Kurzgeschichten, Professor Konfusi-Geschichten
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Schau Dir das mal an!

Die Idee zur heutigen Geschichte steht im Zusammenhang mit einer Aufforderung meiner Mutter: „Schau Dir das mal an!“, aber letztendlich gab ein späteres Erlebnis und Gespräch mit meinem Mann den eigentlichen Ausschlag:
Wir waren in Berlin und fuhren durch die Straßen, als wir an der Ampel eine junge Frau stehen sahen, deren Bekleidung uns auffiel…

„Das ist schon eigenartig“, meinte mein Mann,“früher hätte man gesagt, dass diese Aufmachung schlampig sei. Naja, so ändern sich die Zeiten!“
Keine Ahnung, was oder ob ich überhaupt geantwortet habe, denn meine Gedanken waren in diesem Moment schon ganz wo anders. In diesem Augenblick wurde nämlich die neue „Professor Konfusi-Geschichte geboren:
Herr und Frau Konfusi sind gerade mit dem Flugzeug auf dem Heimatflughafen gelandet. Sie waren für zwei Wochen im Urlaub. Da sie beide nicht mehr so gut die Hitze vertragen, hatten sie für ihren Urlaub ein nordisches Land ausgesucht, Schweden. Es hat ihnen sehr gut gefallen und so steigen sie nun rundum zufrieden und erholt aus dem Flieger.
„So, jetzt wollen wir nur noch hoffen, dass auch unsere Koffer heil angekommen sind“, meint Frau Konfusi, als sie gemeinsam mit ihrem Mann vor dem Gepäckband steht.
„Ich glaube, dort vorne liegt schon dein Koffer“, sagt Professor Konfusi beruhigend und und deutet auf ein rotes Gepäckstück. „Deine Kleidung wäre also schon einmal gerettet!“
Nachdem er auch den zweiten Koffer vom Band gehoben hat, marschieren die Beiden in Richtung Ausgang, wo sie auch schon Marcos Vater erblicken, der die zwei älteren Herrschaften abholt und nach Hause in die Villa bringt.
„Gut sehen Sie aus“, verteilt dieser sofort Komplimente. Sogar eine leichte schöne Bräune haben Sie.“
„Oh ja, wir hatten ja auch herrliches Wetter,- nicht zu heiß und nicht zu kalt“, erklärt Frau Konfusi. „Aber lassen wir den Wetterbericht beiseite, mich würde brennend interessieren, ob es hier Neuigkeiten gibt“, fügt sie schnell hinzu.
„Wirklich viel ist hier nicht passiert“, gesteht Marcos Vater und überlegt krampfhaft, was er an Neuigkeiten berichten könnte.
„Ach ja, das wissen Sie noch gar nicht“, ruft er plötzlich aus und schlägt sich gegen die Stirn. „Oma Schmidt hat überraschend Besuch bekommen.“
Als er merkt, dass vier Augen gebannt auf ihn gerichtet sind, kostet er noch ein paar Sekunden die scheinbare Neugierde von Herrn und Frau Konfusi aus, bevor er weiter spricht:
„Die jüngste Enkelin von Oma Schmidt ist aus Amerika ganz überraschend hier eingetrudelt.“
„Ach, die Mary ist da!“, ruft Frau Konfusi freudestrahlend aus. „Das ist aber eine schöne Überraschung!“ Doch plötzlich hält sie in ihrer Freudensbekundung inne. „Es ist doch hoffentlich nichts passiert?! Die gesamte Familie wollte doch erst zum 90. Geburtstag von Oma Schmidt in ein paar Monaten anreisen.“
„Nein, nein. Es ist alles in Ordnung. Mary möchte in Deutschland studieren und schaut sich hier die Uni ein bisschen genauer an. Sie nimmt sogar schon an ein paar Vorlesungen als Gasthörerin teil,“ erklärt Marcos Vater, während er die beiden älteren Leutchen nach Hause chauffiert.
