Kurzgeschichten, Reisen
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Herzlichen Glückwunsch!

Glückwünsche kann man immer gebrauchen, über sie freut man sich und hofft immer, dass das Glück einem auch hold ist. Es gibt viele Anlässe zu denen Glückwünsche ausgesprochen werden. Erst heute habe ich einer frisch gebackenen Oma meine besten Wünsche für Kind, Eltern und natürlich auch für die Großeltern übermittelt. Neben Geburt, Geburtstag, bestandene Prüfungen, Schul- und Studienabschluss erfolgen solche beispielsweise für Hochzeit, Silberhochzeit… und für viele andere freudige Ereignisse. Da man diese Fülle nicht in einer Geschichte unterbringen kann, habe ich mir folgende Begebenheit aus unserem Leben ausgesucht:

„Herzlichen Glückwunsch, Sie haben gewonnen!“, sagte die Stimme am anderen Ende des Telefons vor ungefähr zwanzig Jahren zu mir.
„Ich habe gewonnen?“, fragte ich mich insgeheim. „Ich spiele weder Lotto, noch habe ich ein Kreuzworträtsel gelöst. Aber vielleicht hat ja meine Mutter…“, überlegte ich mir weiter und lauschte gespannt der Stimme am anderen Ende.
„Vielleicht können Sie sich erinnern…?“
„Nein, kann ich ehrlich gesagt im Moment nicht!“
„Ich rufe vom Weinhaus XYZ an….“, erzählte mir die freundliche Dame.
„Aha!“
„Sie haben doch vor ein paar Wochen eine Karte ausgefüllt und Ihr Lösungswort war richtig!“
Genau, die Erinnerung setzte bei mir ein. Das Lösungswort, welches im Übrigen lächerlich einfach gewesen war, hatte ich auf eine Postkarte in die vorgesehenen Kästchen eingefügt. Diese besagte Karte hatte ich zufällig zwischen den Zeitungen gefunden und da ich eine Marke zur Hand hatte, hatte ich diese Karte auch kurzentschlossen tatsächlich eingeworfen und sogleich auch wieder vergessen. Man kann nicht gerade sagen, dass ich schon viel in meinem Leben gewonnen hätte, hie und da mal eine Kleinigkeit, als Kind zum Beispiel einen Porsche bei Mars oder Milky Way oder so, – das weiß ich heute nicht mehr. Auch war es damals nur ein Spielzeugporsche gewesen, aber immerhin. So hatte ich mir auch keinerlei Chancen ausgerechnet, den beim Gewinnspiel versprochenen Urlaub zu gewinnen. Außerdem bin ich bei solchen Dingen eher skeptisch und sehr, sehr misstrauisch, was sich wohl dahinter verbirgt.
„Ach!“, sagte ich nachdem meine Telefonpartnerin in ihren Ausführungen eine Pause einlegte, um die ausgesprochenen Glückwünsche wirken zu lassen. „Und jetzt kann ich einfach verreisen?“
„Ja, natürlich und Sie können auch noch jemand mitnehmen! Sie brauchen mir nur noch zu sagen, welches Ziel Sie wählen: Ungarn oder Spanien!“
Das war nun ganz einfach für mich, denn ich liebe Spanien und das sagte ich der netten Dame auch, denn freundlich war sie, das musste man ihr lassen.
„Dann dürfen Sie sich über eine Woche an der Costa del Sol freuen!“, verkündete sie mir und ich konnte ihr Lächeln spüren.
„Und welchen Haken hat nun die ganze Sache?“, erkundigte ich mich.
„Keinen natürlich!“, versicherte sie mir. „Unser Mitarbeiter wird Sie in den nächsten Tagen besuchen und mit ihm machen Sie dann alles Weitere aus.“
Nun gut, nachdem sie mir glaubhaft bestätigt hatte, dass ich die Reise auch ablehnen könnte und zu nichts gezwungen würde, machte ich einen Termin für die darauf folgende Woche aus.
Wie ausgemacht, klingelte es auch an dem verabredeten Abend an unserer Haustür. Peter öffnete einem freundlichen Herrn mittleren Alters die Tür und ich wunderte mich nur über den großen Koffer, den er mit in unser Wohnzimmer brachte.
„Was genau haben wir denn nun gewonnen?“, fragte ich diesen Fremden misstrauisch.
„Sie dürfen sich über einen einwöchigen Hotelaufenthalt mit Halbpension in dem Hotel ABC an der Costa del Sol freuen.“
„Das ist aber schön!“, teilte ich ihm mit. „Und wann geht unser Flieger?“
„Wann Sie wollen! Das bestimmen Sie!“
„Zeigen Sie mal her!“, mischte sich Peter ein und griff auch schon nach der Urkunde, die der besagte Herr in den Händen hielt.
Wir starrten zunächst ungläubig auf das Dokument. Richtig, wir hatten den Aufenthalt gewonnen.
„Und der Flug..?“, fragten wir wie aus einem Munde.
„Den organisieren und bezahlen Sie!“, gab er unumwunden zu.
„Also, da liegt der Hase im Pfeffer begraben!“, stellte Peter fest.
„Na, das war es dann wohl mit dem Gewinn! Den nehmen wir dann nicht an. Dankeschön!“, erklärte ich.
„Warte doch mal ab!“, hielt mich Peter zurück. „Wir könnten doch auch mit dem Auto fahren.“
„Welche Anreise Sie wählen bleibt Ihnen überlassen!“, mischte sich der besagte Herr in unsere Überlegungen ein. „Das können Sie immer noch in aller Ruhe besprechen! Wir müssten jetzt nur noch…“
Er öffnete seinen Koffer und holte verschiedene Weinflaschen hervor.
