Neueste Artikel

Anton

Sabine, genannt Bienchen, ist mit ihren Eltern am Meer. Genauer gesagt am Mittelmeer, auf einer Insel. Bienchen ist erst 5 Jahre und dies ist ihre zweite Reise zum großen Wasser, wie sie das Meer nennt. Heute sind sie auf Besichtigungstour. Das ist ein bisschen langweilig, denn sie spielt am liebsten am Strand und baut mit ihrem Paps Burgen oder plantscht mit Mama und Papa im seichten Wasser.

Während ihre Eltern die Aussicht bewundern, schleckt sie ein Eis und sieht sich nach interessanteren Dingen um. Doch hier ist nicht viel. Sie sieht eine kleine Kapelle, ein paar Felsen, das Meer und den Himmel über ihnen. Doch dort vorne huscht etwas um die Ecke. Ein kleines Kätzchen. Sie läuft ihm entgegen, in der Hoffnung, dass es sich streicheln lässt. Dabei verliert sie ihren inzwischen leeren Eisbecher. Achtlos lässt sie ihn liegen.
„Hey, du da!“, hört sie auf einmal jemand rufen. „Was soll das denn?“
Sie dreht sich erschrocken um, kann aber niemand erkennen. Doch dann hört sie die leicht verärgerte Stimme schon wieder.
„Haben deine Eltern dir das nicht beigebracht?“
„Was?“, fragt sie ein bisschen ängstlich zurück und blickt sich irritiert um. „Wo bist du überhaupt?“
„Dreh dich ein Stückchen nach links, dann siehst du mich. Ich bin nicht zu übersehen!“
„Aber warum versteckst du dich jetzt vor mir, denn ich sehe niemand.“
„Ich bin ja auch kein Niemand!“, dröhnt es zurück.
„Wer bist du denn? Und komm endlich raus!“, fordert Bienchen den Unbekannten auf. Langsam wird es ihr unheimlich zumute und gerade als sie zu ihren Eltern zurücklaufen will, da sieht sie ihn.
Tatsächlich, er ist eigentlich nicht zu übersehen. Groß und rund mit vielen gelben und grünen Streifen steht er da und scheint sie anzulächeln.
„Na also, hast du mich endlich entdeckt!“, klingt es zu Bienchen herüber.
„Du kannst sprechen?“
„Ja, nur leider hören mich nicht alle Menschen. Viele sind zu unsensibel oder achtlos. Sie wollen mich weder hören, noch sehen. Außerdem, wer gibt sich schon mit einem Mülleimer ab?!“, sagt der gelb-grüne Kerl jetzt mit trauriger Stimme.
„Wieso?“, Bienchen tritt näher und plappert fröhlich darauf los. „Du bist doch sehr hübsch. Ich mag dich!“
„Dann gib mir doch bitte auch ganz schnell was zu essen, ich bin soooo hungrig!“
Bienchen läuft rasch zu ihrem Eisbecher zurück und bringt ihn zum Mülleimer. Sie stellt sich auf die Zehenspitzen und öffnet den Deckel, um den leeren Eisbecher einzuwerfen.
„Dankeschön!“ klingt es fröhlich zurück.
Bienchen wirft einen flüchtigen Blick zu ihren Eltern. Diese stehen unweit der kleinen Kapelle und beobachten eine Hochzeitszeremonie, die dort zufällig stattfindet. Schnell winkt Bienchen ihren Eltern zu. Die Hochzeit interessiert sie im Moment überhaupt nicht. Sie hat hier eine viel interessantere Bekanntschaft gemacht.
„Warum stehst du hier so alleine rum?“
„Oh, ich fühle mich nicht einsam. Ich habe den besten Platz mit der schönsten Aussicht auf das Meer. Und die Sonne wärmt mich jeden Tag. Die Katzen kommen oft und holen sich bei mir ihr Fressen ab, das die Menschen nicht mehr wollen und bei mir entsorgen. Manchmal fliegt auch eine Möwe über mich hinweg und lässt etwas zu mir herunterfallen.“
Sabine kichert, denn sie weiß, was die Möwe da fallen lässt.
„Mama sagt, das bringt Glück!“

Nach einem kurzen Moment des Schweigens macht sie vor der Tonne einen Knicks und stellt sich vor:
„Ich bin Sabine und wie heißt du eigentlich oder soll ich dich nur Mülleimer nennen?“, will sie wissen.
„Gestatten: Anton, mein Name!“, erwidert der Gelb-Grün-Gestreifte.
A wie Abfall,
N wie Nutzloses,
T wie Taschentücher, Tüten, Tageszeitungen, Trinkflaschen,
O wie Obstschalen, Ohrenstäbchen,
N wie Nussschalen,….“

„Bei uns darf man nicht alles in eine Tonne werfen“, erklärt Bienchen. „Wir haben eine Tonne für Plastik, eine für Papier, eine für Obst- und Kartoffelschalen, die Mama Biotonne nennt, eine für den Restmüll und am Parkplatz nebenan steht noch eine für Glas.“
„Du bist aber ein schlaues Mädchen“, lobt Anton sie. Hier bei uns bin ich alleine für Alles zuständig, aber vielleicht bekomme ich ja bald auch ein paar Kumpels, die mir bei der Müllsammlung helfen“, erwidert Anton. „Das wäre nicht schlecht, denn manchmal bin ich so voll, dass alles aus mir herausquillt und auf die Erde fällt.“
Sabine nickt und hebt ein Kaugummipapier von der Erde auf, um es Anton zu schenken.
„Sabine! Komm wir wollen weiter!“, ruft es in diesem Moment.
„Gleich!“, ruft das Mädchen zurück und schließt den Deckel der Tonne.
„Tschüss Anton! Ich werde oft an dich denken!“
Als Sabine eine Woche später mit ihren Eltern zu Hause die Urlaubsfotos betrachtet, da entdeckt sie die gelb-grün gestreifte Abfalltonne ganz klein auf einem der Bilder.
„Hallo Anton!“, ruft sie der Tonne in Gedanken zu. “Schön, dich kennengelernt zu haben!“

 

Vielleicht möchtet Ihr auch diese Geschichten noch lesen:

Der Geist des Weines

Meine ganz normale,chaotische Familie

Aus dem Leben meiner Küchenuhr

Sonne, Hitze und noch mehr

„Ach!“, hört man Oma klagen,

„das ist ja kaum noch zu ertragen.

