast immer die Kamera dabei habe, knipste ich los: https://rixande.jimdo.com/2016/03/20/und-schon-wieder-masken/

    Deine Geschichte ist schön erzählt. Beim Lesen dachte ich schon, er würde eine andere Frau finden.

    Viele Grüße
    Traudi

    • Astrid Berg sagt

      Genauso war es von mir beabsichtigt. Ich wollte Euch erst ein bisschen in die Irre führen 🙂 . Anscheinend ist es mir gelungen.
      Ich werde mir die Masken bei Dir nachher ansehen.
      Schöne Sonntagsgrüße
      Astrid

  7. Liebe Astrid,
    Deine schöne Geschichte erinnert mich an eine herrliche Zeit, die ich dort beruflich verbracht habe.
    Liebe Grüße Eva

    • Astrid Berg sagt

      Oh, das ist ja toll. Was hast Du dort beruflich gemacht und wie lange hast Du in Venedig gelebt? Du musst unbedingt einmal davon berichten.
      Herzliche Grüße
      Astrid

  8. Eine schöne Geschichte, die meinen gestrigen Abend, eine Karnevalsfeier unter dem Motto ‚Venezianischer Maskenball‘ wieder aufleben lässt. Eigentlich bin ich keine Faschingsfreundin, aber ich habe es mal wieder gewagt und es war so schön.

    Herzlich
    Anna-Lena

    • Astrid Berg sagt

      Oh, das hat ja genau gepasst. Da hast Du bestimmt ganz tolle Masken gesehen. Hast Du auch eine getragen?
      Früher haben wir immer Fasching gefeiert, aber jetzt ist es ein bisschen abgeflaut. Vielleicht gehen wir heute zum Faschingsumzug, mal sehen.
      LG
      Astrid

  9. Liebe Astrid,
    …ich war gefesselt und dann dieser jähe Schluss. Aber man kann ja weiter träumen.
    Eine wirklich schöne Geschichte.
    Ein schönes Wochenende wünscht Dir
    Irmi

    • Astrid Berg sagt

      Dieser Schluss war so beabsichtigt, aber ich wollte Euch nicht gleich verraten, dass es sich nur um eine Maske handelt. Deshalb habe ich auch ein Beitragsbild von Venedig gewählt und die Maske erst zum Schluss gezeigt.
      Hab einen schönen Sonntag
      Astrid

  10. Liebe Astrid, sei herzlich gegrüßt.
    Heute Vormittag kann ich mal eine große Blog-Wanderung machen.
    Am Nachmittag gehe ich mit meinem jüngeren Sohn ins Kino. Film; >Kundschafter des Friedens<.
    Früh war blauer Himmel und Sonnenschein, jetzt ist der Himmel bezogen.
    Die venezianischen Masken werden sehr aufwendig gearbeitet. Aber ich kann mich nicht so stark dafür begeistern.
    Deine Geschichte ist wieder nett geschrieben.
    Alles Gute und bis zum Wiederlesen, tschüssi Brigitte.

    • Astrid Berg sagt

      Liebe Brigitte,
      Ich hoffe, der Film war gut. Ich kenne ihn nicht, aber wir gehen sehr gerne ins Kino. Eigentlich würde wieder einmal ein Kinobesuch anstehen, aber wir sind erst heute Nacht aus Hessen zurückgekommen. Dort haben wir wieder einmal die Mütter besucht.
      LG
      Astrid

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