Dies & Das und sonst noch Was, Für Kinder, Kurzgeschichten
Kommentare 19

Fräulein Langhals

Hallo!
Darf ich mich vorstellen?
Ich bin Lizzy Langhals.
Ob ich mit meinem Fellkleid (dunklere Flecken auf einem helleren Braun- oder Beigeton), meinen beiden Hörnern oben auf dem Kopf und einem knochigen Höcker zwischen den Augen eine Schönheit bin, kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Aber ich werde immer bestaunt.
Ich bin nämlich eine Giraffe.
Meine Eltern lebten einst in der Savanne, aber eines Tages kamen Jäger, Trophäensammler und Tierfänger nach Afrika. Sie jagten die Tiere, schossen sie ab oder fingen sie ein. Mein Vater und meine Mutter wurden von ihren Artgenossen getrennt. Man betäubte sie und verfrachtete sie auf großen Schiffen in Containern in ferne und fremde Länder. Dort verkaufte man sie an Zoos.
Meine Eltern kamen nach Thailand und hatten großes Heimweh nach ihrer Heimat. Ich wurde dann in Gefangenschaft geboren und kenne die Savanne nicht. Stattdessen muss ich mich mit unserem Gehege begnügen. Aber wenn man etwas nicht kennt, dann vermisst man es auch nicht. Deshalb fühle ich mich eigentlich ganz wohl hier.
Wie jeder weiß, ist die Giraffe das größte auf dem Land lebende Tier. Manche männlichen Giraffen werden bis zu bis 6 Meter hoch.
Wie man an meinem Namen unschwer erkennt, bin ich weiblich und daher auch ein kleines Stückchen kleiner. Wir Kühe, so nennt man uns Weibchen, werden im Gegensatz zu den Bullen nur ca. 4,5 Meter hoch. Auch im Gewicht unterscheiden wir uns von den Männchen. Während wir über 800 Kilogramm wiegen, bringen die männlichen Giraffen locker das Doppelte auf die Waage.
Allein meine dünnen und staksigen Beine sind fast 1,80 Meter lang. Zu langen Beinen gehören natürlich auch große Füße, um stabil stehen zu können, – das ist doch klar. Meine Füße sind hufartig und somit gehöre ich zu der Ordnung der Paarhufer.
Zu meinen Beinen lässt sich noch sagen, dass ich sie spreizen muss, wenn ich zum Beispiel Blätter fressen will, die am Boden liegen. Ihr könnt euch sicherlich vorstellen, dass das nicht immer ganz einfach ist.
Zum Glück haben meine Blutgefäße im Hals sogenannte Klappen, die verhindern, dass mein gesamtes Blut beim Bücken ins Gehirn strömt. Durch diese Klappen wird auch beim Stehen das Zurückfließen des Blutes nach unten verhindert.
Das Auffälligste an mir ist mein langer Hals. Auf ihn bin ich besonders stolz, denn damit überrage ich alle anderen Tiere, sogar in der Savanne. Außerdem ermöglicht mir dieser lange Hals einen extrem guten Überblick. Übrigens hilft mir dieser Hals auch dabei, beim Gehen auf meinen langen Beinen die Balance zu halten. Auch wenn mein Gang nicht der schönste ist und manchmal etwas unsicher aussieht. Jeder, der schon einmal auf Stelzen gelaufen ist, kann sich vorstellen, wie schwierig das Laufen ist und wie unsicher der Gang wirkt.
Mein Hals ist außerdem sehr beweglich, da meine sieben Halswirbel über Kugelgelenke miteinander verbunden sind.
Mein langer Hals ermöglicht es mir die Blätter von hohen Bäumen zu fressen. Da ich auch noch eine lange Zunge besitze, kann sie mir helfen, wenn manche Blätter ganz oben in den Baumkronen wachsen. Immerhin ist sie mit fast 50 Zentimetern nicht gerade kurz. Außerdem ist meine Zunge überaus geschickt. Ich kann mit ihr die Äste und Zweige umschlingen und kann so die Blätter durch ein Rucken mit meinem Kopf einfach abstreifen.
Wollt ihr wissen, was meine absolute Lieblingsspeise ist? Die Blätter der Akazien mag ich besonders gern, auch wenn durch die dornigen Nebenblätter das Fressen nicht ganz so einfach ist. Aber meine Zunge ist sehr geschickt und schlängelt sich irgendwie um die Dornen herum.
Wenn man so groß ist wie ich, dann hat man auch einen tüchtigen Hunger. Ich fresse jeden Tag ungefähr 30 Kilogramm Blätter und sonstige Nahrung.