„Wir sollten Oma Schmidt und Mary in den nächsten Tagen zum Kaffee einladen“, schlägt Frau Konfusi vor. „Ach, am besten Sie kommen mit ihrer Frau und Marco auch gleich mit. Ich backe uns einen schönen Kuchen.“
„Lass uns doch gleich klingeln und uns zurück melden“, sagt Professor Konfusi als sie das Haus betreten. Er bleibt vor Oma Schmidt’s Tür stehen und drückt den Klingelknopf.
Ihnen öffnet eine verzweifelt dreinblickende Oma Schmidt.
„Gut, dass Sie wieder da sind!“, stöhnt sie und bittet das Ehepaar auf einen Sprung in die Wohnung zu kommen.
Herr und Frau Konfusi, die sich nicht erklären können, was Oma Schmidt so aus der Fassung gebracht hat, erkundigen sich sofort, ob alles in bester Ordnung ist und wo denn Mary stecke.
„Das Kindchen ist in der Uni“, erklärt die Großmutter. „Sie ist ja so ein nettes Persönchen. Ein bisschen mehr essen müsste sie schon, so dünn wie sie ist. Und die Kleidung, die sie aus Amerika mitgebracht hat, lässt wirklich zu wünschen übrig. Ich muss unbedingt ein paar Ausbesserarbeiten vornehmen, aber ich sehe so schlecht, dass ich den Nähfaden fast nicht mehr durch das Nadelöhr bekomme. Außerdem zittern meine Hände auch ein bisschen. Liebe Frau Konfusi, wenn sie bitte…“
Mit diesen Worten hält ihr Oma Schmidt Nadel und Faden hin.
„Heute Vormittag habe ich schon eine Hose geflickt. Sie ahnen ja nicht wie die ausgesehen hat. Es war eine ziemlich aufwendige Arbeit, das alles wieder einigermaßen hinzubekommen. Schauen Sie sich das nur mal an!“
Frau Konfusi nimmt die ihr hingehaltene Hose in die Hand und betrachtet die notdürftig zugenähten Löcher und Risse rund um das Knie. Danach reicht sie die Hose an ihren Mann weiter. Doch bevor irgendjemand etwas sagen kann, hat sie schon ein weiteres Exemplar von Oma Schmidt in die Hand gedrückt bekommen.
„Schauen Sie sich das nur mal an! Unzählige aufgescheuerte Stellen und auch noch ausgefranste Hosensäume, da kann ich ja bis heute Nacht sitzen und nähen. Meine Enkelin wird sich wundern, wenn sie die geflickten Hosen morgen in ihrem Zimmer vorfindet. Aber was tut man nicht alles für die Enkel…“,erklärt Oma Schmidt. „Oder meinen Sie, die Arbeit lohnt sich gar nicht und ich sollte die Hosen zur Altkleidersammlung geben und Mary einfach Geld für neue Hosen schenken.“
Professor Konfusi, der sich bis jetzt zurückgehalten hat, nimmt seiner Frau die Hosen aus der Hand und betrachtet Oma Schmidt’s Näharbeit.
„Ich glaube wirklich, dass Sie sich viel Mühe gegeben haben, liebe Oma Schmidt. Aber mit Sicherheit wird sich ihre Enkelin nicht darüber freuen. Möglicherweise bekommt sie sogar einen Wutanfall.“
„Den habe ich schon beim Nähen bekommen“, erklärt die alte Dame.
„Schauen Sie, diese Löcher und Risse sind sehr modern, man nennt solche Hosen „Destroyed Jeans“ und diese verfranzten Hosen sind sogenannte „Distressed Jeans“, versucht Professor Konfusi aufzuklären.
„Hören Sie auf mit diesen amerikanischen Worten, die ich sowieso nicht verstehe! Das ist alles billiges „Gelump“ und taugt nichts“, schimpft Oma Schmidt.
In dem Moment, als Professor Konfusi Oma Schmidt vorsichtig zu erklären versucht, dass sie wohl gemeinsam ihre Näharbeit wieder auftrennen müssen, bemerken sie Mary. Diese steht vollkommen entgeistert im Türrahmen und ruft erschrocken aus:
„Oh grandma, you have destroyed my brandnew „Destroyed Jeans!“