Ich leide unter Kopfschmerzen,

das ist wirklich nicht zum Scherzen.“

 

„Das kommt von der Hitze,

sicher gibt es bald Donner und Blitze“,

meint der weise Opa nun.

„Du solltest besser ein bisschen ruh’n!“

 

„Ich spüre den Regen schon,

erklärt der Großvater genau die Situation.

„In meinen beiden Knie’n

hab ich schon dieses unerträgliche Zieh’n.“

 

„Das ist ein untrügliches Zeichen

da können Meteorologen erbleichen.

Ich und meine beiden Knie,

wir irren uns hundertprozentig nie.“

 

„Juhu!“, jubelt der kesse Enkelsohn

freudig strahlend und in frohen Ton.

„Wir haben heute hitzefrei!

Das ist super, klasse und einwandfrei!“

 

„Ich fahr’ jetzt ins Schwimmbad,

hole nur noch Badesachen und mein Rad!

Hausaufgaben gibt es nicht,

dieser Tag ist eindeutig ein Gedicht!!!“

 

„Wir geh’n jetzt mal ins Haus!“

Die Großeltern nutzen dort die Kühle aus.

Tim mag das kühle Nass,

findet den ganzen Tag spitze und superkrass.

 

Ob im Haus oder kühlen Nass,

zuviel Hitze macht dann doch keinen Spaß.

Jetzt heißt es trinken, trinken

bis die Sonnenstrahlen am Horizont versinken.

 

Passt alle gut auf euch auf,

damit nicht schlapp macht der Kreislauf.

Sich jetzt Ruhe gönnen,

hilft den Sommer genießen zu können.

 

 

Vielleicht möchtet Ihr noch das lesen:

Biergartenerlebnis

Alt und vergessen?

Jetzt melde ich mich zu Wort

 

 

 

Abenteuerliche Fahrt

Wir stehen vor dem Aufzug. Ich will gerade den Knopf drücken, damit sich dieser in Bewegung setzt und zu uns in das entsprechende Stockwerk fährt. Bevor ich allerdings meinen Finger in Richtung Knopf bewegen kann, erklärt mir mein Mann, was ich eigentlich ohnehin schon weiß:

„Man muss immer die Taste drücken mit dem Pfeil, der in die Richtung zeigt, in die man möchte! Hoch oder runter!“

„Aha!“, kommentiere ich die Belehrung.

„Das machen viele Leute falsch und dann wundern sie sich, dass die Sache mit dem Aufzug nicht klappt“, kommentiert er meinen Knopfdruck, auf den sich augenblicklich die Tür öffnet.

„Das ging jetzt aber echt schnell!“, sage ich zu dem jungen Paar das bereits im Aufzug steht. Sie lächeln mir entgegen und meinen:

„Ja, wir haben uns beeilt!“

„Ach“, mischt sich ein anderer Herr ein, der ebenfalls durch die Tür tritt. „Normalerweise stehe ich hier immer ewig und warte, bevor der Aufzug kommt und dann auch noch in die falsche Richtung fährt. Das ist schon seit Jahren so. Irgendetwas haben die hier wohl falsch programmiert.“

Zum Glück drängen noch zwei weitere Personen in den Lift, so dass meinem Mann die Chance für ein aufklärendes Gespräch genommen wird. Dafür fragt er grinsend:

„Wo soll es denn hingehen? Nach oben, nach unten, nach links oder rechts oder vom Bug zum Heck?“

„Nach unten!“, sagt die Frau.

„Wir fahren allerdings erst mal nach oben!“, erklärt ein anderer Mitfahrer.

„Egal“, meint die fremde Dame. „Alle Wege führen nach Rom.“

„Falsche Antwort“, denke ich mir. „Erstens wollen wir nicht nach Rom und zweitens gibt es keinen Aufzug von links nach rechts bzw. vom Bug zum Heck. Aber diesen Scherz hat sie wohl nicht vernommen oder nicht kapiert.“

Unser nächster Halt ist eine Etage weiter oben. Hier steht ein älteres Pärchen, das mitgenommen werden möchte. 

„Oh, der Aufzug ist ja schon voll!“, meint der nette ältere Herr.

„Immer nur herein in die gute Stube“, lächele ich den Beiden entgegen. „Wir rücken einfach zusammen!“

„Hier steht, dass insgesamt 12 Personen in die Aufzugkabine dürfen, also immer nur zusteigen“, lädt mein Mann ebenfalls zum Zutritt ein, der sich allerdings nicht so einfach gestaltet. 

Insgeheim zähle ich nun die Personen. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9. Okay, drei dürfen noch mit, es sei denn wir hätten die Höchstgrenze von 900 kg schon erreicht. Dass wir alle jedoch soviel Gewicht auf die Waage bringen würden, erscheint mir allerdings unwahrscheinlich. Trotzdem frage ich mich ehrlich gesagt, wo diese drei imaginären Personen in der engen Kabine noch Platz finden sollten.  Mein umherschweifender Blick bleibt an der Anzeige des Stockwerks hängen. Noch drei Etagen, dann wären wir da , wo wir hinwollen, bis auf die Dame, die eigentlich nach unten will und das junge Paar, das schon im Aufzug war und nach ganz oben auf die Sonnenterrasse möchte. 

Irgendein Witzbold scheint allerdings noch eine der drei vor uns liegenden Etagen gedrückt zu haben. Ob dies jemand im Flur oder in der Kabine war, lässt sich bei dem Gedränge innerhalb nicht mehr feststellen. So machen wir einen erneuten Halt, ohne dass von uns jemand aussteigen will. Jedenfalls nicht augenblicklich. Als der Aufzug wiederum seine Türen schließt, wird die Dame, die eigentlich nach unten will und ganz hinten steht, ungeduldig.