SONY DSC

Mit meiner langen Zunge kann ich aber noch viel mehr. Ich kann sogar mein Gesicht damit säubern, denn ich erreiche mit ihr meine Nase und meine Augen.
Selbstverständlich habe ich auch ein Herz, das ist ungefähr 11 Kilogramm schwer und 60 cm lang und in meine Lungen passen 55 Liter Luft.
Damals als mein Vater noch in der Savanne lebte, traf er eine Giraffendame, die ihm gefiel. Meine Mutter. Bevor er sich aber mit ihr paaren könnte, musste er um sie kämpfen. Sie gefiel nämlich auch einem anderen Giraffenmann. Die beiden männlichen Tiere mussten im Kampf feststellen, wer der Stärkere war. So schleuderten sie ihre Köpfe mit heftiger Wucht gegen den Hals des anderen. Mein Vater gewann diesen Kampf, denn der andere Bulle ging blutend und bewusstlos zu Boden. Ja, manchmal geht es auch bei uns Tieren hart zur Sache.
Meine Mutter hat mich fast 15 Monate ausgetragen, bevor ich geboren wurde. Somit erlebte ich die Verschiffung noch im Mutterleib. Bei meiner Geburt, die übrigens im Stehen vonstatten ging, fiel ich fast zwei Meter tief auf die Erde. Allerdings konnte ich schon nach etwa einer Stunde auf meinen Beinen stehen. Und nach mehreren Stunden versuchte ich meine ersten Schritte. Stellt euch vor, ich habe als Kalb damals schon fast 50 Kilogramm gewogen und war bereits ungefähr einen Meter und 80 Zentimeter groß.
Da wir Giraffen zu den Säugetieren gehören, hat mich meine Mutter natürlich gesäugt.
Mit ca. sechs Jahren war ich ausgewachsen und mein Hals ist ungefähr um das Dreifache gewachsen, im Vergleich zu seiner Länge bei meiner Geburt.

So, jetzt habe ich euch aber ziemlich viel über mich erzählt. Wenn ihr das nächste Mal im Zoo seid und am Giraffengehege vorbei kommt, dann grüßt bitte meine Artgenossen von mir. Vielleicht habt ihr Glück und könnt beobachten wie sie die Blätter von den Bäumen fressen oder ihre lange Zunge die Nahrung umfasst.

Übrigens, ich habe ganz vergessen zu erwähnen, wie schnell ich rennen kann. Wenn ich mir Mühe gebe, dann könnte ich auf ungefähr 55km/h kommen. Das ist sogar ein bisschen schneller als ein Auto in der Stadt fahren darf.

Wir haben Lizzy Langhals* vor ungefähr 7 Jahren in Bangkok im Zoo angetroffen. Sie ließ sich bereitwillig fotografieren und fraß die ihr von uns angebotenen Blätter. Da wir jedes Jahr in Bangkok sind, werden wir in diesem Jahr wieder einmal im Zoo nachschauen, wie es Lizzy Langhals so geht und ob es im Giraffengehege eventuell sogar Nachwuchs gibt.

SONY DSC

* Der Name „Lizzy Langhals“ ist von mir frei erfunden.

