Alle Artikel mit dem Schlagwort: Einzelgänger

Der Einzelgänger (3)

Hannes Findel hatte sich also mit 19 Jahren, – gerade das Abitur in der Tasche, aber noch keine Idee, wie es beruflich weitergehen sollte, – auf die Suche nach einer geeigneten Familie zwecks Adoption gemacht. Das hatte sich als gar nicht so einfach entpuppt. In seiner Vorstellung sollte es am besten ein Ehepaar sein, das so in die Fünfzig, besser vielleicht sogar schon Mitte Sechzig war, denn er wollte sie als Adoptivsohn auch in nicht allzu ferner Zukunft beerben. Kinderlos sollte das Ehepaar auf jeden Fall sein und möglichst keine Verwandtschaft mehr besitzen. „Ich muss mir eine Strategie überlegen, wie ich an ein geeignetes Ehepaar herankomme. Ich kann ja schlecht eine Anzeige aufgeben: ‚Suche kinderloses Ehepaar zwecks Adoption‘.“ Das mit der Anzeige war vielleicht gar nicht so schlecht, nur nicht in dieser Art und Weise. “Vielleicht sollte ich meine Dienste als Gärtner oder so anbieten. Da ein bisschen schnippeln, dort ein bisschen hacken und die Blumen gießen. Nur in Arbeit sollte es nicht ausarten, außerdem sind meine gärtnerischen Fähigkeiten etwas begrenzt“, dachte er. Gärtner, so …

Der Einzelgänger (2)

Hannes Findel war von allen verlassen worden. Sein Vater hatte noch vor seiner Geburt Reißaus genommen und seine Mutter hatte ihn verstoßen, beziehungsweise einfach vor einer Kirchentür abgelegt. Die Pflegemutter war verstorben und der Pflegevater konnte ihn nicht behalten. Niemand wollte ihn, niemand liebte ihn. Niemand hatte sich seiner erbarmt. So landete er im Kinderheim und wurde zu einem Einzelgänger, den selbst das Glück verlassen hatte und dem das Schicksal nichts Gutes bereit hielt. Im Heim war er nicht gerade der beliebteste Bewohner. Er war zurückgezogen, fühlte sich ungeliebt und machte alle und jeden für sein Schicksal verantwortlich, an erster Stelle seine Mutter. „Hätte sie mich nicht weggeben, dann müsste ich nicht in diesem Heim leben. Hätte mich wenigstens eine Familie aufgenommen, aber jetzt adoptiert mich eh keiner mehr. Die wollen alle nur die niedlichen kleinen Mädchen oder die super braven kleinen Jungs. Mich will keiner.“ Hätte, hätte, hätte… Er hatte die Hoffnung aufgegeben aus dem Heim jemals wegzukommen. Ihn wollte keiner und inzwischen wollte er auch niemand mehr. Er baute eine unsichtbare Mauer um …

Der Einzelgänger (1)

Heute und in den nächsten Folgen möchte ich Euch eine Person vorstellen, die ich mir vor geraumer Zeit einmal im Zusammenhang mit einer anderen längeren Erzählung erdacht habe. Das Schicksal dieser Person ist zwar rein fiktiv, aber durchaus nicht unvorstellbar, wenn auch in abgewandelter Form. Doch entscheidet selbst: Das Schicksal meinte es nicht gut mit ihm. Sein Leben stand von Anfang an unter einem schlechten Stern. Seine Eltern waren unbekannt und er selbst konnte sich an nichts erinnern. Alles, was er über sich selbst, beziehungsweise über seine Herkunft wusste, kannte er nur, weil man es ihm erzählt hatte. Er war vermutlich am Tag seiner Geburt, den man auf den 24.6. datierte, vor einer Pfarrhaustür abgelegt worden. Die Pfarrköchin hatte ihn in den frühen Morgenstunden rein zufällig gefunden, weil sie ein lautes Hupen auf der Straße vernommen hatte. Zunächst dachte sie, dass dies schon der Metzger sei, der versprochen hatte bereits in aller Frühe die bestellten Würste und das Fleisch vorbeizubringen. „Oh Gott! Oh Gott!“, stieß sie aus, als sie die Haustüre öffnete. „Frau Löffele, was …