„Das dauert mir zu lange!“, ruft sie in die Runde und versucht sich in Richtung Tür zu quetschen. Kann jemand mal das nächste Stockwerk drücken? Ich laufe dann nach unten!“

Die ältere Dame ist so nett und betätigt die entsprechende Taste. Somit fahren wir noch eine Etage hoch, dann öffnet sich die Tür. Allerdings hat sich die entsprechende Frau noch nicht ganz nach vorne gearbeitet, was bedeutet, dass wir und ein weiterer Fahrgast aussteigen müssen, um sie herauszulassen. 

„So“, sage ich entschlossen. „Ich laufe das eine Stockwerk nach oben, wenn ich jetzt schon mal draußen bin!“

Mein Mann schließt sich mir an und wir erreichen über die Treppe unser Ziel, um allerdings an unserer Zimmertür festzustellen, dass wir die Karte für das Öffnen derselben gar nicht dabei haben und somit nochmals runter zur Rezeption müssen.

Die Frage, die sich uns jetzt jedoch stellt, ist folgende: Sollen wir auf den Aufzug warten und uns auf eine weitere abenteuerliche Fahrt einlassen oder gleich die Stufen hinuntereilen? Wenn wir schnell genug sind, können wir vielleicht die Dame noch einholen, die von Anfang an eigentlich nach unten wollte.

 

Vielleicht möchtet Ihr auch das noch lesen:

Glück im Unglück

Chaotischer Umzug

Familienausflug

 

So eine Aufregung

Eigentlich haben wir Fangen gespielt. Das macht richtig Spaß, aber irgendetwas ist wohl falsch gelaufen. Plötzlich waren die anderen nämlich weg. Erst haben sie mich hierher gelockt und jetzt sind sie alle verschwunden und haben mich hier allein gelassen. Ich frage mich nur, wo sie sind. Wahrscheinlich sind sie längst schon wieder draußen und spielen im Garten weiter Fangen. 

„Hey, was machst du hier drinnen?“, höre ich eine Frau empört rufen.

Meint sie etwa mich? Ich würde ja gerne raus, aber ich weiß nicht wo. 

„Sieh zu, dass du nach draußen verschwindest!“, schimpft sie mit mir und dann beginnt sie mir ihr Leid zu klagen:

„Ich dachte, dass ich heute mal Glück hätte. Ich habe extra erst den Wetterbericht gehört und sie haben für heute und morgen Wolken und Sonne gemeldet, aber keinen Regen. Also habe ich die Gelegenheit ergriffen. Meistens habe ich nämlich Pech und es regnet noch am selben Tag, spätestens aber am nächsten Tag.“

Bis jetzt weiß ich überhaupt nicht wovon diese Frau redet und was das alles mit mir zu tun haben soll. Bestimmt verwechselt sie mich. 

„Tja, der Regen bleibt mir wohl erspart und ich sollte mich im Grunde genommen darüber freuen. Aber dann bist du gekommen und du bist mindestens so schlimm wie Regen. Nein, noch viel schlimmer.“

Mmh? Was habe ich mit dem Regen zu tun. Klar, ich mag ihn auch nicht sonderlich. Ehrlich gesagt: Er ist mir nicht sympathisch. Aber mich mit ihm zu vergleichen oder gleichzusetzen ist einfach ungerecht. Ich bin doch vollkommen harmlos.

„Tu nicht so, als könntest du kein Wässerchen trüben und als seiest du dir keiner Schuld bewusst!“, schimpft sie weiter.

Ich bin mir keiner Schuld bewusst!!! Ich bin echt harmlos. Kein Mensch und kein Tier ist harmloser als ich.

„Wenn du kommst, kann ich die ganze Arbeit noch einmal machen. Verschwinde endlich, sonst wirst du mich kennenlernen!“, droht sie mir.

Noch näher kennenlernen will ich dich gar nicht. Du bist ziemlich unfreundlich zu mir und deshalb lege ich auch keinen Wert auf eine Bekanntschaft mit dir. Wenn du mich loshaben willst, dann zeig mir doch endlich den Weg nach draußen. Ich gebe mir ja alle erdenkliche Mühe hier rauszukommen, aber überall stoße ich an. Mach einfach die Tür auf oder eines dieser blöden Fenster, dann bin ich schneller weg als du bis drei zählen kannst.

 „Hier!“, brüllt sie mir entgegen und reißt die Tür sperrangelweit auf.

‚Prima, ein Fluchtweg!‘, denke ich noch, doch dann wedelt sie mit einem Geschirrtuch in der Luft herum. Das macht mich ganz wirr im Kopf und ich verliere vollkommen die Orientierung. Wo war doch nochmal gleich die offene Tür? Autsch, schon wieder habe ich mich gestoßen. Soll sie mich doch endlich in Frieden lassen. Ich will ja weg von hier.

„Begreifst du denn gar nichts, du Dummi! Das ist doch die falsche Richtung und wage dich ja nicht an eines meiner Fenster!“

Mir ist schon total schwindelig. Wenn sie mich doch endlich in Ruhe ließe, dann würde ich auch den Weg nach draußen finden. Ich brauche dazu einfach nur Ruhe und ein bisschen Zeit. Aber Geduld scheint ja nicht ihre Stärke zu sein.

„Warum wedelst du denn mit dem Geschirrtuch in der Luft herum?“, höre ich nun eine Männerstimme. 

„Ich versuche diese kleine freche Fliege zu verscheuchen, die mir meine frisch geputzten Fenster wieder beschmutzen will!“, antwortet die Frau.

„Ach, meinst du die kleine harmlose Fliege, die gerade an mir vorbei und zur Haustür hinausgeflogen ist?“

Genau, die meinst sie, denke ich mir und bin froh endlich im Freien und aus diesem Irrenhaus entkommen zu sein. Das war ganz schön aufregend. Ich muss erst einmal wieder zur Ruhe und zu Kräften kommen. Dort drüben steht ein Fenster offen, mal sehen, ob es dort was Interessantes gibt.

 

Vielleicht möchtet Ihr auch das noch lesen:

Flie

Professor Konfusi

Juhuu!!!

 

Vorsicht!!!

Wir sind gerade dabei unsere Samstagseinkäufe zu tätigen, da kommt mein Göttergatte auf eine hervorragende Idee.

