Alle Artikel in: Erdachtes & Erzähltes

Aus der Schulzeit meiner Mutter

Als unser Sohn in die dritte Grundschulklasse ging, sprachen sie im Sachunterricht über die Schule in früheren Zeiten. Sie sollten die Eltern und Großeltern zu diesem Thema befragen. Klar, dass ich ihm sofort über meine Schulzeit berichtet habe. Doch auch von seiner Oma wollte er wissen, wie es damals so in der Schule war. Da wir allerdings 600 Kilometer von den Großeltern entfernt wohnten, rief er meine Mutter an und stellte ihr Fragen. Sie notierte sich diese und schrieb ihm damals einen ausführlichen Brief, in welchem sie über ihre Schulzeit berichtete. Diesen Brief habe ich wieder gefunden, denn ich habe ihn die ganzen Jahre für unseren Sohn aufbewahrt. Dieses Jahr zu Weihnachten schenkte er seiner Oma ein Buch, in dem sie Fragen zu ihrem Leben beantworten soll. Der Brief und die Fotos von damals werden hierin einen Platz finden. Auch meine Mutter hat sich gefreut, als ich ihr diesen Brief neulich zeigte. Sie ist damit einverstanden, dass ich heute diesen Brief in meinem Blog vorstelle: Die Schule in früheren Zeiten „Ich bin am 27.6.1929 in …

Der Verfolger

Frau Konfusi hatte letzte Woche Geburtstag. Sie hatte die Hausgemeinschaft zu einem kleinen Kaffeeklatsch eingeladen und allen ausdrücklich gesagt, dass sie keine Geschenke möchte. Naja, wie das eben so ist, ab einem gewissen Alter hat man eigentlich schon alles und freut sich hauptsächlich über den lieben Besuch. Ja, das ist die eine Seite. Aber auf der anderen Seite stehen die Gäste und die wollen nicht mit leeren Händen kommen. Also hatte doch jeder eine Kleinigkeit mitgebracht. So standen am Abend ein Blumenstrauß, ein Alpenfeilchen, eine Schachtel Pralinen und eine Flasche Sekt auf der Wohnzimmeranrichte. Zwischen diesen Geschenken lagen noch zwei Gutscheine. Marco hatte im Auftrag der Hausgemeinschaft zwei Eintrittskarten für einen Tierparkbesuch beschafft und es Frau Konfusi feierlich mit den Glückwünschen überreicht. „Ich hoffe, Sie und Ihr Mann haben viel Spaß! Jetzt im Frühling ist es nämlich besonders schön im Tierpark!“, hatte er ihr gesagt. „Oh danke! Damit macht ihr uns eine ganz besondere Freude. Ich danke euch allen ganz herzlich!“ Frau Konfusi war sichtlich gerührt gewesen von dieser netten Geste. Zu diesem Zeitpunkt ahnte sie allerdings …

Der April, der macht was er will

Kaum haben wir April, da macht er schon was er will. Das jedenfalls behauptet man und meint damit das Wetter in diesem Monat.  Aber wenn man nach diesem Spruch geht, dann hatten wir schon im März Aprilwetter. Mal schön, mal trüb, mal Sonne, mal Regen. Bedingt durch unseren Urlaub auf der Insel des ewigen Frühlings, haben wir uns diese Jahreszeit schon ein wenig vorverlegt. Aber nun ist er endlich auch in der Heimat angekommen und am Sonntag haben wir die Grillsaison auf unserer Terrasse eröffnet.  Ach, was wären wir nur ohne das Wetter! Immerhin ist es in aller Munde und Gesprächsstoff Nummer eins. Belauschen wir doch einmal ein Gespräch auf der Straße: Erna ist gerade unterwegs zum Einkaufen in der Stadt. In die Apotheke muss sie auch noch. Als sie das Auto auf dem Parkplatz vor dem Einkaufszentrum abstellt, trifft sie auf die beiden Freundinnen Else und Anna. Die Zwei strahlen über das ganze Gesicht und lachen wie zwei Teenager. „Hallo Ihr Beiden!“, begrüßt Erna die zwei Frauen. „Wir haben uns ja jetzt schon eine …

