Es ist verdammt lange her, aber an manche Dinge erinnert man sich, als sei es erst gestern passiert. Wenn der richtige Schlüsselreiz kommt, dann fällt es einem wieder ein. Es ist so, als würde sich im Gehirn irgendwo eine Schublade öffnen, in denen Fotos und die dazu passende Geschichte gut verwahrt liegen, – und das schon seit Jahrzehnten. Mit dem nötigen Abstand kann man dann möglicherweise sogar über das lachen, was man in dem damaligen Moment gar nicht so witzig fand.
„Lass uns etwas Gutes trinken“, fordert mich Peter auf. „Entweder du kochst uns einen guten Tee oder ich hole uns einen edlen Tropfen aus unserem Weinvorrat.“
Komisch, aber genau bei diesen Worten macht es auf einmal bei mir „Zoom“ und schon öffnet sich die besagte Schublade.
„Hol mal eine Flasche Wein!“
Während Peter meinem Befehl Folge leistet, stelle ich einen bestimmten Gegenstand aus dem Küchenschrank neben die Weingläser. Ich will mal sehen, ob ich meinem Mann ebenfalls einen Schlüsselreiz liefern kann, damit ihm die Geschichte von damals einfällt.
Als Peter zurückkommt, schenkt er den Wein in die Gläser ein und schiebt dabei den Gegenstand achtlos zur Seite. Anscheinend hat es bei ihm weder „Klick“ noch „Zoom“ gemacht. Also muss ich ihm auf die Sprünge helfen, indem ich ihn nach dem ersten Schluck frage:
„Der ist aber lieblich genug, oder?“ Bei diesen Worten drehe ich scheinbar gedankenverloren an dem besagten Gegenstand ( von dem ich erst später verrate, welcher es ist ).
Peter gibt mir hierauf keine Antwort, sondern stellt eine Gegenfrage: „Kannst du dich noch an den Vermieter meiner Studentenbude erinnern?“
„Es hat geklappt!“, sage ich. Wir prusten beide vor Lachen los und ergänzen uns gegenseitig beim Erzählen der Geschichte:
Peter wohnte damals in einer Studenten-WG in einem Vorort von Darmstadt. Da ich in Gießen studierte, sahen wir uns immer nur am Wochenende, wenn jeder zu seinen Eltern nach Hause fuhr. Das reicht aber bekanntlich Verliebten nicht immer aus und deshalb besuchten wir uns hin und wieder gegenseitig am jeweiligen Studienort. So auch an diesem Tag. Ich war bei Peter zu Gast. Sein Vermieter, der im gleichen Haus wohnte, hatte mich kommen gesehen und ergriff die Gelegenheit, um uns für den Abend auf ein Gläschen Wein einzuladen. Das war jetzt nicht gerade unsere Vorstellung von einem gemeinsamen Abend, aber wie heißt es so schön: „Ein Gläschen Wein in Ehren, kann niemand verwehren!“ Wir sagten also für ein Stündchen zu.
Peter hatte mir bereits schon von seinem Vermieter erzählt. Dieser war ein großer kräftiger Mann, kurz vor dem Rentenalter und als Hausmeister in einem Supermarkt tätig. Das war auch der Grund warum er immer in seinen blauen Arbeitslatzhosen herum lief. Ich kannte ihn jedenfalls nur so und Peter hat ihn in all den Jahren auch niemals anders gesehen. Es war ein netter und freundlicher und lustiger Mensch, der immer von den Buben sprach, wenn er die ausschließlich männliche Studenten-WG in seinem Haus meinte. Manchmal, wenn in unserer Garage eine Aufräumaktion angesagt ist, erinnern wir uns seiner. Bevor dieser nämlich sein Auto in die Garage fahren konnte, musste er zunächst einen großen Karton wegstellen, dann kam das Auto rein und zum Schluss stellte er den Karton auf das Autodach. Am Morgen ging es dann umgekehrt.
Als Mitarbeiter eines Supermarktes erhielt er immer recht günstig Weintrauben, z. T. auch solche, die nicht mehr verkauft werden konnten. Daraus „kreierte“ er dann den Wein für seinen Eigenbedarf.
Wenn an bestimmten Wochentagen aus dem Radio die Sendung „Von Mikrofon zu Telefon“ (oder umgekehrt?) erklang, hörten die Buben ihn immer mitsingen und vermuteten ihn vor seinem Wein sitzend. Keine Ahnung, ob es sich bei den Liedern um Schlager oder Volkslieder handelte, jedenfalls animierten sie zum Mitsingen und zum Anrufen, um den sich eigenen Musikwunsch erfüllen zu lassen.
An diesem Abend waren wir also eingeladen und standen auch pünktlich vor der Wohnungstür. Seine Frau empfing uns freundlich und bot uns an, doch im Wohnzimmer Platz zu nehmen.
