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Knut Knopf

Knut Knopf ist, wie der Name schon sagt, ein Knopf. Er ist aber kein gewöhnlicher Hosenknopf, sondern ein ganz besonderer Knopf. Besonders deshalb, weil ihn sein Aussehen von allen anderen gewöhnlichen Knöpfen abhebt, was ihn aber keineswegs arrogant, überheblich oder gar unsympathisch macht. Nein, im Gegenteil.

Er ist ein lustiger kleiner Kerl, der in seinem Leben schon einige Abenteuer erlebt hat. Wie er aussieht, wollt ihr wissen? Knut ist ein kleines schneeweißes Schäfchen, sein Kopf und seine dünnen Beinchen sind schwarz. Und wie es sich für einen Knopf gehört, hat er zwei winzige Löchlein und zwar genau inmitten seines wolligen Fells. Knut blickt ein bisschen verschmitzt in die Welt. Im Sturm erobert er die Herzen aller Kinder, ebenso wie seine beiden Brüder Karl und Klaus. Die drei K’s, wie sie sich selbst nennen, sind Drillinge und gleichen sich wie ein Ei dem anderen. Wo sie wohnen interessiert euch? Sie stehen auf einer grünen und saftigen Wiese und diese ist auf den Kragen eines hübschen Sommerkleidchens gedruckt. Brav steht ein Schäfchen neben dem anderen und Knut Knopf genau in der Mitte. Sein Bruder Karl zur Linken und Klaus zur Rechten. Das Sommerkleidchen gehört Tini. Sie ist vier Jahre, hat einen hellbraunen Lockenkopf und geht gerne in den Kindergarten. Sie war es auch, die den Knöpfen Namen gab. Alle sind seitdem glücklich und zufrieden und führen ein schönes Leben, bis zu jenem Tag, der Tinis Leben und das der Knopfdrillinge in Aufregung versetzt…
Es ist 1. August, der Tag an dem Philipp, ihr fünfjähriger Cousin, zu Besuch kommt. Sie gehen mit den Müttern in den Garten und spielen. Sie sitzen im Sandkasten, backen Kuchen und bauen gemeinsam eine Sandburg. Doch irgendwann wird das schönste Spiel langweilig und Philipp macht einen Vorschlag:
„Lass uns doch Fangen spielen!“
„Fang mich doch!“, ruft Tini ihm zu und läuft weg.
Ihre Beinchen sind zwar noch ein bisschen kürzer als Philipps Beine und so schnell rennen kann sie auch nicht wie er. Aber sie ist wendiger und immer, wenn er denkt, dass er sie gleich gefangen hat, schlägt sie einen Haken und ist schon wieder weg.
„Ich krieg dich schon!“ schreit ihr der Cousin hinterher und macht einen großen Satz.
Fast hätte er sie gehabt. Er hat schon ihren Kragen erwischt, genau dort, wo Knut, Karl und Klaus sitzen. Doch Tini reißt sich los und schwups ist sie wieder weg.
Die drei K’s werden tüchtig durchgeschüttelt und -gerüttelt, so dass es ihnen schon fast schwindelig ist. Während sich Klaus und Karl bald wieder von diesem Schock erholt haben und ruhig an ihren Plätzen stehen, torkelt Knut weiter hin und her. Bleich vor Schreck stellt er fest, dass er nur noch an einem dünnen Fädchen baumelt. Er schreit um Hilfe:
„Tini! Tini! Halt mich fest!“
Doch Tini kann ihn nicht hören. An ihr Ohr dringt nur ein leichter kaum spürbarer Hauch, wie der Flügelschlag eines Schmetterlings.
Knut wendet sich verzweifelt an seine beiden Brüder, links und rechts von ihm:
„Karl! Klaus! Helft mir doch, ich stürze gleich ab! Schnell!“
Klaus und Knut erschrecken ganz fürchterlich und versuchen ihn festzuhalten. Doch es ist zu spät. Der Faden, welcher Knuts einziger Halt ist, lockert sich immer mehr. Knut rutscht noch ein Stückchen tiefer, so dass ihn Klaus und Karl nicht mehr erreichen können. Und dann geht es ganz schnell. Der Faden lässt ihn endgültig und unbarmherzig los. Er gleitet einfach durch die beiden Löchlein hindurch. Knut Knopf fällt und fällt und fällt. Immer tiefer und tiefer geht es hinab. Knut hält die Luft an und schließt die Augen. Einen winzigen Moment hat er das Gefühl zu fliegen, doch dann folgt der harte Aufprall.
Er ist auf den harten und unnachgiebigen Asphalt des Bürgersteiges gefallen. Erschrocken öffnet er erst ein Auge und dann das zweite. Er schaut an sich herunter und tastet sich ab, ob noch alles an ihm heil geblieben ist. Alles tut ihm weh. Doch scheint nichts gebrochen und auch nichts abgebrochen oder gesplittert zu sein. Selbst seine vier dünnen Beinchen sind noch dran, aber sie zittern und sind ganz schwach. Knut kann sich nicht bewegen und schon gar nicht aufstehen.
