Kurzgeschichten
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Mensch ärgere dich nicht!

Wer auch immer dieses Spiel erfunden hat, hat den Nerv der Menschheit getroffen. Zu den Eigenschaften des Menschen gehört es nämlich sich unter anderem zu freuen und sich zu ärgern. Diese Gefühlsregungen spielen sich in jedem von uns ab und haben oftmals auch Auswirkungen auf unsere Umwelt. Freuen wir uns, so strahlen oder lachen wir und stecken nicht selten andere damit an. Ärgern wir uns, so bekommt das meist unser Gegenüber ebenfalls zu spüren. Wir schimpfen dann, setzen einen verärgerten oder gar grimmigen Gesichtsausdruck auf und verspüren eher negative Gefühle.

Mein Gesichtsausdruck ist in diesem Augenblick eher der zweiten Gefühlsregung zuzuordnen. Ich habe meinen beiden Männern (Gatte und Sohn) bestimmt schon hundertmal gesagt:
„Wischt doch bitte nach dem Rasieren eure Barthaare weg!“Und auch heute rufe ich es genau in dem Augenblick nach unten, als mein Mann nach einem Einkauf im Baumarkt zur Haustür hereinkommt. Seine Antwort zeigt weder etwas von Reue noch einen Funken Verständnis für meine Verärgerung. Im Gegenteil, er ruft einfach nur nach oben:

„Diese ewige Putzerei ist doch nicht normal!“

Da könnte ich mich doch schon wieder ärgern. „Als wäre ich ein Putzteufel“, denke ich, wische noch den Spiegel schön blank und poliere die Badarmaturen. Danach marschiere ich nach unten, um die Einkäufe meines Mannes zu begutachten.
„Hoffentlich hast du die richtige Farbe mischen lassen“, sage ich und begutachte den Farbeimer.
„Na klar, genau nach der Farbkarte, die wir neulich ausgesucht haben. Obwohl ich persönlich die Küche einfach wieder nur weiß streichen würde.“
„Das ist doch total langweilig“, verteidige ich die Farbentscheidung. „Außerdem ist dieser zarte Grünton doch nur ein leicht grünlich getöntes Weiß. Sieht bestimmt toll aus“, bekräftige ich unseren Beschluss.
„Na ja, erst müssen wir einmal alles abkleben und dann fange ich mit der Decke an. Hol doch schon mal die Lammfellrolle zum Streichen aus der Garage!“
„Welche Lammfellrolle meinst du eigentlich?“, frage ich zwei Minuten später. „Ich habe nur die einfache Rolle hier gefunden!“
„Ach, weißt du was, ich fahre noch mal schnell in den Baumarkt und hole mir eine. Braucht man eh‘ immer wieder“, beschließt Peter und ist auch schon auf dem Weg zu seinem Auto.
Als er wieder zurück ist, steht er mit einem großen Karton vor unserer Haustür und verkündet freudestrahlend:
„Das hier ist was ganz Tolles. Ich habe das mal so gemacht wie du immer im Baumarkt und habe mich vor einen Bildschirm gestellt, auf dem sie immer  Videos mit Werbung laufen lassen. Und da haben sie dieses Ding hier angepriesen. Damit soll die Streicherei viel schneller und kinderleicht von statten gehen. Ich dachte mir, wir probieren es einfach mal aus.“
Jetzt bin ich doch etwas verwundert, denn eigentlich ist mein Mann sehr praktisch veranlagt, handwerklich begabt, keineswegs leicht von Werbung zu überzeugen und führt solche handwerklichen Tätigkeiten auch eher auf die traditionelle Art und Weise aus.
„Was ist das denn für ein seltsames Ding?“, frage ich meinen Peter, der inzwischen schon mit Auspacken und Zusammenbau der Wundermaschine beschäftigt ist. Hierbei handelt es sich um einen elektrischen Farbroller, der mit einer Schlauchpumpe betrieben wird und dank eines langen teleskopartigen Stils und eines langen Schlauchs das Streichen von Zimmerdecken und auch von großen Wänden zum Kinderspiel werden lassen soll. Naja, und da bekanntlich in jedem Mann ein Kind steckt, ist auch mein Gatte von dieser Wundermaschine sichtlich angetan.
Inzwischen beginnt es draußen schon zu dämmern und ich bezweifele mittlerweile, dass wir heute noch mit der Streichaktion anfangen, geschweige denn fertig werden.
„Wollen wir nicht einfach mal ganz normal mit der Rolle anfangen zu streichen?“, erkundige ich mich vorsichtig und leicht verärgert über die ständige Verzögerung der geplanten Arbeit.
„Nein“, erklärt er mir. „Jetzt will ich das erst einmal ausprobieren!“
Sogleich macht Peter sich an die Arbeit und nimmt die Küchendecke in Angriff. Ich verfolge die ganze Sache sehr interessiert und würde es eigentlich auch gerne mal ausprobieren, aber Peter ist ganz in seinem Element. Obwohl hierbei angeblich nichts tropft, sind schon einige Farbkleckser auf seinen Haaren zu sehen. Das ist allerdings bei meinem Peter nichts Außergewöhnliches, wenn er streicht. Meist ist er trotz seiner Professionalität hinterher voller Farbe im Gesicht, an den Händen und der Kleidung. Er streicht eben immer gleich alles mit.
„Tja, so ganz überzeugt bin ich noch nicht!“, meint er nach der Fertigstellung der Decke. „Jetzt probiere ich es mal an der Wand aus.“
Zuerst heißt es alles wieder zu säubern, denn jetzt ist der leichte Grünton angesagt. Danach wird das eine Ende des Schlauchs in den Farbeimer gehängt und das andere Ende über die Schlauchpumpe an den Farbroller angeschlossen. Und los kann es gehen:
So schnell geht es nun auch wieder nicht.
„Vielleicht ginge es auf traditionelle Weise schneller“, überlege ich gerade, da meint Peter: „Irgendetwas stimmt hier nicht, da kommt ja fast gar nichts raus. Wahrscheinlich pumpt das Ding nicht richtig. Das muss ich erst einmal überprüfen.“
Ehe ich mich versehe, startet er seine Überprüfung und von da an geht plötzlich alles ganz schnell:
Peter nimmt den Schlauch in die Hand und knickt ihn unterhalb des Farbrollersstils ab, um zu überprüfen, ob die Pumpe auch mit Druck die Farbe nach oben an die Rolle befördert. Der Druck ist da. Die Farbe auch. Durch den Druck und den Knick baut sich jetzt allerdings ein Überdruck auf, es kommt in diesem Moment also sozusagen zu einem Farbstau und es passiert, was passieren muss. Es gibt einen Knall und der Schlauch ist geplatzt. Damit einhergehend spritzt die gesamte Farbe aus dem Schlauch in der Gegend herum. Peter versucht das Schlimmste zu verhindern, indem er sich zum Ausschalten der Pumpe in Richtung Gerät bückt. Dabei zieht er allerdings versehentlich ruckartig an dem Schlauch. Dies hat zur Folge, dass auch der Farbeimer, der auf meinem Küchentisch abgestellt ist, diesen Ruck zu spüren bekommt. Er beginnt zu wackeln und bevor noch eine rettende Hand hinzuschnellen kann, ist er umgekippt. Somit ergießt sich auch noch diese Farbe auf meinen Fußboden und bespritzt Tisch, Wände und auch meinen Peter.
„Oh Gott!“, rufe ich aus.
„Nichts passiert, nichts passiert!“, ruft hingegen mein Peter.
„Das kann ich deutlich sehen!“, ärgere ich mich jetzt aber.
„Der Schlauch muss schon irgendwo eine Macke gehabt haben“, erklärt er mir. Ich fahr jetzt in den Baumarkt und lasse mir einen anderen Schlauch geben.“
Da es zwischenzeitlich 10 Minuten vor Ladenschluss ist, rast er so wie er aussieht los. Ich hingegen bleibe zurück, versuche die Farbe zumindest von meinen Fliesen und meinem Küchentisch zu entfernen und bin nicht gerade bester Stimmung.