Vielleicht möchtet ihr auch das noch lesen:

Dreibein & Co

Familienzuwachs

vgl. und für weitere Informationen bezüglich Giraffen:
1) https://de.wikipedia.org/wiki/Giraffe

2) Warum ist der Hals der Giraffe so lang?,in: Wissen. Das Magazin, das Wissen schafft, Heft 1, 2015, S. 60

19 Kommentare

  1. Lizzy ist aber wirklich eine Schönheit! Du hast tolle Fotos von ihr mitgebracht und danke für die vielen ausführlichen Informationen.
    LG Eva

    • Astrid Berg sagt

      Liebe Eva,
      es existieren noch mehr Fotos, aber auf die Schnelle habe ich nur diese beiden gefunden.
      LG
      Astrid

  2. Hallo liebe Astrid, und weiß Du was das Coolste an Lizzy Langhals und ihren Artgenossen ist? In der Savanne ist sie die Königin der Tiere. Sogar die Löwen haben Respekt vor ihr und legen sich nicht mit ihr an. LG Tanja

    • Astrid Berg sagt

      Mal ehrlich Tanja, ich würde mich auch fürchten, wenn eine Giraffe plötzlich vor mir stehen würde und kein schützender Zaun oder Graben dazwischen wäre. Es sind doch sehr mächtige und imposante Tiere mit ihren sechs Metern Höhe.
      LG
      Astrid

  3. Solch ein schöner Bericht, liebe Astrid.
    Lizzy Langhals ist eine schöne Giraffe.
    Und du wirst sie wiedersehen, das ist ja wunderbar.
    Danke für diesen herrlichen Post
    deine Bärbel

    • Astrid Berg sagt

      Ich freue mich, dass Dir mein Bericht gefallen hat. Ich hoffe, dass wir Lizzy Langhals wieder gesund und munter in Bangkok antreffen werden.
      LG und Dir gute Besserung
      Astrid

  4. Liebe Astrid, sei herzlich gegrüßt.
    Nun kann ich auch wieder im Bloggerland unterwegs sein.
    Es dauert eben seine Zeit, bis der Sohn den altersschwachen Lappi durch Vaters Zweitgerät ersetzt und ihn für mich zurecht machen kann. Es sollen ja auch alle meine Einstellungen drauf sein, denn ich kann das nicht.
    Bis zum Wiederlesen alles Gute, tschüssi Brigitte

    • Astrid Berg sagt

      Liebe Brigitte,
      ich freue mich Dich wieder bei mir begrüßen zu dürfen. Ich habe Dich schon vermisst. Gut, dass Dein Sohn sich so lieb gekümmert hat und Du nun den Computer und alle Einstellungen wieder nutzen kannst und wieder mit uns gemeinsam in die Bloggerwelt eintauchst.
      LG
      Astrid

  5. Liebe Astrid,
    danke, dass du uns Frl. Langhals vorgestellt hast. Sie gefällt mir und ich habe ihresgleichen auch immer bestaunt, wenn ich sie mal zu sehen bekommen habe.
    Herzliche Grüße
    Regina

  6. Sie sind schon schöne anmutige Tiere. Wir waren vor vielen Jahren mal in der Lüneburger Heide im Urlaub. Wir besuchten den Serengetipark Hodenhagen. Die erste Runde fuhren wir mit dem Bus mit, die zweite Runde starteten wir dann mit dem Auto. Eine Giraffe kam heran und schleckte an der etwas herunter gelassenen Scheibe. Igitt! Die Kinder haben gelacht. Die Spucke blieb dran, bis wir dann daheim das Auto gewaschen haben. An diese Episode erinnern wir uns heute noch, gibt auch irgendwo noch ein Foto davon.
    Liebe Grüße von Kerstin.

  7. Liebe Astrid,
    grüße Lizzy Langhals schön. Eine imposante Giraffendame ist sie. Nett sie kennengelernt zu haben, Liebe Grüße Eva

    • Astrid Berg sagt

      Mir hat die Giraffe damals auch sehr gut gefallen und wir werden sie auf alle Fälle wieder besuchen. Und Deine Grüße werden wir ihr überbringen 😉
      Lass es Dir gut gehen
      Astrid

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert