Kurzgeschichten, Reisen
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Hallo Taxi!

„Wir wollen noch einmal in die Khaosan Road fahren und ein paar Mitbringsel aussuchen. Möchtest du mit?“, fragt Peter unseren damals sechzehnjährigen Sohn.

„Nein“, erklärt uns dieser. „Ich hab keine Lust, ich bleibe im Hotel und bearbeite meine Thailandfotos.“
So gehen Peter und ich zur Rezeption und bitten darum, uns doch ein Taxi zu bestellen, denn in der direkten Nähe der Khaosan Road einen Parkplatz zu finden, ist nicht immer ganz einfach. Diese Straße selbst ist abends und nachts für den Autoverkehr gesperrt, denn dann wird sie zur belebten Fußgängerzone.
Während man sich in Deutschland gut überlegt, ob man eine Strecke mit dem Taxi zurücklegt, lieber ein öffentliches Verkehrsmittel benutzt oder vielleicht sogar zu Fuß geht, verhält sich die Sache in Bangkok ganz anders. Hier steigen selbst die Einheimischen gerne ins Taxi, denn es ist ziemlich preiswert und außerdem ist das Laufen von A nach B aus vielerlei Gründen nicht so einfach wie bei uns. Wie ich schon beschrieben habe, gehört in Bangkok der Bürgersteig niemals den Fußgängern allein und nicht überall kann man einfach mal eben schnell von einer Straßenseite zur anderen wechseln.
Wir überlegen gerade, wieviel verschiedene Taxiarten es hier in Thailand so gibt, denn selbst in Bangkok und Umgebung können sie unterschiedlicher Art sein. So gibt es hier selbstverständlich das, was man bei uns als Taxi bezeichnet, nämlich ein Autotaxi, wofür wir uns in diesem Fall auch entschieden haben.
Daneben gibt es die Tuk Tuks, die ebenfalls als Taxis bezeichnet werden und je nach Gegend unterschiedlich aussehen. In Bangkok fahren die dreirädrigen Tuk Tuks, die eigentlich weltweit bekannt, mit rasanter Geschwindigkeit unterwegs und damit nicht ganz ungefährlich sind.
„In Udon Thani zum Beispiel sehen diese Gefährte jedoch wieder etwas anders aus und basieren mehr auf einem Moped“, versucht mir Peter dieses Fahrzeug wieder ins Gedächtnis zu rufen.
„Stimmt“, sage ich. „Dort sehen sie aus wie ein halbes Moped, dem das Hinterteil fehlt und das durch eine Lade-, bzw. Sitzfläche ersetzt wurde.“
Die dritte Art Taxi zu fahren ist diejenige auf einem Pickup, auf welchem sich auf beiden Seiten der Ladefläche Sitzbänke für die Passagiere befinden. Diese Art ist neben den beiden anderen Varianten beispielsweise in Pattaya sehr häufig. Hin und wieder trifft man in Bangkok, Pattaya und in anderen Städten Thailands, aber meist auf dem Land, noch das Fahrradtaxi, auch Fahrradrikscha genannt,an.
Inzwischen sind wir an einem der Zugänge zu der bei den meisten Touristen bekannten Straße angelangt. Die Khaosan Road ist für viele Touristen ein Muss und so herrscht auch heute hier wieder ein sehr reges Treiben. Hier gibt es Kneipen, Restaurants, Musikbars, Garküchen, Straßenhändler, Massagesalons, Schneidergeschäfte und vor allen Dingen viele Menschen und die Polizei ist hier immer präsent.
Nachdem wir ein paar typische Souvenirs erstanden haben, suchen wir uns wiederum ein Taxi, um zurück zu unserem Hotel, das im nördlichen Teil Bangkoks, in Nonthaburi liegt, zu fahren.
„Pass auf“, warnt mich Peter vor. „Jetzt fangen die Probleme an.“
„Wieso welche Probleme?“, frage ich ihn erstaunt und erhalte nur eine kurze und knappe, aber vielsagende Antwort: „Wart es ab!“
Wir setzen uns in ein Taxi, nennen dem Fahrer die Adresse und das Hotel. Er schaut uns ratlos an. Man muss erwähnen, dass Taxifahrer in Bangkok keine Prüfung machen müssen, wie z. B. bei uns. Somit kennen sie sich in ihrem eigenen Viertel zwar einigermaßen aus, aber wenn es darüber hinausgeht, hört die Kenntnis auch schon auf. Peter erklärt:
„Direction Nonthaburi!“
„No!“ kommt dann auch schon vom Fahrer und er weist uns mit Gesten an wieder auszusteigen.
„Komm, raus hier!“, höre ich Peter sagen. „Er weigert sich uns zu fahren, es ist ihm zu weit vom Stadtzentrum entfernt und er möchte lieber kurze Fahrten machen.“
Das ist zwar verständlich, aber in Deutschland total unmöglich. Da die Fahrt immer schon mit 35 Baht startet, verdient er natürlich mit mehreren kurzen Fahrten wesentlich besser als mit einer langen von der er nicht weiß, ob am Fahrziel ein neuer Fahrgast auf ihn wartet oder er sogar wieder leer zurück fahren muss.
Also steigen wir wieder aus und in das nächste Taxi ein, wo es uns ebenso ergeht. Beim dritten Taxi bietet man uns einen total überhöhten Fahrpreis ohne Taximeter an, denn manchmal sind hier die Taxifahrer auch kleine Gauner. Dies hat zur Folge, dass wir erst gar nicht einsteigen.
„Was machen wir, wenn wir keinen Taxifahrer finden, der uns dorthin fährt?“, frage ich Peter etwas ängstlich, denn wir haben inzwischen schon Taxis aller Farben durchprobiert: Rote, grüne, gelbe, blaue, pinke, orange.
„Wir finden schon ein Taxi. Außerdem können wir auch mit einem Tuk Tuk fahren.“
„Da wird die Sache aber nicht besser aussehen“, schmettere ich seinen Vorschlag ab.
„Dann teilen wir die Fahrt eben in zwei der drei kürzere Abschnitte auf“, lautet Peters optimistische Antwort.
Aber wir finden doch noch einen Taxifahrer, der zwar kein Wort Englisch spricht und auch irgendwie nicht ganz kapiert, wo wir eigentlich hin wollen, der sich aber unser erbarmt. Wahrscheinlich in der Hoffnung das Geschäft des Abends zu machen, denn er geht sogar auf die von uns genannte Pauschale ein, die unserer Erfahrung nach den üblichen Taxigebühren für diese Strecke mit Taximeter entsprechen.
Wir sitzen also in diesem Kühlschrank ähnlichen Taxi drin, an dessen Rückspiegel wie bei den meisten Taxis ein Blumenkranz hängt und der Fahrer brettert los. Er fährt erst einmal aus dem Bezirk heraus und rast dann um eine Kurve und gleich darauf um die nächste Kurve, bis Peter meint:
„Der fährt total in die falsche Richtung!“
Peter versucht ihm zu erklären, dass er umdrehen und Richtung Rama VII Bridge fahren muss.
Das Gestikulieren von Peter scheint er verstanden zu haben, denn beim nächsten U-Turn wendet er auch und rast ziemlich zielstrebig, aber wie uns scheint trotzdem äußerst desorientiert weiter.
Peter bittet ihn anzuhalten, was er auch an der nächsten roten Ampel tut, die wie neben dem Lichtsignal in roten leuchtenden Ziffern angezeigt wird, noch 101 Sekunden auf Rot steht. Peter zeigt ihm auf der Straßenkarte, die er immer bei sich führt, die Richtung und den Weg und erklärt ihm wieder:
„Direktion Rama VII Bridge!“
Der Taxifahrer nimmt die Karte in die Hand, starrt verwirrt darauf, dreht sie auf den Kopf und sagt immer wieder:
„Lamaaa, Lamaaa!“
„Ich glaube, der kann gar nicht lesen!“, vermute ich. „Jedenfalls nicht unsere Schrift, aber ich glaube eher gar nicht.“
Inzwischen ist die Ampel von Rot auf Grün und wieder Rot gesprungen. Peter zeichnet dem Fahrer den Weg anhand von markanten Punkten auf ein Stück Papier auf, was bewirkt, dass dieser vielversprechend meint:
„Ahhh!“
Dann rast er wieder zielstrebig weiter und für ein oder zwei Minuten scheint es so, als habe er jetzt eine innere Eingebung erhalten, doch dann biegt er wieder planlos kreuz und quer ab und Peter versucht erneut sein Glück mit Händen und Füßen.
„Vielleicht wäre es besser Peter würde sich an das Steuer setzen“, überlege ich mir, aber in dieser Gegend waren wir auch noch nie.
Inzwischen hat sich der Fahrer total verzettelt und kapiert gar nichts mehr, da hilft auch die Karte mit der Anschrift vom Hotel nichts mehr. Wir merken ganz deutlich, dass er eigentlich will, aber nicht kann. Es ist also keiner der uns nur in die Irre führen will, um mehr Geld zu bekommen, zumal wir ja auch eine Pauschale ausgehandelt haben.
„Er ist wirklich total verloren und überfordert, kann es aber nicht zugeben, denn er will ja sein Gesicht nicht verlieren“, erkläre ich Peter, der mittlerweile zwischen Verärgerung und Lachanfall schwankt.
Auf einmal klingelt mein Handy und Timo fragt mich:
„Wo bleibt ihr denn? Ihr wolltet doch schon längst wieder da sein!“
„Stimmt!“, meine ich. „Aber der Taxifahrer macht gerade eine Stadtrundfahrt mit uns durch das nächtliche Bangkok oder besser gesagt eine Odyssee“, erkläre ich unserem Sohn.
„Soll ich denen an der Rezeption mal Bescheid sagen, dass sie dich auf deinem Handy anrufen, vielleicht können die helfen?“, fragt mich Timo.
„Nein“, erwidere ich, „aber das ist eine gute Idee. Ich habe ja die Telefonnummer vom Hotel. Ich rufe gleich mal selbst an.“
Gesagt, getan: Nachdem ich jemand von der Rezeption daran habe, derjenigen Person alles erklärt habe, reiche ich mein Handy an den Taxifahrer weiter. Dieser plappert dann auch irgendwie sichtlich erleichtert drauf los. Viele, viele Worte werden gewechselt und irgendwann reicht er mir das Handy nach hinten. Wieder rast er durch die nächtlichen Straßen, aber langsam kommt uns die Gegend auch bekannt vor und zehn Minuten später sind wir wohlbehalten in unserem Hotel angekommen.

