Weihnachten & Ostern
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Total überraschend und unverhofft

Jedes Jahr nehme ich mir vor mich rechtzeitig auf Weihnachten vorzubereiten. „Gleich wenn wir aus dem Sommerurlaub kommen, schreibe ich mir alle Wünsche auf, die ein Familienmitglied so nebenbei erwähnt. Wenn ich etwas sehe, was einer von uns brauchen könnte, dann besorge ich das auch gleich“, überlege ich mir. Seltsamerweise wird nie etwas aus diesem guten Vorsatz und es ist jedes Jahr das selbe Spiel: Weihnachten kommt immer total überraschend und unverhofft.

Bedingt durch unseren diesjährigen Aufenthalt in Abu Dhabi und Bangkok in den Wochen vor dem ersten Advent war für uns Weihnachten noch überraschender. Es war wie ein Sprung ins kalte Wasser. Umso intensiver sind jetzt unsere Bemühungen wieder in den Tritt zu kommen, d.h. alles zu erledigen, was eigentlich schon erledigt hätte sein sollen. Und das ist nicht gerade wenig. So werden jetzt Plätzchen gebacken, Einkäufe getätigt, die Gans bestellt, Geschenke gekauft, Weihnachtsfeiern vorbereitet und besucht, Weihnachtsschmuck hervor gekramt, der Weihnachtsbaum wird ausgesucht, aufgestellt und geschmückt. Die Mütter müssen aus einer Entfernung von sechshundert Kilometern abgeholt werden. Alles muss für das Festessen vorbereitet sein, nichts darf fehlen. Und das alles neben der eigentlichen und täglichen Arbeit, dem Beruf, den Terminen und Schriftlichkeiten. Der Kopf schwirrt, die Hektik bricht herein und der Stress ist da.
Ich frage mich: „Wo bleibt die viel besungene Besinnlichkeit?“
Man sollte sich Nischen schaffen, Momente der Ruhe und Besinnlichkeit, sonst bleibt nicht nur die Vorfreude auf der Strecke, sondern auch das Fest selbst.
„Und das ist nicht Sinn der Sache“, überlege ich mir. „Weihnachten ist etwas anderes als Hektik und Stress.“
Die Christen feiern an Weihnachten die Geburt Jesu und das seit über 2000 Jahren. Egal ob mit christlichem Hintergrund oder ohne, in jedem Fall ist es ein Fest der Familie und der Liebe, aber heutzutage rückt der Mensch alles andere in den Vordergrund. Der Perfektionismus ist wichtiger geworden als die Sache selbst.
„So will ich das nicht!“, beschließe ich, öffne unseren Schrank mit den Fotoalben und fange an zu stöbern.
„Da liegen ja auch meine alten Tagebücher“, stelle ich fest. „Mal sehen, was in meiner Jugend so um die Weihnachtszeit los war.“
Mit 13 Jahren, so lese ich und erinnere mich wieder, hatte ich einen heimlichen Verehrer, der mir ein Päckchen mit einem Teddy und einer Kette mit einem Herzchen schickte.
Mit 15 schenkte mir meine Mutter ein Armband, das sie einst von meinem Vater geschenkt bekam, im zarten Alter von 17 Jahren war ich verliebt und mit achtzehn Jahren saß ich Weihnachten gemeinsam mit meiner Mutter am Krankenbett meines Vaters, der in der Adventszeit einen Herzinfarkt erlitten hatte.
Mit 19 erlebte ich dann meine ersten Weihnachten mit meinem geliebten Peter und im Sommer darauf finde ich den letzten Eintrag in meinem Tagebuch. Jetzt konnte und kann ich ja mit ihm alle meine kleinen und großen Freuden und Sorgen teilen.
Ich blättere nun in den Fotoalben und finde ein Foto, auf dem unser damals fünfmonatiger Sohn Timo, Peter und ich abgebildet sind und zeige es Peter.
„Ich kann mich noch ganz genau erinnern, das war ein ganz schönes Hin und Her!“, meint er.
Wir hatten einen Termin beim Fotografen vereinbart, weil wir den stolzen Großeltern von Timo zum Weihnachtsfest ein Bild von uns Dreien schenken wollten.
„Na ja“, grinse ich. „Erkläre mal einem Baby, dass es genau in die Kamera schauen und nach einer Stunde immer noch fröhlich lachen soll!“
Die Fotografin hatte sich richtig Mühe gegeben, immer mit einem Spielzeug oberhalb der Kamera gewackelt und komische Laute von sich gegeben. Trotz aller Bemühungen fand unser Sohn anscheinend alles andere im Raum interessanter als das Quietscheentchen der Fotografin. Auf jeden Fall hatte die Fotografin keine einfache Aufgabe zu erfüllen, aber sie versuchte sich tapfer der Sache zu stellen. Allerdings hatte Timo nach fast einer Stunde die Nase gestrichen voll, so dass er dies auch deutlich zum Ausdruck brachte. Und genau in diesem Augenblick schaute er direkt in die Kamera und die junge Frau drückte auf den Auslöser. Was herauskam, war ein unvergesslicher Moment, in dem Timo grimmig in die Kamera schaute und einen Schmollmund aufsetzte. Und genau dieses Foto fanden wir soooo süß, dass wir es rahmen ließen und verschenkten. Noch heute hat eben dieses Foto in unserem Heim einen Ehrenplatz.
In meinem Kopf ziehen plötzlich viele Weihnachtsabende vorüber:

Zu einem Weihnachtsfest, ich war damals zehn Jahre alt, erhielt ich meine erste mechanische Schreibmaschine. Ich sehe mich noch, als ich im Wohnzimmer mehr oder weniger unter dem Weihnachtsbaum begann meine erste Geschichte zu tippen, während meine Eltern auf dem Sofa eingeschlafen waren. Die Hauptperson hieß Dhana, soviel weiß ich noch, mehr aber nicht mehr.

Meist durfte ich schöne Weihnachten erleben, doch es gab auch traurige Weihnachten oder solche, die durch die kommenden Ereignisse zu traurigen wurden. So zum Beispiel das letzte Weihnachtsfest mit meinem Vater, dem im darauffolgenden Frühjahr eine schwere Herzoperation bevorstand und der davon überzeugt war, diese nicht zu überleben, was sich leider auch bewahrheitet hat. So konnte er unsere zwei Jahre spätere Hochzeit nicht mehr miterleben und hat nie seinen Enkelsohn kennengelernt, über den er sich mit Sicherheit sehr gefreut hätte.
Traurig denke ich auch an das letzte Weihnachtsfest mit meinem Schwiegervater zurück, der dann in den ersten Wochen des neuen Jahres verstarb.
Wenn ich bei Dunkelheit durch die weihnachtlich erleuchteten Straßen gehe oder fahre und die vielen Lichter hinter den Fenstern sehe, denke ich manchmal:
„Wie mag es den Menschen hinter diesen Fenstern ergehen? Welche Freude oder welches Leid mag sich dahinter verbergen?“
Das Märchen von Hans Christian Andersen, das von dem kleinen Mädchen mit den Schwefelhölzchen erzählt, kommt mir in den Sinn. Dieses Mädchen ist in einer kalten Winternacht erfroren. Auch kann ich mich an eine Erzählung von Werner Wollenberger erinnern, die auf einer wahren Begebenheit beruht und in der ein todkrankes Mädchen noch einmal Weihnachten erleben möchte. Ein ganzes Dorf spielt mit, wenn Weihnachten auf den 2. Dezember vorverlegt wird, weil das Mädchen es sonst nicht mehr erlebt hätte. Es stirbt 2 Tage nach dem Fest. (de.wikipedia.org/wiki/Janine_feiert_Weihnachten, Stand: 10.12. 2014)

Ich denke das lässt uns erkennen:
Weihnachten ist mehr als nur Tannenbaum, Festessen, Geschenke und Besinnlichkeit.
Wir sollten unsere Herzen öffnen, mit Freude und Liebe aufeinander zugehen, – aber nicht nur zur Weihnachtszeit!

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