„Wollen wir uns nicht hier beim Bäcker einen Kaffee gönnen? Dort drüben ist gerade ein Tisch frei geworden.“

„Ja, auf einen Latte Macchiatto hätte ich auch Lust“, antworte ich und marschiere schon auf den Tisch zu, um dort meine Jacke hinzulegen und damit gleichzeitig den Platz zu reservieren. Peter stellt sich unterdessen an der Theke an, um zu bestellen. Ich brauche sicher nicht zu erwähnen, dass sich zu den Kaffeespezialitäten auch noch jeweils ein Stück Kuchen gesellt. Die mahnende innere Stimme, die uns „Vorsicht Kalorien!“ entgegenruft, weisen wir mit dem Gedanken „Das Abendbrot fällt dann halt kleiner aus!“ erfolgreich zurück.

Als die Teller leer, aber die Trinkgefäße noch zur Hälfte gefüllt sind, genießen wir den Kaffee jeder auf seine eigene Art. Während Peter in einer Zeitung liest, lehne ich mich entspannt zurück und betrachte das Geschehen um mich herum. Dabei fallen mir zwei Frauen auf, die auf die gleiche Idee gekommen sind wie wir und sich an diesem Nachmittag etwas Leckeres gönnen. 

Die Erste nimmt bereits am Nachbartisch Platz während die andere gerade versucht ihr vollgeladenes Tablett von der hohen Bäckertheke zu ziehen, das allerdings irgendwo festhängt. Mein Blick beißt sich an einer Plastikflasche fest, in der sich ein halber Liter gelber Limonade befindet. Diese steht auf dem Tablett gleich neben der randvoll gefüllten Kaffeetasse.

„Vorsicht! – Oh, oh!“ entfährt es mir, doch die Frau schafft es das Tablett nebst Beladung sicher an sich zu nehmen. Jetzt tritt sie ebenfalls ihren Weg zu unserem Nachbartisch an.

„Gleich passiert es!“, flüstere ich meinem Mann zu, der verwirrt aufblickt und sich interessiert erkundigt: „Was denn?“

„Na, die Flasche… hundertprozentig kippt sie gleich um und fällt gegen die Kaffeetasse!“

„Oh, oh! Vorsicht!“, meint nun auch Peter als er den Balanceakt sieht, den die besagte Frau mit dem Tablett vollführt. „Ich kann gar nicht hinschauen“, fügt er noch hinzu bevor er den Blick abwendet.

Ich für meinen Teil erwarte jedoch das Unheil in Sekundenschnelle und betrachte gebannt das Wanken und Schwanken von Frau und Flasche.

„Wusste ich es doch!“, rufe ich im nahezu selben Moment aus, als die Flasche ihre Standhaftigkeit verliert, mit einem Schlag auf dem Tablett umkippt, die Tasse haarscharf verfehlt, aber genügend Wucht hat, um die das Tablett tragende Frau zu erschrecken. Gleichzeitig durchzieht diese ein schreckhaftes Zucken, was zum erneuten ruckartigen Ausbalancieren des Tabletts und zum Überschwappen des Kaffees führt. 

„Das war ja zu erwarten“, bestätigt mir nun auch Peter, der neugierig aufblickt.

Ehrlich gesagt, kann ich mir ein Grinsen kaum verkneifen. Es ist allerdings nicht die Schadenfreude, die meine Mundwinkel in die Höhe zieht, sondern meine Erinnerung an ein ähnliches Ereignis, bei welchem ich die Protagonistin war.

„Weißt du noch, als es mir beinahe ebenso erging?“, frage ich Peter, erzähle aber gleich weiter: „Damals stellte mir die Verkäuferin mein hochstieliges gefülltes Teeglas auf eine  auf dem Tablett befindliche unpassende Untertasse. Ich balancierte ebenso wie die besagte Dame. Doch als das Teeglas verdächtig zu Schwanken begann, marschierte ich einfach auf einen mir unbekannten Mann zu. Dieser sprang auf, ergriff geistesgegenwärtig das schwankende Glas und errettete mich sozusagen.“

„Scheint doch was dran zu sein an dem Spruch: ‚Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste‘ “, meint Peter.
Es ist echt peinlich, aber nun müssen wir beide lachen.

 

Vielleicht möchtet Ihr auch das noch lesen:

Filmreif

Peinlich, peinlich…

Im Eifer des Gefechts

 

Das fliegende Ei

Wir sitzen im Flieger von Teneriffa zurück nach Berlin. Schade, denn wir lassen das schöne sonnige Wetter zurück und tauschen es gegen Temperaturen von ungefähr 6 Grad ein, allerdings mit der Hoffnung auf Sonnenschein an Ostern. Ich überlege, welche Geschichte aus unserem Leben zum Osterfest passen könnte, aber da hilft mir Peter auf die Sprünge.

Es gibt eine lustige Begebenheit aus der Familie meines Vaters, die ich allerdings auch nur aus Erzählungen kenne. Es ist also sozusagen eine alte familiäre Überlieferung.“