„… unsere kleine Weinprobe machen!“
„Wir sind eigentlich keine Weintrinker und wollten auch keinen Wein bestellen!“, erklärte ich sofort. „Wenn Sie uns dann die Gewinnurkunde geben würden, dann…“
„Das kann ich nicht“, rückte er leicht irritiert mit der Sprache heraus. „Den Gewinn kann ich Ihnen nur nach einer Bestellung aushändigen!“
„Also doch ein Haken! Dann lassen wir es!“, sagte ich zum wiederholten Male.
„Ach gegen einen Schluck Wein habe ich nichts!“, erklärte Peter.
Was soll ich lange um den heißen Brei herum erzählen? Wir haben eine Kiste Wein bestellt und unsere Urkunde und somit den Gewinnanspruch erhalten. Und unsere Reise haben wir auch angetreten. Wir hatten nämlich etliche Meilen, die wir für den Flug nutzen konnten und für unseren damals fast fünfjährigen Timo kauften wir ein Flugticket. Somit war unsere Anreise geregelt, aber wir machten noch mehr. Wir verlängerten den Aufenthalt noch um eine Woche, diese Verlängerung zahlten wir aus eigener Tasche.
Es wurde dann auch ein schöner Urlaub im April, denn eine weitere Bedingung war die Begrenzung auf bestimmte Vor- oder Nachsaisonmonate. Leider hatten wir ein paar Regentage dazwischen, die wir aber mit Besuchen im hoteleigenen Hallenbad oder beispielsweise im Meeresaquarium verbrachten. Trotzdem war es schön.
Am letzten Urlaubstag liefen wir bei strahlendem Sonnenschein die Strandpromenade entlang. Und da trafen wir auf eine nette junge Frau, die uns freundlich ansprach. Ich denke, es war eine Studentin, die einen Ferienjob im Süden hatte. Sie hielt uns einige Karten hin und forderte uns auf doch eine auszuwählen.
„Nein danke!“, meinte ich, denn mir schwante da etwas, aber Peter hatte bereits Timo aufgefordert eine Karte zu ziehen.
Timo hielt die auserwählte Karte in die Höhe und sollte jetzt ein bestimmtes Feld aufrubbeln.
„Na, dann mach mal!“, sagte ich zu unserem Sohn und gleich darauf folgte der Ausruf:
„Herzlichen Glückwunsch! Sie haben gewonnen!“
„Oh nein!“, dachte ich mir und in Peters Richtung zischte ich: „Genau davon habe ich in der Zeitung gelesen! Alles Nepper, Schlepper, Bauernfänger!“
Da hörte ich ihn allerdings schon sagen: „Was haben wir denn gewonnen?“
„Ein T-Shirt und einen Urlaub an der Cost del Sol! Sie werden kostenlos mit dem Taxi in ein Hotel gefahren, um ihren Gewinn abzuholen. Ich rufe gleich ein Taxi für Sie!“
Trotz meines Protestes und meines Hinweises auf den heutigen letzten Urlaubstag, ging auf einmal alles ganz schnell. Wir wurden mehr oder weniger in ein Taxi gesetzt und irgendwo weit außerhalb des Ortes in eine große Hotelanlage gefahren. Dort empfing uns ein Mann, der uns sogleich auf die Sonnenterrasse bat und uns Getränke servieren ließ. Und dann ging es los:
„Ist es nicht wunderschön hier? Das riesige Gelände, so weit das Auge nur blicken kann, gehört alles zu dieser Anlage. Dort drüben sind Tennisplätze und da hinten erstreckt sich die Golfwiese… Und schauen Sie nur hier in diesem Prospekt sind die Appartements abgebildet…“
Timo hatte seine Cola inzwischen geleert und erhielt sofort ein weiteres Getränk. Trotzdem fragte er mich, wann wir wieder gehen würden und erklärte, er hätte keine Lust hier zu bleiben. Ich auch nicht, ehrlich gesagt. Mir war der Mann nicht gerade sympathisch. Außerdem quatschte er die ganze Zeit auf uns ein und so langsam und sicher kamen wir auch hinter seine vermeintlich vielversprechenden Aussagen: Er warb für nichts anderes als ein sogenanntes „Timesharing project“. Man sollte sich mit anderen Interessenten an den Kosten eines Appartements beteiligen und dafür durfte man dann je nach gezahlter Geldmenge einige Tage im Jahr in der Anlage verbringen.
Wir erklärten ihm immer wieder, dass wir daran kein Interesse hätten, was er aber irgendwie nicht verstehen wollte. Langsam wurden wir alle leicht ungeduldig und säuerlich. Peter und ich, weil wir wollten, dass er uns endlich verstand und Timo, weil er keine Lust mehr hatte, alles uninteressant für ihn war, er sein zweites Getränk ebenfalls schon getrunken hatte und endlich das versprochene T-Shirt wollte. Obendrein ärgerte ich mich über die vergeudeten zwei Stunden an unserem letzten Urlaubstag.
Kurz und gut: Der Mann war inzwischen auch verärgert, da er in uns nicht die erhofften „Dummen“ gefunden hatte und damit keine Provision erhielt und uns obendrein noch ein Taxi für den Rückweg organisieren musste. Bei der eher frostigen Verabschiedung, im Gegensatz zur überaus freundlichen Begrüßung, gab er uns noch eine unschöne Verheißung mit auf den Weg, die ich bis heute nicht vergessen habe:
„Man sieht sich im Leben immer ein zweites Mal!“