 

 

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14 Kommentare

  1. jetzt habe ich doch einmal laut gelacht
    jaaa..
    ich habe früher auch die Hosen meiner Tochter noch mit Stoff hinterlegt und geflickt
    heute kauft man sie gleich so kaputt
    die Zeiten haben sich geändert ..
    heute gehe ich auch mit Jeans in die Kirche 😉
    aber mit ganzen
    wäre früher undenkbar gewesen
    und ja.. meinem Mann habe ich Bügelfalten in die Jeans gebügelt .. hihi
    liebe Grüße
    Rosi

    • Astrid Berg sagt

      Ich trage auch sehr gerne Jeans. Sie sind einfach praktisch und inzwischen sind sie auch ausgehfein. Diese sogenannten destroyed Jeans habe ich allerdings nicht und habe sie auch niemals haben wollen. Das ist dann doch nicht mein Stil. Ich trage auch gerne Kleider, Röcke und Stoffhosen.
      Liebe Grüße zur Guten Nacht
      Astrid

  2. Hallo liebe Astrid,
    *lautlach* diese süße Geschichte erinnert mich an meine Oma.
    Meiner erste Jeans… oh Gott das war für Oma schlimm „wie kann man nur solche Hose anziehen und dann noch am Sonntag “ Sie hat sie gehasst und ich habe sie geliebt.
    Aber irgendwann hat sie mürrisch akzeptiert das auch ihre Enkelin so eine amerikanische Arbeitshose anzieht und hat mir auch etwas auf die Taschen gestickt, nachdem ich sie ganz lieb drum gebeten habe.
    Oma ist/war doch die BESTE 🙂

    Liebe Grüße
    Biggi

    • Astrid Berg sagt

      Leider hatte ich keine Oma mehr, die mir Bügelfalten in die Jeans gebügelt oder Blümchen auf die Hosentaschen gestickt hätte. Schade.
      Liebe Abendgrüße
      Astrid

  3. Upps, das war wohl dumm gelaufen 🙂 Meine Schwiegermutter heißt Mary und ist Schneiderin. Sie hat früher immer die Kleidung unserer Jungs kontrolliert, ob der Bund nicht zu eng ist, ob nichts am Po kneift usw.
    Lachen musste ich bei dieser Geschichte. Ja, so ändern sich die Zeiten und Geschmäcker.
    Liebe Grüße von Kerstin.

    • Astrid Berg sagt

      Hallo liebe Kerstin,
      ich freue mich, dass Du wieder da bist. So schnell gehen die Urlaubstage vorbei, aber ich hoffe Du hast Dich gut erholt.
      Ich glaube allein die Einführung der Jeans war damals schon eine kleine Revolution und jetzt auch noch diese „Destroyed jeans“ 🙂 . Die Mode geht manchmal schon seltsame Wege. Die Jeans ist allerdings nicht mehr wegzudenken und ich trage sie auch sehr gerne, allerdings ohne Löcher und Risse.
      Herzliche Grüße
      Astrid

  4. Jetzt musste ich echt schmunzeln. Wenn ich mit meinem Mann unterwegs bin und er sieht DIESE Hosen, geht es los: „Wie kann man nur so herum laufen … und dafür bezahlen die auch noch soooo viel Geld … verstehe ich nicht.“ — In der Beziehung schließt sich mein Mann der Meinung von Oma Schmidt voll an!! — Danke für die tolle Geschichte! LG Martina

    • Astrid Berg sagt

      Hallo liebe Martina,
      Ich glaube Oma Schmidt und Dein Mann stehen mit ihrer Meinung nicht alleine auf weiter Flur 🙂 . Aber jeder sollte sich so kleiden, wie es ihm gefällt und wie er sich wohlfühlt, zumindest in seiner Freizeit.
      Ich wünsche Dir eine gute Nacht
      Astrid

    • Astrid Berg sagt

      Ja, so ändern sich die Zeiten! Aber seltsamerweise werden auch Dinge, die man früher weggeworfen hat, heutzutage wieder „in“. Man denke nur, wie man heutzutage „Oldtimer“ bestaunt, – sogar für die Fahrt eines Hochzeitspaares zur Kirche werden sie wieder hervor geholt.
      Das Leben ist eben EIN EWIGES AUF UND NIEDER UND IMMER WIEDER 😉
      Liebe Wochenendgrüße
      Astrid

  5. Liebe Astrid,
    sofort musste ich an die Jeans von meinem Bruder denken. Die bekamen damals Bügelfalten von unserer Omi verpasst. 🙂

    Liebe Grüße
    Traudi

      • Astrid Berg sagt

        Auf diese Idee kam meine Mutter zum Glück nicht. Sie fand sich damit ab, dass alle so rumliefen. 🙂
        LG
        Astrid

    • Astrid Berg sagt

      Oh ja, das konnten damals viele ältere Menschen nicht verstehen, wie man plötzlich „Arbeitshosen“ im Alltag anziehen kann und dann auch noch ohne Bügelfalten.
      Sei herzlich gegrüßt
      Astrid

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