„Und jetzt trinken wir ein Gläschen Wein“, verkündete Peters Vermieter und schon eilte seine Frau und holte die Gläser herbei.
„Ich bin eigentlich kein Weintrinker “, versuchte ich es vorsichtig und hoffte etwas Antialkoholisches angeboten zu bekommen. Leider vergebens. Der erste Schluck muss wohl schon meine Geschmacksknospen leicht irritiert haben, denn ich probierte einen neuen Vorstoß aus: „Ich trinke, wenn überhaupt, dann eher etwas lieblicheren Wein.“
„Ach, das ist gar kein Problem“, meinte der Vermieter, warf seiner Frau einen Blick zu und wies mit dem Kopf in Richtung Küche. Diese verstand anscheinend sofort, was ihr Gatte damit zum Ausdruck bringen wollte und stand auch schon mit einem kleinen Fläschchen vor mir, aus dem sie einige Tropfen in meinen Wein träufelte und meinte:
„Kosten Sie mal! Ist er jetzt süß genug?“
Ob ich dieses Glas, in welchem sich der mit Süßstoff verfeinerte Wein befand, jemals leer getrunken habe, ist mir entfallen.
„Aber es kam ja noch besser!“, ereifert sich Peter und verräumt den Süßstoff, den ich auf unseren Tisch gestellt habe, um Peter einen Schlüsselreiz für diese Geschichte aus vergangenen Tagen zu liefern.
„Eines Abends stand er vor unserer Wohnungstür“, erzählt Peter. „Er hatte ein Fässchen Wein unter dem Arm und meinte: ‚Ihr Buben, jetzt trinken wir einen zusammen!‘.“
„Und habt ihr das Fässchen geschafft?“, erkundige ich mich bei meinem Mann.
„Klar! Es war ein recht lustiger Abend, aber am nächsten Morgen ging es uns allen total schlecht und das lag ganz bestimmt daran weil die Trauben, die er immer für seinen Wein genommen hat, geschwefelt waren.“
Bevor Peter weiter erzählt, stoßen wir mit den Gläsern an und genießen unseren guten Tropfen Wein.
„Ich habe mich damals trotzdem in die Vorlesung gequält. Mir ging es sooo schlecht, dass ich mich schon am Parkplatz übergeben hatte und dann musste ich auch noch ausgerechnet in die Vorlesung, die sowieso bei allen Studenten äußerst unbeliebt war und eher die Kopfschmerzen und das allgemeine Unwohlsein noch zusätzlich verstärkten. Selbst der Professor hat mich angesprochen und gefragt, ob es mir nicht gut ginge, weil ich so schlecht aussehen würde. Den Rest hat mir dann später ein Kommilitone erzählt, der zufällig am Vorlesungssaal vorbeiging.“
Inzwischen kann ich mir nur noch den Bauch vor Lachen halten, denn ich weiß genau, was dann passiert ist. Auch Peter lacht erst einmal herzhaft, um dann die Geschichte zu vervollständigen:
„Laut dem besagten Kommilitonen, wurde auf einmal die Tür vom Vorlesungssaal aufgerissen und ich kam mit vorgehaltener Hand herausgestürzt, direkt auf einen Mülleimer zu, in den hinein ich dann wohl den bösen Geist des Weines vom Vorabend aus meinem Magen heraus entleert habe. Er meinte später einmal zu mir, es sei ein Bild für die Götter gewesen, zumal er zunächst gedacht hatte, mir sei von der unbeliebten Vorlesung so schlecht geworden, dass ich mich übergeben hätte müssen.“
So ist das eben mit den guten und bösen Geistern und den Geistern, die man selber rief. Seither nehmen wir den Wein, den wir trinken immer genau unter die Lupe und trinken nur noch den mit den guten Geistern.
Guten Tag, liebe Astrid, ich grüße Dich herzlich.
Meine Erinnerungen aufzuschreiben (http://www.blogoma.de), hatte mir sehr viel Freude gemacht. So tauchte ich nochmals in meine Kinder-und Jugendzeit ein. Aber auch andere zurückliegende Ereignisse werden damit wieder lebendig.
Mein Blog ist ein Tagebuch meiner unterschiedlichsten Aktivitäten.
Kurz vor Weihnachten und bis jetzt, hatte ich keine Zeit für das Blogschreiben. Aber man wird in nächster Zeit wieder öfters was von mir zu lesen bekommen.
Ich wünsche Dir ein gutes und gesundes Neues Jahr und bis zum Wiederlesen tschüssi und winke, winke, Brigitte, die Dich in den Blogroll aufgenommen hat.
Hallo Brigitte,
danke, dass du mich in deiner Blogroll aufgenommen hast, das freut mich sehr. Ich habe zur Zeit noch keine Blogroll erstellt, aber ich habe in deinen Kommentar deine www Adresse eingefügt. Freue mich auf das gegenseitige Besuchen.
Alles Liebe und Gute
Astrid