Ein anderes Taxierlebnis hatten wir in Jomtem, in der Nähe von Pattaya auf einem Pickup -Taxi:
„Es ist so schwül, ich muss erst einmal ins Hotel und duschen, bevor wir dann zum Essen in ein Restaurant gehen“, fordere ich Peter auf, der auch sogleich ein sich näherndes Pickup -Taxi zu uns heran winkt. Wir steigen auf und setzen uns auf die Bank. Uns gegenüber sitzt ein Farang mit einer Thai und einem thailändischen Kind. Wir sitzen alle schweigend dort oben auf der Ladefläche und lassen uns den Fahrtwind um die Ohren wehen. Verstohlen betrachte ich den deutsch anmutenden Mann, der eine enorme Körperfülle aufweist. Plötzlich bemerke ich, dass Peter diesen Mann fast schon anstarrt. Irgendwie sind mir Peters Blicke in Richtung des Fremden peinlich und ich denke:
„In dieser Art und Weise muss man wohl niemand abscannen!“
Am liebsten würde ich Peter bitten seine Blicke nicht so unverhohlen auf diesen Mann zu richten, aber ich vermute, dass mich der fremde Mann versteht. Hierin sollte ich mich nicht täuschen, denn plötzlich öffnet er den Mund und meint in einem akzentfreien Deutsch:
„Sind Sie nicht der Professor, der vor zwei Jahren neben mir im Flugzeug saß?“

1 Kommentare

  1. Christoph Feiler sagt

    Hallo Frau Astrid Berg,

    Sie sind ja äußerst fleißig. Ihr letzter Beitrag erinnert mich sehr an eine Reise, die mich im Alter von ca. 24 Jahren mit einem Freund unter anderem nach Goa/Indien führte. Dort waren auf einem Taxi-Moped meistens vier!!! Mitfahrer anzutreffen.

    Schöner Gruß nach Cottbus

    C. Feiler

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