„Das ist ja noch einmal gut gegangen“, denkt er trotzdem und schaut nach oben. Doch er kann seine Brüder nicht mehr entdecken, denn Tini ist längst weiter gelaufen.
Noch bevor er sich überlegen kann, was zu tun ist, erhält der arme Knut einen kräftigen Schups von zwei großen Füßen, die ihn achtlos in die Rille neben dem Bürgersteig befördern.
„Hey, was soll das!“, ruft er empört.
„Igitt, ist es hier schmutzig!“, beschwert er sich weiter. „Und nass auch noch!“
Inzwischen hat es angefangen zu regnen. Ein richtiger Wolkenbruch ist das. So füllt sich die Rille, in der Knut liegt, in Sekundenschnelle mit Regenwasser. Knut strampelt mit seinen dünnen Beinchen und versucht zu schwimmen. Aber schon bald verlassen ihn seine Kräfte und er kann sich nur noch treiben lassen. Der Strom reißt ihn einfach mit. Er treibt neben einem kleinen Stückchen Kaugummipapier und hinter einer Vogelfeder dahin. Doch plötzlich gibt es einen Ruck und er bleibt hängen. Ängstlich schaut er sich um. Er stellt fest, dass er von einem kleinen Laubhaufen aufgehalten wurde, der direkt vor ihm liegt.
„Puh!“, schnauft Knut Knopf. „Nur gut, dass ich in keinen Gully gerutscht bin, denn sonst wäre es jetzt aus mit mir.“
Inzwischen hat es aufgehört zu regnen und die Nacht ist herein gebrochen. Knut Knopf hält die Augen geschlossen und liegt zitternd vor Kälte vor dem Laubhaufen. Ab und zu weht der Wind ein Blatt zu ihm herüber, das sich schützend und wärmend auf ihn legt. Doch der nächste Windstoß fegt es wieder weg.
Endlich bricht der Morgen heran und die Sonne streckt ihre wärmenden Strahlen nach ihm aus. Aber nicht nur die Sonne kommt, sondern auch die städtische Stadtreinigung. Männer mit Besen und Schaufeln bewaffnet, gehen die Straße entlang und beseitigen den Schmutz und das herum liegende Laub.
Auch Knut Knopf wird von einem Besen auf eine Schaufel befördert. Dann geht es in Richtung eines kleinen Lastwagens. Auf der Ladefläche stehen große Behälter, in denen der Unrat hinein gekippt wird. Knut kann gerade noch in letzter Sekunde dem Arbeiter von der Schaufel hüpfen, bevor dieser das Laub in den dafür vorgesehenen Behälter befördert.
So landete Knut Knopf wiederum auf dem Bürgersteig. Er kullert ein paar Meter weiter, bevor er zum Liegen kommt. Von der großen Aufregung und der Müdigkeit überwältigt, schläft Knut ein. Er wacht erst wieder auf, als ihn eine kleine Kinderhand vom Boden aufhebt.
„Ist der niedlich!“, sagt die Kinderstimme, die einem kleinen Mädchen gehört.
Susi wischt den Schmutz von Knut Knopf ab und steckt ihn in ihr Kindergartentäschchen. Dann aber sieht sie ihre Freundin Ilse, die schon vor dem Tor des Kindergartens auf sie wartet. Sie läuft schnell zu ihrer Freundin und hat den niedlichen Knopf auf einmal ganz vergessen.
Erst als alle gemeinsam um den Frühstückstisch sitzen und ihre mitgebrachten Brote und Äpfel auspacken, holt sie den Knopf heraus. Sie legt ihn auf den Tisch und sagt stolz zu ihrer Freundin Ilse:
„Schau mal, was ich gefunden habe. Ist der nicht hübsch?!“
Aber Ilse interessiert sich nicht für den Knopf. Sie will lieber ihr Käsebrot gegen das Wurstbrot von Alex tauschen. Aber die Erzieherin, Frau Fröhlich, hat den Knopf gesehen und kommt zu Susi rüber.
„Stimmt, Susi, da hast du einen richtigen kleinen Schatz gefunden.“
Jetzt werden auch die anderen Kinder neugierig und wollen diesen Schatz ebenfalls sehen. Alle bewundern den kleinen süßen Knopf und jeder möchte ihn einmal in der Hand halten und mit den Fingern sanft darüber streichen. Auch Ilse betrachtet jetzt den Knopf ganz genau. Dann geht sie zu Frau Fröhlich und flüstert ihr etwas ins Ohr. Diese nimmt Ilse an der Hand und beide gehen aus dem Zimmer. Ilse führt Frau Fröhlich in den Nebenraum. Hier sehen sie ein kleines vierjähriges Mädchen mit einem hellbraunen Lockenkopf. Es hat ein wunderschönes Sommerkleidchen mit einem Kragen an. Das Mädchen sitzt still und traurig in der Ecke, während alle anderen Kinder lachen und hüpfen.
„Schau mal“, sagt Ilse zu ihrer Erzieherin. „Das ist Tini und sie hat auch zwei so hübsche Knöpfe an ihrem Kleid.“
Ilse deutet auf Tinis Kragen, an dem zwei kleine Schäfchenknöpfe zu sehen sind.
„Eigentlich waren es einmal drei. Karl, Klaus und Knut Knopf, aber …“, erklärt Tini traurig.
„Ob Tini ihren geliebten Knut Knopf wohl wieder bekommt?“, fragt ihr.