Wo die Liebe hinfällt …

Diese Geschichte basiert auf einer wahren Begebenheit, von der ich neulich durch einen Bericht im Fernsehen erfahren habe. Ich war und bin so fasziniert, dass ich Euch hiervon in abgewandelter Form in der folgenden Kurzgeschichte erzählen möchte. Sie handelt von einer ungewöhnlichen Liebe und zeigt, dass Liebe nicht nur Berge zu versetzen vermag, sondern auch ungewöhnlich große Distanzen überwinden und ungeahnte Kräfte wachrufen kann. Fridolin* kann sich bis heute nicht mehr daran erinnern, wie es eigentlich passierte. Auf jeden Fall geriet er in eine fatale und im Grunde genommen ausweglose Situation. Irgendwo war aus ihm unbekannten Gründen eine große Menge Öl in das Meer gelaufen. Ein richtiger Ölteppich trieb im Meer und er war hineingeraten. Dabei wollte er nur ein bisschen im Meer herum schwimmen und plantschen, so wie es eben ein Pinguin gerne macht. Anscheinend war er auch zu weit hinaus geschwommen, aber das merkte er erst viel zu spät. Am Anfang machte das Schwimmen und Plantschen ja auch Spaß, doch dann fand er sich plötzlich inmitten des stark verunreinigten Wassers. Eigentlich war es …

Frech wie Oskar

Heute möchte ich Euch wieder einmal zeigen, wie facettenreich die deutsche Sprache doch ist. Ich habe mich dieses Mal einfach nur den Vor- und Nachnamen gewidmet, die sich als Redewendungen in unserer Sprache schon fest verankert haben. Vielleicht kennt Ihr diese Aussprüche auch. Möglicherweise sind sie auch regional etwas unterschiedlich und eventuell kennt Ihr noch andere. Ich habe versucht einige der Aussprüche im folgenden Gespräch festzuhalten.  Emil und Karl sind Zwillinge im besten pubertierenden Alter. Sie befinden sich momentan im Zimmer von Karl, als deren Vater auf dem Weg ins Bad an der Zimmertür vorbei kommt. Zufällig wird er Zeuge eines Gesprächs, über das er sich wie Bolle amüsiert. Die Zwillinge verstehen sich hervorragend, aber sie lieben Wortgefechte. Da Herr Müller allerdings seine Pappenheimer kennt, weiß er dass es sich um kein ernst gemeintes Streitgespräch handelt, sondern alles mit einem Augenzwinkern betrachtet werden kann. Emil scheint auf der Suche nach irgendetwas zu sein, denn er durchsucht auf dem Schreibtisch seines Bruders alle möglichen Unterlagen. „Was suchst du da eigentlich?“, erkundigt sich Karl. „Übrigens finde ich, …

Igitt! Muss das sein?

Im Vorgarten der Villa, in der auch Professor Konfusi mit seiner Frau wohnt, steht ein Vogelhäuschen. Oma Schmidt aus dem Erdgeschoss schüttet gerade eine Handvoll Sonnenblumenkerne hinein und befestigt einen neuen Meisenknödel. „So“, sagt sie zufrieden. „Jetzt können sie alle wieder kommen. Es ist genügend für alle Vögelchen da!“ Sie wirft einen Blick nach oben zu den Fenstern im dritten Stock. Dort oben hämmert und rumort es schon seit Wochen. Die Handwerker bauen die Dachgeschosswohnung aus und um. Aber in ein paar Tagen sind sie endlich fertig. Und neue Mieter gibt es auch schon. Ein junges und unverheiratetes Pärchen soll angeblich einziehen. „Naja, so etwas gab es früher bei uns nicht. Aber die Zeiten haben sich geändert und manches ist einfach anders als früher“, denkt die alte Dame. Oma Schmidt schlurft über den Hof. Alles geht nicht mehr so schnell wie früher und die Beine, besser gesagt die Knie tun ihr bei jedem Schritt weh. Deshalb hebt sie die Füße auch nicht mehr so richtig. Schon als sie wieder das Treppenhaus betritt, merkt sie, dass …

Eiskalt

Die Geschichte, die ich Euch heute erzählen möchte, hat ebenfalls wieder das Leben geschrieben. Ich habe neulich in unserer Tageszeitung einen ziemlich kurzen Artikel über eine wahre Begebenheit gelesen. Diese wenigen Zeilen haben mich dazu animiert, Euch wieder eine Professor Konfusi-Geschichte zu erzählen. Lasst Euch überraschen, was diesmal wieder so alles rund um den netten älteren Herrn passiert. Das Haus, in welchem Professor Konfusi wohnt, ist ein älteres Mehrfamilienhaus. Eigentlich ist es eine alte Villa, die Anfang der 50er Jahre erbaut wurde. Hier wohnen vier Parteien. Im Erdgeschoss lebt eine sehr betagte Dame, die alle nur Oma Schmidt nennen. Die Wohnung darüber wird von Marco und seinen Eltern bewohnt und im zweiten Stock hat das Ehepaar Konfusi eine schöne gemütliche Wohnung. Im dritten Stock wurde erst kürzlich aus- und umgebaut, allerdings gibt es hier noch keinen Bewohner. Überhaupt hat man im Jahr 1981 die gesamte Villa modernisiert und danach vermietet. Während Marco mit seinen Eltern erst seit knapp fünf Jahren in diesem Haus wohnt, leben das Ehepaar Konfusi und Oma Schmidt schon seit fünfunddreißig Jahren …