„Und das ist eine Ostergeschichte?“, frage ich zurück.
„Das kann ich dir jetzt nicht sagen, aber es geht um ein fliegendes Ei.“
Logisch, dass ich jetzt neugierig werde, denn fliegende Eier kenne ich nicht. Seinem schelmischen Grinsen merke ich jedoch an, dass ich vielleicht den Ausspruch nicht ganz so wörtlich nehmen sollte.
„Das ist jetzt aber kein nachträglicher Aprilscherz, oder?“
„Nein, nein. Pass mal auf!“, beginnt Peter mir diese Geschichte zu erzählen.
Er beschreibt eine Szene, die ich mir nun auch bildlich genau vorstellen kann. Sein Vater Heinz, der damals wohl selbst noch ein Kind war und sein Bruder Wilhelm sitzen mit den Eltern Hermann und Käthe und einem weiteren Pärchen rund um den Küchentisch. Bei diesem Paar, das zu Besuch ist, handelt es sich um die Schwester von Käthe und deren Ehemann, genannt Tante Elsa und Onkel Peter.
„Also saßen da deine Großeltern väterlicherseits, dein Großonkel und deine Großtante.“
Mein Peter nickt und ergänzt mich in meinen Überlegungen:
„Leider ist keiner von diesen Menschen mehr am Leben. Wenn du jetzt diese Geschichte aufschreibst, dann gerät sie wenigstens nicht in Vergessenheit.“
„Darf ich mal raten?“, frage ich, allerdings warte ich nicht auf eine Antwort, sondern rede gleich weiter. „Wahrscheinlich wollten sie gerade frühstücken.“
„Das nehme ich an“, bestätigt mich mein Mann.
Ich sehe alles genau vor mir: Der Tisch ist gedeckt. Natürlich hat die Mutter meines Schwiegervaters extra die Damasttischdecke aufgelegt, die sie noch von ihrer Aussteuer hat. Wahrscheinlich hat sie auch das gute Geschirr benutzt, denn immerhin ist Besuch da. Bestimmt hat die Mutter von Peters Vater selbst gemachte Erdbeermarmelade und frischgebackenes Brot auf dem Tisch stehen. Weiße und frisch gestärkte Servietten liegen auf den Frühstückstellern und die gesamte Küche duftet nach frischem Kaffee. Vor dem kleinen Heinz und vor dem etwas älteren Bruder steht jeweils ein Glas mit frischer Milch. Die Mutter hat bei einem bekannten Bauern am Tag zuvor neben der Milch auch noch etwas Wurst besorgt und auch der Käse fehlt nicht. Während sich die beiden Jungs den Kakao in die Milch rühren, kocht die Mutter schnell noch ein paar Frühstückseier. Selbstverständlich hat sie diese nicht genau abgezählt, sondern lieber noch ein paar mehr gekocht. Immerhin soll es dem Besuch ja gut gehen und man will nicht knausrig erscheinen.
Die Frühlingssonne lacht zum Fenster herein und kitzelt den kleinen Heinz an der Nase. „Beeil dich und komm raus zum Fahrradfahren!“, flüstert sie ihm scheinbar zu und so isst er auch artig sein Marmeladenbrot und sein Frühstücksei. Während die Erwachsenen sich unterhalten, müssen er und sein Bruder still sein und nicht dazwischen reden. Einmal stützt er sich während des Essens gedankenverloren auf seinem Ellbogen auf, doch da hört er auch schon Mutters ermahnende Stimme:
„Heinz, setz dich gerade hin!“
Gerne würde er aufstehen, doch er weiß genau, dass er dies noch nicht darf beziehungsweise erst um Erlaubnis fragen muss.
„Dürfen wir…?“, setzt er einmal zu der Frage an, doch Vaters strenger Blick verrät ihm, dass sie beide noch abwarten müssen. „Die Erwachsenen finden aber auch kein Ende“, denkt er. Andauernd reden sie von irgendwelchen langweiligen Dingen und immerzu greift sich noch ein Erwachsener eine Brotscheibe, ein bisschen Wurst oder Käse. Die gekochten Eier tragen auch nicht gerade zu einem schnellen Ende des Frühstücks bei.
Auf einmal erregt allerdings etwas die Aufmerksamkeit des kleinen Heinz. Obwohl er den Gesprächen der Erwachsenen nicht zugehört hat, bemerkt er, dass Unruhe am Tisch entstanden ist. Worum geht es hier eigentlich?

„Ach“, sagt seine Mutter gerade. „Ein einziges Ei ist noch übrig. Peter, das kannst du dir noch nehmen“, erklärt sie und richtet sich an ihren Schwager.

„Nein, nein!“, protestiert dieser. „Das gebührt dem Gastgeber.“
Und denkt sich dabei: „Ich würde es ja gerne noch essen, aber das gehört sich nicht. Es sieht sonst so aus, als hätten wir nichts zu essen zu Hause.“

„Ich bin vollkommen satt!“, sagt der Vater. „Bei uns ist der Gast König!“
Und er denkt sich: „Lecker dieses Ei. Wäre ja nicht schlecht, aber das kann ich nicht machen, sieht sonst so aus, als wolle ich es unserem Besuch vorenthalten.“

„Dann iss es du, Elsa!“, sagt die Mutter.

„Ich habe keinen Hunger mehr. Nein, Kätha! Nimm es dir doch! Du bist die Hausfrau und hast uns so gut bewirtet.“
Und sie denkt sich: „So ein Ei zum Abschluss wäre schon gut. Aber lieber nicht, sonst denkt jeder, ich könne nicht genug haben!“
Die Mutter aber sagt jetzt: „Ach, ich kann doch morgen wieder eins essen! Jetzt möchte ich keins mehr.“
Und sie denkt sich: „Warum eigentlich nicht? Wenn ich es schon gekocht habe, dann kann ich es eigentlich auch essen. Aber das tut man nicht, man isst dem Besuch nichts vor der Nase weg!“

Der kleine Heinz und sein Bruder würden gerne das Ei essen, aber niemand fragt sie und so sitzen sie still und lauschen dem Hin und Her im Streit um das letzte Ei auf dem Frühstückstisch. Die Erwachsenen können sich einfach nicht entscheiden.

„Na los!“, sagt der Vater. „Jetzt nimm sich doch endlich jemand dieses Ei!“
Eigentlich zuckt es jedem in den Fingern, aber keiner wagt es einfach zuzugreifen.

Die Namen werden hin und her geworfen und jeder meint, der andere solle sich des Eies erbarmen. Die Unruhe steigt in der vor ein paar Minuten noch so friedlichen Frühstücksrunde. Aber mit der Unruhe steigt auch der Unmut des Vaters. Diese Streiterei um ein kleines Ei geht ihm sichtlich auf die Nerven. Der kleine Heinz kann dies genau an der strengen Falte erkennen, die sich auf der Stirn des Vaters zu vertiefen beginnt.
Und dann greift der Vater urplötzlich nach dem Ei, das einsam und verlassen in dem Körbchen auf der Mitte des Tisches liegt. Fest und energisch umschließt seine Hand dieses kleine Ei. Er steht abrupt auf und marschiert mit festen und donnernden Schritten zum Fenster, öffnet dieses, holt aus und wirft das Ei hinaus.
„So, soll sich das Ei doch holen, wer will!“, sagt er bestimmt.

