„Mich kennt eigentlich jeder, aber trotzdem werde ich nicht gewürdigt. Deshalb muss ich meinen Frust an dieser Stelle einmal loswerden:
Ach Leute, ich kann euch sagen, mein Leben ist echt nicht leicht. Immerzu in Bereitschaft zu sein, kann ganz schön an die Substanz gehen. Und trotzdem erfährt man wenig Dank dafür. Aber ich weiß, meine Zeit wird kommen und dann werden alle meine Hilfe benötigen. Solange muss ich noch warten.
Gerade eben haben sie mich einfach in dem Cafe um die Ecke stehen gelassen. Mit ein bisschen Glück fällt es ihnen wieder ein. Wenn nicht, dann muss ich eben warten, warten, warten. Irgendwann werden sie schon kommen.
Im Grunde genommen kann es nicht mehr allzu lange dauern, denn meine Lieblingsjahreszeit naht mit großen Schritten. Auch wenn es momentan nicht danach aussieht, das Blatt wird sich wenden. Alle, die mich momentan keines Blickes würdigen, werden hilfesuchende Blicke nach mir werfen. Dann stehe ich wieder hoch im Kurs. Meine Aktie steigt sozusagen, um es einmal plakativ auszudrücken. Das ist dann meine Zeit. Ich habe gewissermaßen Hauptsaison.
„Aber wenn ihr mich einfach in der Ecke stehen lasst, unbeachtet wohlgemerkt. Und dann soll ich plötzlich zur Stelle sein. Pah!!! So geht das nun auch wieder nicht.
Ihr wisst, ich helfe gerne, aber man sollte mir schon eine gewisse Beachtung schenken. Ihr müsst ja nicht vor Dankbarkeit in die Knie gehen…. Ach, was rede ich da. Es ist doch immer Dasselbe. Jahr für Jahr. Solange ich denken kann.
Ihr wisst noch immer nicht, wer ich bin? Na, das wundert mich nicht. Ihr seid einfach vergesslich. Das zeigt sich auch in einigen Aussagen, die ihr über mich macht.“
„Ich frage mich, wo er schon wieder ist. Wenn man ihn braucht, ist er nicht da. Immerzu ist er verschwunden und ich muss ihn suchen“, Inge ist verzweifelt. „Ich habe ihn doch neulich erst mitgenommen. Da habe ich ihn nicht gebraucht. Obwohl im Radio eindringlich zur Mitnahme geraten wurde. Wo war das nur?“
„Das kenne ich“, bekräftigt sie ihre Freundin Mathilda. „Ich nehme ihn meistens dann mit, wenn ich ihn nicht brauche. Und wenn ich ihn tatsächlich bauchen würde, dann befindet er sich zu Hause oder im Auto oder sonst wo. Nur nicht da, wo ich gerade bin.“
Mathilda kramt gedankenverloren in ihrer großen Umhängetasche.
„Juhu! Ich habe ihn dabei! Ausnahmen bestätigen die Regel!“, ruft sie plötzlich aus und zaubert ihn aus ihrer Tasche. „Wir können gehen“, richtet sie sich an ihre Freundin und öffnet die Haustür.
„Da siehst du es!“ Inge ist verwundert, aber fühlt sich auch gleichzeitig bestätigt. „War nicht vor fünf Minuten noch der reinste Wolkenbruch? Und jetzt ist strahlender Sonnenschein. Schau dir nur mal den wunderschönen Regenbogen an!“
Achtlos legt Mathilda den Knirps auf den Schuhschrank, zieht die Haustür zu und bricht mit Inge, die geschwind noch abschließt, zu einem Spaziergang auf.
Eine halbe Stunde später flüchten sich die beiden Freundinnen völlig durchnässt und mit klitschnassen Haare in das Cafe um die Ecke.
„Hallo!“, rufe ich, doch es hört mich niemand, denn mein Ruf geht in einem lauten Donner unter.
Doch dieses Mal habe ich Glück, denn nicht nur am Himmel zeigen sich die Blitze, sondern auch Inges Gedächtnis wird von einem Geistesblitz durchzogen.
„Jetzt weiß ich wieder, wo ich meinen Schirm hingestellt habe“, erklärt Inge und deutet auf den Schirmständer hinten in der Ecke.
„Neues Spiel!“, denke ich einerseits erfreut und anderseits erwartungsvoll, als die beiden Freundinnen nach dem Gewitter das Cafe wieder verlassen. Diesmal darf ich dabei sein, komme aber nicht zum Einsatz. Aber der Herbst naht und damit steigt die Nachfrage nach mir!!!!“
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