„Mensch ärgere dich nicht!“,

sage ich immer wieder zu mir selbst und als Peter eine halbe Stunde später wieder aufkreuzt, stehe ich auf der Leiter mit der üblichen Lammfellrolle in der Hand und habe schon mal angefangen eine Wand anzulegen. Peter lässt es sich jedoch nicht nehmen, mit dem automatischen Farbroller weiterzuarbeiten. Bevor er allerdings alles wieder zusammengebaut und vorbereitet hat, bin ich mit der Küchenstreicherei schon fast fertig. Er macht dann noch den Rest und hier und da ein bisschen Feinarbeit. Es sieht richtig toll aus. Mittlerweile lachen wir auch über dieses Missgeschick und gönnen uns zum Abschluss noch ein Gläschen Rotwein.

5 Kommentare

  1. „Baumärkte“ und Männer, verstehe das einer!!!!! Frau steht meist etwas platt davor wenn sie stuuuundenlang durch die Gänge traben , hie und da „entdecken“ und ausprobieren wollen! Da brauchts von FRAU tatsächlich , eine extra Prise Geduld und viel Verständnis, das widerum die Männer bei EINKAUF von Frau weniger haben.
    Eine lebendig lebhaft farbige Geschichte die mir wieder mehr als nur ein kleines Schmunzeln entlockte.
    Oh weh, …aber die Küche ist – zumindest Dank deiner tatkräftigen Hilfe g e s t r i c h e n …!
    Ist die gleiche Farbe heute denn noch dran, nachdem das alles schon weit über ein Jahr her ist? oder ist sie nun rosa oder schweinchenblau?..zwinker…
    hübsche und sehr lebensnahe Geschichten….lebhaft erzählt….schmunzel immer noch….und denke ein Glück, es war wohl nur Wasser und keine ölhaltige Farbe!
    herzlichst Angelface….

    • Astrid Berg sagt

      Im Baumarkt unserer Wahl sind wir eigentlich schon Stammgast. Wir werden immer freudig begrüßt und man nimmt sich Zeit für ein kleines Schwätzchen. Während mein Mann nach dem Werkzeug Ausschau hält, widme ich mich der Gartenabteilung oder der Bäderausstellung.
      Als er dieses Maschinchen kaufte, war er total begeistert, allerdings nur bis das Malheur passierte. Wir haben seither dieses Wunderwerk niemals wieder benutzt. Die Farbe gefällt mir immer noch, wobei mein Mann eher zu weiß tendieren würde.
      Herzliche Grüße
      Astrid

  2. Margrit Baumgärtner sagt

    Liebe Astrid,
    eine lustige Geschichte und ich muss sehr schmunzeln…ähnliche Erlebnisse hatte ich mit meinem Mann auch schon. Er ist ebenfalls handwerklich begabt und hat schon viele wichtige Arbeiten bei uns daheim ausgeführt. Nur der Ordnungssinn ist nicht so stark ausgeprägt, was zu immer wieder neuen – manchmal überflüssigen – Besuchen im Baumarkt führt. Ein ganz bestimmtes Werkzeug, gerade gekauft, fand sich dann durch Zufall in dreifacher Form im Keller wieder. Der Baumarkt ist des Mannes bester Freund !
    Liebe Grüße! Margrit

    • Astrid Berg sagt

      Liebe Margrit,
      ich heiße Dich herzlich willkommen auf meinem Blog und bedanke mich für den netten Kommentar.
      Das stimmt, mein Mann scheint den Baumarkt auch regelrecht zu lieben. Während er bei Kleidungseinkäufen dringende Termine hat, muss ich bei unseren Baumarktbesuchen auch unbedingt ganz dringend nach Hause oder bekomme plötzlich Kreuzschmerzen 😉
      LG und ich freue mich auf weitere gegenseitige Besuche
      Astrid

  3. Liebe Astrid, sei herzlich gegrüßt.
    Das war ja nun wirklich ein großes Malheur.
    Aber mit Ärger und Unmut bekommt man die Renovierung auch nicht hin.
    Da muß man Nerven behalten, auch wenns schwer fällt.
    So eine ähnliche Situation hat wohl schon jeder mal erlebt.
    Ich wünsche Dir einen guten Tag und sage tschüssi, Brigitte.

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