Alle sind wie erstarrt und beobachten von ihren Plätzen aus den Flug des Eies und dessen Landung im Blumenbeet im Garten des Nachbarn.
Die Mutter ist die Erste, die aus ihrem schockähnlichen Zustand erwacht und ihren Gatten mit den strengen und zurechtweisenden Worten ermahnt:

„Aber Herrmann, wie kannst du nur! Und dann auch noch vor den Kindern!“

Der kleine Heinz hat dieses einprägsame Erlebnis nie vergessen.

„Ja und irgendwann einmal hat er mir davon erzählt und tüchtig gelacht“, berichtet mir nun abschließend mein Peter.

Ich wünsche allen meinen Lesern ein schönes Osterfest mit vielen bunten Eiern und keinen Streit um das letzte Ei!!!

 

1200px-Osterhase*

*vom DHL Paket abfotografiert

Vielleicht möchtet Ihr auch das noch lesen:

Bubis Sprachkünste

Unsere persönliche Ostergeschichte

Hops und die Osterhasenkunst

 

Annelie, Piepsie, Braunschopf und die dicke Emma

Oma Luise holt ihre kleine Enkelin Annelie vom Kindergarten ab. Bereitwillig gibt das Mädchen seiner Großmutter die Hand und tritt mit ihr gemeinsam den Heimweg an.

„Na, wie war es heute im Kindergarten? Bestimmt habt ihr schöne Sachen gemacht“, wendet sich Oma Luise an ihre Enkelin.

„War heute doof?“, antwortet diese kurz und knapp.

Erst jetzt bemerkt Luise, dass Annelie ein ziemlich beleidigtes Gesicht macht. Irgendetwas muss wohl vorgefallen sein.

„Vielleicht hat sie ja etwas angestellt oder sich mit einem anderen Kind gestritten“, überlegt die Großmutter insgeheim. 

„Erzähl doch mal, was dich gestört hat!“, fordert sie deshalb das Mädchen auf.

„Hilda ist doof!“, lautet die kurze Antwort.  Doch dann sprudelt es aus der Kleinen nur so heraus:

„Es gab Gummibärchen. Für jeden so viele…“ Annelie hält ihre rechte Hand in die Höhe und spreizt alle fünf Finger auseinander. „Und jetzt ist die Packung leer!“, sagt sie empört.

„Wie ist das denn passiert?“, forscht Oma Luise nach.

„Hilda hat alle heimlich gefuttert. Das ist voll ungerecht!“

„Das stimmt! Das ist ja fast so wie bei Piepsie, Braunschopf und der dicken Emma“, meint Luise.

„Kenne ich nicht. Hat die dicke Emma auch alle Gummibärchen aufgefuttert?“

„So ähnlich. Warte ich erzähle es  dir:  

Du kennst doch die Spatzen auf dem alten Marktplatz mitten in der Stadt.“

Annelie nickt und bekommt ganz große Augen. Das passiert immer, wenn sie gespannt und neugierig ist, besonders dann, wenn Oma ihr eine Geschichte erzählt.

„Piepsie und Braunschopf sind zwei kleine Spatzen und sie wissen, dass vor dem Cafe am Marktplatz immer ganz viele Krümel für sie abfallen. Die Menschen, die an den Tischen ihre Kuchen essen, lassen diese manchmal absichtlich und manchmal unabsichtlich fallen. Dann freuen sich die beiden kleinen Spatzen und fliegen herbei, um sich einige der Krümel zu holen und in ihren Schnäbeln verschwinden zu lassen. Manchmal sind sie sogar so frech und fliegen direkt auf die Tische, um besonders leckere und große Krümel zu bekommen.

Gestern erst habe ich sie wieder beobachtet, aber sie waren nicht alleine. Es kamen noch mehrere Spatzen und jeder von ihnen hat etwas abbekommen. Die Welt war in Ordnung, aber nur so lange bis die dicke Emma kam.“

„Wer ist denn die dicke Emma?“, fragt Annelie nach. „Von der habe ich noch nie gehört!“

„Sie ist eine Taube und viel größer und dicker als die Spatzen. Sie hat alle einfach weggedrängt und sich die leckeren Happen geschnappt. Sogar einen ganz dicken, schweren Brocken hat sie sich ergattert und ist mit ihm in eine Ecke gerannt, wo sie ihn gierig verschlungen hat. Für die Spatzen blieben nur ein paar winzige Krümelchen übrig. Du kannst dir bestimmt vorstellen, dass sie das auch total ungerecht fanden und wütend auf die dicke Emma waren.“

Annelie nickt verständnisvoll.

„Am Abend fanden sie dann die dicke Emma jammernd in eben dieser Ecke sitzen. Die Spatzen jedoch waren vergnügt und freuten sich über die wenigen, aber leckeren Krümel, die ihnen die dicke Emma übriggelassen hatte und die ihnen gut bekommen waren. Die dicke Taube Emma jedoch  hatte ganz schlimme Bauchschmerzen, weil sie viel zuviel gefuttert hatte.“

„Genau wie Hilda“, stellt Annelie fest. „Die hat jetzt bestimmt auch Bauchweh.“

 

 

Vielleicht möchtet Ihr auch das noch lesen:

Mit Schaufel und Eimer

Glück im Unglück

Was hat Oma Hildi angestellt? (1)

 

Eins, zwei, drei, …viele

 

Es ist Mitternacht.

Ich kann nicht schlafen.

Schafe zählen soll helfen.

Ich stelle mir eine Schafherde vor, beginne zu zählen…

Oh, da ist ein süßes Lämmchen! Ich streichele es. 

Jetzt muss ich allerdings nochmal beginnen…

Nun treibt der Schäferhund die Herde zusammen, ich komme durcheinander und beginne abermals von vorne…

Der Hirte spielt auf der Mundharmonika.

Mir fällt das Lied „Der Junge mit der Mundharmonika ein.

Jetzt habe ich einen Ohrwurm, der lässt mich weiterhin nicht einschlafen.

Irgendwann hat der Sandmann Erbarmen, mein Wecker allerdings nicht.