7 Kommentare

  1. Ich gehöre ja nicht zu den großen Gewinnern und deshalb war ich auch extrem überrascht und misstrauisch, als ich durch einen Buchverlag eine einwöchige Reise nach Rügen gewann.
    Erst nach diversen Telfonaten konnte ich an mein Glück glauben.
    Da ich ja gehbehindert bin, habe ich die Reise meiner Tochter geschenkt, die damals noch mitten in der Ausbildung in Berlin stand und sich eine Reise nicht leisten konnte. Sie verlebte dann wirklich eine schöne Woche auf Rügen.

  2. Hallo liebe Astrid,
    *lach* alles Bauernfänger. Heutzutage muss man so aufpassen … auch was man unterschreibt, gerade ältere Leute sind so Leichtgläubig.
    Meine Mutter wollte damals gerne mal eine Kaffeefahrt machen, ich konnte sie nur mit Mühe überreden davon Abstand zu nehmen.

    Liebe Grüße
    Biggi

  3. Martina sagt

    Oh ja, diese Anrufe kenne ich. Da bin ich oft wirklich unfreundlich. Die melden sich nämlich auch, wenn man gar keine Karte ausgefüllt hat. Der zweite Gewinn war ja noch besser, als der erste (lach). Es ist wirklich wichtig, in solchen Momenten einen klaren Kopf zu behalten. Das habt ihr ja getan! Danke für die Geschichte! Martina

    • Astrid Berg sagt

      Hallo Martina,
      damals vor 20 oder mehr Jahren, waren solche Anrufe noch nicht ganz so häufig wie heute. Meist erkennt man diese heutzutage schon an den ersten Worten: „…schön, dass ich Sie erreiche…“, dann ist man schon irgendwie vorgewarnt.
      Einen schönen Abend und liebe Grüße
      Astrid

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