„Und, ob die drei K’s jetzt wieder vereint sind?“, möchtet ihr wissen.
„Was meint ihr denn, wie die Geschichte ausgeht? Ich kann Euch nur eines verraten:
Tini kommt heute Mittag singend und hüpfend nach Hause.“

 

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10 Kommentare

  1. Hallo liebe Astrid,
    was für eine süße Geschichte und sie ist ganz bestimmt gut ausgegangen, denn sonst würde Tini nicht singend und hüpfend nach Hause gekommen sein 🙂
    Die Knöpfe sind ja auch etwas ganz besonderes und sooo süß.

    Eine schöne Woche wünsche ich Dir.
    Liebe Grüße
    Biggi

    • Astrid Berg sagt

      Liebe Biggi,
      so ein Kinderherz hängt an den kleinsten Dingen und so kann der Verlust , aber auch das Wiederfinden große Emotionen auslösen. Aber das kennst Du ja sicher von Deinen Enkelkindern.
      Ich wünsche Dir ebenfalls eine angenehme Woche und morgen einen schönen 1.Mai.
      LG
      Astrid

  2. Liebe Astrid,
    weißt du , woran mich deine Geschichten erinnern? An Andersen Märchen, in denen auch so oft unbelebte Gegenstände belebt werden und die wunderbarsten Abenteuer erleben – wie z.B. der standhafte Zinnsoldat… oder die Erbse aus der Schote…! Diese Schafs-Knöpfe finde ich übrigens umwerfend süß – du weißt ja vielleicht, dass ich Schafe liebe. Ich nehme an, diese Knöpfe gibt es wirklich und sie haben dich zu dieser schönen Geschichte inspiriert?!
    Ganz herzliche Grüße,
    Traude
    https://rostrose.blogspot.com/2019/04/unique-nicht-perfekt-aber-einzigartig.html

    • Astrid Berg sagt

      Ja, liebe Traude, diese Knöpfe gibt es und sie sind in meinem Besitz. Ich habe sie gesehen und es war um mich geschehen 😀. Zu diesen süßen Schafsknöpfen musste ich mir einfach eine Geschichte ausdenken.
      Ich wünsche Dir eine angenehme Nacht und schon jetzt eine gute neue Woche.
      LG
      Astrid

  3. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die drei Schäfchen wieder vereint sind. Und Tini ist glücklich.
    Wieder mal eine schöne Geschichte von dir, liebe Astrid.

    Viele Grüße
    Traudi

    • Astrid Berg sagt

      Danke, liebe Traudi. Es wäre einfach zu schade, wenn Knut Knopf nicht zu Tini und den beiden Knopfbrüdern zurückkommen würde.
      Ich wünsche Dir noch einen schönen Abend.
      LG
      Astrid

  4. Liebe Astrid, herzliche Grüße.
    Natürlich bekommt Tini ihren verlorenen Knopf zurück. Die Freude darüber hätte ich gern gesehen und Susi bekommt dafür eine Eistüte spendiert. So sind beide Mädchen wieder fröhlich gestimmt.
    Ich wünsche Dir noch eine gute halbe Woche, tschüssi Brigitte.

    • Astrid Berg sagt

      Liebe Brigitte,
      das ist eine gute Idee!!! Ist es nicht schön, wenn so kleine Dinge, wie ein Knopf oder eine Eistüte Freude bereiten können?!!
      Kinderherzen wissen solche „Kleinigkeiten“ zu schätzen.
      Ja, diese Woche ist kurz 😉.Lasst es Euch gutgehen!
      LG
      Astrid

  5. Bezaubernd, liebe Astrid,
    so wie die niedlichen Knöpfe ist Deine Geschichte.
    Natürlich wünsche ich mir das berühmte „Happy End“, im Leben geht schon genug daneben.
    😉 Hoffentlich geht mein kleiner Wunsch in Erfüllung.
    Ich gehe jetzt mal auf die Suche nach so feinen Knöpfen….
    Hab einen angenehmen Mittwoch,
    herzlichst moni

    • Astrid Berg sagt

      Liebe Moni,
      das offene Ende lässt der Fantasie des Lesers einen Spielraum, aber wie Du schon schreibst, im Leben geht oft genug etwas daneben. Deshalb malen wir uns alle für diese Geschichte einen guten Ausgang aus. 😉
      Ich hoffe, Du hattest schöne Ostern. Wir waren in Hessen bei den Müttern und haben dort die Sonne und wohlige 25 Grad genossen.
      LG
      Astrid

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