Er klingelt und reißt mich aus meinen Träumen von der Schafherde und der Mundharmonika.

 

Vielleicht möchtet Ihr auch das lesen:

Goldglöckchen

Das Sofa in der Küche

Wenn Zwei träumen

 

Töpfe, die es in sich haben…

Wir haben uns Besuch eingeladen, der bei uns für eine Woche bleiben möchte. Also muss ein Plan gemacht werden, was man so an den verschiedenen Tagen an Gerichten auf den Tisch bringt. Außerdem müssen im Vorfeld die entsprechenden Zutaten besorgt werden und gegebenenfalls Vorbereitungen getroffen werden, damit man möglichst viel Zeit mit den Besuchern verbringen kann und nicht nur mit Kochen und Haushalt beschäftigt ist. 

Ich überlege also hin und her und habe mir schon ein paar Ideen aufgeschrieben. Unser Besuch reist am Abend an.
„Von der langen Anreise werden sie sicherlich hungrig sein“, sage ich zu Peter. „Ich möchte aber nicht nur mit einem einfachen Abendbrot aufwarten, aber zu üppig sollte es auch nicht sein.“
„Mach doch eine leckere Suppe! Vielleicht eine Gulaschsuppe“, schlägt mir Peter vor.
„Ach, die kann man an jeder Autobahnraststätte essen“, schmettere ich seinen Vorschlag nieder. „Ich habe eine andere Idee, wie wäre es mit einer Gyrossuppe?!“
„Genau, die machst du. Die schmeckt super lecker!“, willigt er in meinen Vorschlag ein. „Wenn dann unsere Gäste ankommen, kannst du ihnen die jeweiligen Zimmer zuweisen und ich mache in der Zwischenzeit die Suppe warm.“
„Unterstehe dich!“, entfährt es mir.
Plötzlich fangen wir beide an zu lachen, denn jeder von uns weiß, warum ich seine Hilfe diesbezüglich nicht annehmen möchte.
„Ich pass auch auf!“, verspricht er mir.
„So wie damals? Ich weiß schon wie das ausgeht!“
Damals, das war in unserer Studienzeit, genauer gesagt in irgendwelchen Semesterferien. Peter war zu Hause bei seinen Eltern und bereitete sich auf seine Klausur vor. Ich war bei meinen Eltern und verfasste meine Semesterarbeiten.
„Ich muss jetzt weg“, erklärte ihm damals seine Mutter nach dem Frühstück. „Wenn Papa am Mittag heim kommt, dann machst du vorher die Suppe warm, die ich gekocht habe und dann könnt ihr gemeinsam essen.“
„Klar, mach ich. Ist ja kein Problem“, erklärte sich Peter gleich bereit.
Als die Haustür zuklappte und seine Mutter ins Auto stieg, vertiefte er sich in seine Bücher und Mitschriften. Mit voller Konzentration löste er Prüfungsaufgaben aus vergangenen Semestern, die zur Prüfungsvorbereitung freigegeben waren. Irgendwann blickte er auf die Uhr und stellte fest, dass die Zeit schon gewaltig vorangeschritten war. Jetzt musste er sich aber sputen, denn sein Vater würde gleich in der Tür stehen und dann sollte die Suppe warm und dampfend auf dem Tisch stehen, denn die Mittagspause seines Vaters war ja begrenzt.
Jetzt war also der Sternekoch Peter gefragt. Eilig rannte er mit einem Buch unter dem Arm und tausend komplizierten Gedanken im Kopf, die sich weniger auf die Suppe bezogen, sondern mehr auf ein bisher von ihm ungelöstes Problem hinsichtlich der Prüfungsaufgaben, nach oben in die Küche. Gedankenverloren stellte er den Kochtopf mit dem besagten Inhalt auf den Herd und drehte am Schalter, wohlgemerkt alles mit einer Hand, da sich in der anderen ja sein Buch befand. Weil die Suppe nicht mehr kochen sollte, wählte er mehr intuitiv als überlegend nicht gerade die höchste Stufe, aber trotzdem hoch genug, wie sich noch zeigen sollte.
„Dies gewährt mir noch ein wenig Zeit, die ich sinnvoller nutzen kann, als tatenlos neben dem Herd zu stehen“, dachte Peter sich so. Außerdem meldete sich bei ihm gerade ein sehr dringendes Bedürfnis. Grübelnd über sein eigentliches Problem, dessen Lösung ihm immer noch unklar war, marschierte er ins Badezimmer. Die Minuten verstrichen. Langsam aber sicher näherte er sich der Lösung, doch die aufkommenden Glücksgefühle wurden jäh durch einen wütenden Schrei aus der Küche von einer Sekunde auf die andere niedergeschmettert:
„Was ist das denn hier, zum Donnerwetter noch einmal!“
Er erkannte die Stimme seines Vaters und diagnostizierte zielsicher, dass ein gewisser Unmut in dieser Stimme mitklang.
Peter schlug sein Buch zu und eilte zum Ort des Geschehens.
„Komm mal her, junger Mann!“, ereiferte sich sein Vater. „Soll das hier mein Mittagessen sein?“
Betroffen, aber dennoch vorsichtig schaute er in den Topf. Verwundert musste er feststellen, dass von der Suppe nichts mehr zu sehen war und auf dem Grund nur noch verkohlte Nudeln erahnen ließen, was sich möglicherweise in diesem Behältnis befunden hatte.
„Ich frage mich, wie man eine Nudelsuppe derart anbrennen lassen kann?“, donnerte sein Vater weiter. „Wahrscheinlich bist die sogar fähig einfaches Wasser anbrennen zu lassen!“
„Ich war nur kurz auf der Toilette“, entschuldigte sich Peter.
„Was, zum Teufel, ist bei dir kurz?“
Peter blickte auf seine Uhr und musste feststellen, dass allerdings mehr Zeit vergangen war, als nur ein paar Minuten.
Dieses Missgeschick brachte Peter zunächst einmal die Verärgerung seines Vaters ein, dann viele Lacher und später den Vorteil, dass ihm niemand mehr diesbezüglich irgendeine ähnliche Aufgabe übertrug und ich würde dies jetzt auch nicht tun.