Die Entführung

Bestimmt möchtet Ihr wissen, wie Professor Konfusi so ins Neue Jahr gekommen ist. Ich verrate vorerst nur soviel, dass es zunächst ganz schön turbulent zuging und dann jedoch ganz ruhig. Aber lest doch einfach weiter, dann könnt Ihr alles ganz genau erfahren: Es ist der Vormittag des 31. Dezembers. „Brauchst du etwas aus dem Keller?“, fragt Frau Konfusi ihren Mann. „Ich gehe nämlich runter.“ Sie erhält lediglich ein stummes Kopfschütteln, denn der Professor sitzt gerade über seiner Briefmarkensammlung und sortiert den Briefmarkenjahrgang 1989. Frau Konfusi geht nach unten, um den Kassler aus der Gefriertruhe zu holen, denn bei ihnen ist es Tradition am Neujahrstag Kassler mit Sauerkraut zu essen. Sie lächelt still vor sich hin, denn die Sache mit dem Sauerkraut an Neujahr ist so eine Art Aberglaube, den sie von ihren Eltern her kennt und der auch in ihrer eigenen Familie zwar nicht wirklich geglaubt, aber doch gepflegt wird. Das Sauerkraut am 1. Januar soll nämlich dafür sorgen, dass der Geldbeutel im kommenden Jahr nicht leer wird, sondern sich sogar noch füllt. Aber eigentlich …

Unfassbar

Man sagt, dass das Leben die schönsten Geschichten schreibt. Das ist richtig, aber leider schreibt das Leben auch manchmal Geschichten, die traurig oder sogar nahezu unfassbar sind. Eine davon möchte ich Euch heute erzählen, denn sie ist meinem Schwiegervater widerfahren.  Leider weilt mein Schwiegervater nun schon etliche Jahre nicht mehr unter uns, doch ich könnte mir vorstellen, dass er heute sogar über die Geschehnisse von damals lachen würde. Aufgeregt hat er sich in der besagten Situation jedenfalls auch nicht. Vielleicht liegt es daran, weil sie so unfassbar und schon grotesk ist, dass man ihr nur mit Kopfschütteln begegnen kann. Mein Schwiegervater war schon immer und auch später, trotz seiner schweren Erkrankung ein positiv denkender Mensch. Er war nierenkrank und wurde zum Dialysepatienten. Dies konnte ihn allerdings nicht davon abhalten mit meiner Schwiegermutter die Welt noch zu bereisen. Auf einem großen Traumschiff, das mehrere Dialysestationen an Bord hatte, machten sie Kreuzfahrten. Problemlos! Und ich muss sagen, es ist einfach fantastisch, dass es solche Möglichkeiten gibt. Später war er dann jedoch mobilitätsmäßig mehr eingeschränkt. Folgeerkrankungen führten schließlich …

Im Schatten der Krone

Ich stehe hier in einem wunderschönen Park am Rande einer Wiese. Das war nicht immer so. Als ich noch klein war und ein zartes Pflänzchen, da standen viele meiner Verwandten neben mir und um mich herum. Irgendwann einmal kamen Männer mit Äxten und Sägen und sie fällten fast alle von meinen Freunden.  „Wir müssen hier ein wenig aufräumen und Platz schaffen“, hörte ich sie sagen. „Es wird ein wunderschöner Park werden, der den Menschen Erholung bieten soll.“ Ich hatte große Angst, denn sie rückten mit ihren Geräten immer näher an mich heran. Schon bald würden sie mich erreichen und auch mein Leben wäre ausgehaucht. Ich wäre einfach Brennholz geworden. Das ist nun schon sehr viele Jahrzehnte her. Ich hatte damals Glück, denn sie ließen mich als einen der wenigen Bäume stehen. Ich durfte weiter wachsen und groß werden. Und das bin ich tatsächlich in den fast neunzig Jahren geworden: Groß und mächtig. Jetzt bin ich schon alt und denke an mein Leben zurück. Viel habe ich gesehen und viel habe ich erlebt. Menschen gingen an …

Warum mag mich keiner?

