Meine ziemlich lange Pause ist endlich vorbei. Nun werde ich wieder wie gewohnt in regelmäßigen Abständen Geschichten aus dem Leben einstellen. Ich hoffe, dass Ihr mich nicht ganz vergessen habt und ich euch mit meinen Geschichten erfreuen kann. Meine Blogrunden werde ich ebenfalls wieder drehen, das ist doch klar!!! Also jetzt geht es los:
Wir sind gerade mit dem Auto unterwegs. Ich nehme einen Kaugummi aus der kleinen Plastikdose in der Mittelablage und frage meinen Mann, der am Steuer sitzt, ob er ebenfalls einen möchte.
„Ja gerne“, antwortet dieser und hält mir seine geöffnete Hand entgegen, „aber bitte gleich drei oder vier Stück.“
„Na, das ist dann der Rest und wir müssen wieder welche beschaffen. Am besten gleich zwei Dosen mit Kaugummidragees bei deinem Verbrauch,“ versuche ich ihm zu vermitteln, dass man auch weniger nehmen kann.
„Ich brauche jetzt gerade mal so viele Kaugummis“, erklärt er mir und schiebt sich den Inhalt seiner mit Kaugummidragees gefüllten Hand in den Mund.
„Aha!“
„Mein Inlay scheint lose zu sein“, gibt er mir zu verstehen.
„Na prima“, antworte ich leicht sarkastisch. „Da ist Kaugummi genau richtig.“
„Ja klar oder denkst du ich will das Goldinlay aus Versehen verschlucken. So zieht der Kaugummi es raus und ich habe es!“
Gesagt, getan! Wir wickeln es in ein Papiertaschentuch, das immer im Handschuhfach bereit liegt. So geht es zumindest nicht verloren.
Natürlich erzählt uns der Anrufbeantworter unserer Zahnärztin, dass die Praxis momentan geschlossen ist. Am nächsten Tag haben wir so viel um die Ohren, dass das im Auto sicher verwahrte Inlay vergessen ist. Dann ist Freitag, an dem Peter einen Termin für Montag ausmachen kann:
Heute ist es dann endlich soweit. Ich begleite meinen Mann zu besagtem Termin, da ich sowieso in der Stadt zu tun habe. Von der Dame an der Anmeldung wird er mit freundlichen Worten begrüßt:
„Bei Ihnen geht es ja ganz flott. Das Einkleben dauert nicht lange, deshalb haben wir Sie schnell dazwischen geschoben!“
„Das Einkleben hat sich eigentlich erledigt“, erklärt mein Mann der erstaunten Angestellten. „Am Wochenende ist leider auch noch ein Stück vom Zahn abgebrochen.“
Da dies wohl jetzt eine größere Sache ist, die in Ordnung gebracht werden muss und mit Sicherheit nicht in die Terminplanung der Zahnärztin passt, ziehe ich es vor auf Peter zu warten. Bevor er ins Behandlungszimmer gerufen wird, fällt meinem Göttergatten noch eine kleine Familiengeschichte ein, die ich zwar vor Jahrzehnten schon mal gehört habe, aber trotzdem höre ich sie mir gerne nochmals an:
„Als ich noch ein Kind war, musste mein Vater“, so erzählt er mir, „mal dringend zum Zahnarzt und es musste gebohrt werden. Der bereits betagte Zahnarzt hatte scheinbar auch nicht gerade die modernsten Werkzeuge…“
„Oh Gott, das hört sich ja gruselig an!“, sage ich mit vorgehaltener Hand.
„Na warte mal ab…“, erzählt er weiter. „Der Zahnarzt kannte meinen Vater und wusste, dass er Bauingenieur und Architekt war. Während der Behandlung berichtete der Arzt, dass er gerne einen Anbau machen wollte. Er plapperte fröhlich darauf los und bohrte und bohrte, während sein Patient schweigsam mit geöffnetem Mund mehr oder weniger zuhörte. Gerade als der Bohrer sich tiefer und tiefer in den Zahn versenkte, gab das Material nach. Allerdings nicht der Zahn, so wie es sein sollte, sondern der Bohrer. Dieser brach nämlich ab und somit steckte ein Teil im Zahn fest.“
„Aua!“, sage ich, denn allein diese Vorstellung beschert mir Zahnschmerzen, wenn auch nur imaginär.
„Wenn du jetzt denkst“, fuhr mein Mann fort, „dass der Zahnarzt sofort den Bohrer aus dem Zahn gezogen hat, dann irrst du dich gewaltig. Mein Vater musste mit dem im Zahn steckenden Bohrer in den Garten des Mediziners marschieren, sich die Pläne bezüglich des Anbaus nochmals und in aller Ausführlichkeit erläutern lassen und dessen so dringliche Fragen beantworten. Der Bohrer schien total vergessen, zumindest auf Seiten des Zahnarztes.“
„Ahhh! Schrecklich!!!“, kann ich gerade noch sagen, bevor mein Mann ins Behandlungszimmer gerufen wird und ich ihm insgeheim alles Gute wünsche. Zum Glück kommt er circa eine Viertelstunde später wieder gut gelaunt heraus und lässt sich die Folgetermine geben, ohne sich über einen abgebrochenen Bohrer zu beschweren oder eine Gartenbesichtigung machen zu müssen.
„Hat sich dein Vater dann eigentlich einen anderen Zahnarzt gesucht?“, frage ich noch leicht geschockt, doch die Antwort bleibt offen. Ich erhalte nur ein Schulterzucken und ein Grinsen.
Man könnte denken, die Geschichte sei erfunden, aber sie entspricht der Wahrheit und ist zu einem Teil unserer Familienüberlieferung geworden.
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