Heute sollen die Kinder ihre Lieblingszahl zwischen 1 und 30 aufschreiben und erzählen, warum sie diese Zahl mögen. Fast alle Zahlen haben sie aufgeschrieben, nur mich hat keiner gewollt. Ich bin ganz traurig. Jetzt liege ich ganz allein in der Ecke. Niemand sieht mich und niemand will mich. Bestimmt wisst ihr, welche Zahl ich bin, denn bestimmt mögt ihr mich auch nicht.  Ich bin die Zahl 13. Schon im Märchen von Dornröschen hat man mich gemieden. Zu den Gästen des Festes, das anlässlich der Geburt der Prinzessin gefeiert wurde, gehörten auch weise Frauen. Sie sollten dem Kind hold sein und Glück bringen. Die 13. weise Frau wurde jedoch nicht zum Fest eingeladen, da es nur 12 goldene Teller im Schloss des Königs gab. Deshalb hat diese 13. Frau das Dornröschen mit einem Fluch belegt. Das hat aber diese Frau getan, weil sie eigentlich böse war. Ich bin nicht böse, aber mir wird es angelastet. Ich tue eigentlich niemand etwas, aber jeder denkt, dass ich nicht schön bin. Warum nur finden sie mich hässlich? Ich kann …

Vom Winde verweht

Ich bin Laubinchen, ein Blatt. Vielleicht bist du mir schon einmal begegnet. Auf jeden Fall kennst du meine Schwestern und Brüder. Wir sind nämlich eine sehr große Familie. Wenn wir alle versammelt sind, nennt man uns Laub. Wir wohnen auf den Laubbäumen und sind im ganzen Land verteilt. Wenn der Baum groß und kräftig ist, also sozusagen schon ausgewachsen, dann hängen bestimmt 100 000 meiner Schwestern und Brüder an ihm. Obwohl es von uns so viele gibt, die sich auch noch alle ähneln, ist trotzdem jeder von uns einzigartig.  Im Frühjahr, wenn es langsam wärmer wird und die Sonne ihre wärmenden Strahlen zur Erde schickt, dann brechen wir aus den Blatthöckern heraus und lassen den einst kahlen Baum ergrünen. Die Menschen freuen sich dann und sagen, dass die Natur wieder erwacht. Im Herbst, wenn wir dann unser Grün gegen Gelb, Braun und Rot austauschen, erfreuen wir die Menschen wieder mit unserer Farbenpracht. Wenn wir unseren Farbstoff Chlorophyll abgebaut haben, dann dauert es nicht mehr lange und und wir fallen zu Boden. Der Baum ist dann …

Ein seltsames Wesen

Schuld an dem heutigen Beitrag ist ein Wurm. Im Grunde genommen sogar mehrere Würmer. Der eine lag dieses Jahr im Frühling am Strand von Sizilien und kam mir wieder in Erinnerung, als ich einen Artikel über den Ohrwurm las. Diese beiden Würmer ließen mich nicht mehr zur Ruhe kommen, denn es fielen mir plötzlich viele Redewendungen, Vergleiche und Sprüche mit anderen Tieren, Pflanzen, Gegenständen usw. ein, die ich mir bildlich vorstellte. Alles miteinander kombiniert, entstand in meinem Kopf ein seltsam anmutendes Wesen.   Ich möchte Euch also wieder einmal aufzeigen, wie faszinierend unsere Muttersprache mit ihren bildlichen Formulierungen sein kann. Die Sprüche, die mir so plötzlich im Kopf herum spukten, beziehen sich unter anderem auf Körperteile, das menschliche Aussehen, Verhaltensweisen, auf Charaktereigenschaften und Wesenszüge des Menschen. Das Bild eines Menschen erscheint also vor meinem geistigen Auge. Dieser Mensch mutet schon etwas sonderlich und seltsam an und ist auf jeden Fall beschreibenswert. Man sollte vielleicht eine Karikatur von ihm anfertigen, denn er ist sicherlich lustig anzusehen. Also passt mal auf und sagt mir, ob ihr einen …

Herr und Frau Kürbis

Neulich traf ich Herrn und Frau Kürbis. Sie hatten sich gerade an einer Tankstelle ein ruhiges Plätzchen für ihre Rast gesucht. Sie packten ihren Proviant aus und ließen es sich schmecken. Dabei kamen sie ins Gespräch. Ich wurde Ohrenzeuge dieses Gesprächs und muss sagen, manchmal verstand ich nur Bahnhof. Irgendetwas schien bei diesem Gespräch schief zu laufen. Irgendwie haben die Zwei sich nicht richtig zugehört, folglich auch nicht richtig verstanden und ständig aneinander vorbei geredet, so vermutete ich jedenfalls.  Es dauerte eine Weile, aber dann verstand ich, was hier passierte. Ich musste an das Teekesselspiel denken, das wir als Kinder gerne gespielt haben. Durch die Doppeldeutigkeit mancher Wörter entstand ein heilloses Durcheinander und das Gespräch entgleiste derartig, so dass niemand mehr zu kapieren schien, worum es eigentlich ging. Oder sollte hier etwa eine absichtliche Irreführung vorliegen? Die Beiden haben gerade jeder ein leckeres Wurstbrot verspeist, da greift sich Frau Kürbis an das Dekolleté. Sie steht auf und sucht den Boden rund um den Tisch mit ihren Augen ab. „Ohje“, sagt sie. „Der Anhänger ist weg!“ …