„Als hättest du noch nichts anbrennen lassen“, verteidigte er jetzt seine Ehre.
„Das passiert wohl jedem einmal!“
„Sag ich doch!“ Und nach einer vielsagenden Pause, fügt er noch hinzu: „Denk an Darmstadt!“
Der Schreck fährt mir bei dieser Erinnerung direkt in die Glieder. Das hätte damals auch schief gehen können.
Ich kann mich nicht mehr an das Gericht erinnern, das ich zu diesem Zeitpunkt zu kreieren gedachte. Auf alle Fälle musste ich zunächst Zwiebeln anschwitzen. Unter Tränen hatte ich eine große Menge von diesen geschnitten, etwas Fett in einen Topf gegeben und anschließend die Zwiebeln hinzugefügt.
Wie jeder weiß, muss man als Hausfrau ein sogenanntes Multitasking-Talent besitzen. Dies bedeutet schlichtweg, dass man verschiedene Tätigkeiten gleichzeitig ausführt, um möglichst zeitoptimiert und effizient die Hausarbeit zu verrichten. Schließlich gibt es ja noch andere Dinge im Leben. Also habe ich mir damals die leeren Flaschen, die in meiner Küche herumstanden, geschnappt und bin auf den Balkon marschiert, um sie dort in der dafür vorgesehenen Kiste abzustellen. Ein Blick über das Balkongeländer ließ mich erkennen, dass unser damaliger Nachbar gerade im Begriff war die zu uns gerichtete Garagenwand zu streichen.
„Einen schönen guten Tag!“, rief ich zu ihm rüber.
„Ach hallo Frau Berg! …“
Und schon waren wir mitten in einem angeregten Gespräch über dies und das. Es war ein wunderschöner sonniger Tag und so war es äußerst angenehm vom Balkon aus ein kleines Schwätzchen zu halten. Wir lachten und die Welt um uns herum schien in Ordnung bis er auf einmal meinte:
„Seltsam, irgendwie riecht es hier so komisch, als wäre irgendwo ein Feuer!“
„Ach du lieber Gott!“, entfuhr es mir und ich rannte schnurstracks in meine Küche zurück, denn mir schwante nichts Gutes.
Als ich zur Tür hereinstürmte, sah ich auch schon die Bescherung: Aus meinem Topf züngelten die Flammen in die Höhe. Nach einem Hilfeschrei aus voller Kehle, schnappte ich mir geistesgegenwärtig einen Deckel, erstickte die Flammen und riss den Topf von der Herdplatte. Meine flambierten Zwiebel musste ich allerdings entsorgen und damit hatte mein Multitasking nicht zur Zeitersparnis beigetragen, sondern eigentlich nur zu einem zeitlichen und arbeitstechnischen Mehraufwand geführt.
„Manchmal scheint die serielle Bearbeitung der Dinge doch einen gewissen Vorteil zu haben“, dachte ich verärgert.
Obwohl genau genommen unser Nachbar und das Gespräch mit ihm zu einer sogenannte Reizüberflutung aus meiner Umwelt geführt hatten und beide Faktoren damit die Schuld am Scheitern meines Multitasking-Talents darstellten, bedankte ich mich herzlich bei ihm für dessen gute Nase.
„Da ich bei einer Firma arbeite, die Arzneimittel und Chemikalien produziert, habe ich diesbezüglich eine geschulte Nase“, nahm dieser meinen Dank strahlend entgegen.
Bekanntlich wird man ja aus Schaden klug und deshalb sind uns Beiden diese Missgeschicke auch nur einmal passiert. Bei Peter mag dies daran liegen, dass er ganz bereitwillig seiner Ehefrau, sprich meiner Wenigkeit, die Tätigkeiten, welche das Kochen und den Haushalt betreffen, überlässt. Somit erhöht sich allerdings für mich die Wahrscheinlichkeit, dass es zu solchen oder ähnlichen Situationen kommt erheblich. Obwohl sie bei mir nicht an der Tagesordnung sind, passiert auch mir hin und wieder ein Missgeschick, über das ich mich dann selbst am meisten ärgere. Unter anderem liegt es auch darin begründet, dass ich keine selbstreinigende Küche besitze. An ein Ereignis erinnere ich mich noch sehr lebhaft:
Unser Sohn war vielleicht so zehn Jahre alt und spielte mit den Nachbarjungs draußen vor unserem Haus, während mein Mann ein kleines Schwätzchen mit dem Nachbarn unterhielt. Ich wollte Gulasch kochen und hantierte in der Küche herum. Gerade stellte ich den Schnellkochtopf auf den Herd, verschloss ihn sorgsam mit dem Deckel und wartete bis das Ventil hoch ging. In der Zwischenzeit bereitete ich die anderen Zutaten für das Mittagessen vor und vergaß vollkommen auf das Ventil zu achten. Plötzlich schoss das Ventil in die Höhe, mein Topf zischte furchterregend, gleichzeitig trat eine gewaltige Menge Dampf aus. Damit aber nicht genug, denn die Soße spritzte ebenfalls aus dem Ventil heraus. Ich schrie aus Leibeskräften, denn ganz geheuer ist mir dieser Dampfkochtopf noch nie gewesen:
„Hilfe! Hilfe, mein Dampfkochtopf.“
Ich riss geistesgegenwärtig den Topf von der Herdplatte und schob ihn an eine andere Stelle auf dem Herd. Das hatte zur Folge, dass Dampf und Soße sich letztendlich in alle Richtungen verteilten. Die Wandfliesen hinter dem Herd, meine Arbeitsplatte, der Fußboden vor dem Herd und selbst das eine Fenster und die Gardinen waren jetzt braun gesprenkelt. Ich fluchte lautstark und ärgerte mich über mich selbst, denn jetzt konnte ich die gesamte Küche und die Fenster putzen und schließlich auch noch die Gardinen waschen. Trotz meinen Schimpfkanonen, die ich in der Küche abfeuerte, bekam mein Mann draußen vor dem Haus nicht das Geringste mit. Allerdings schien der Nachbarjunge Bruchstücke von meinem Küchenunglück und meinen begleitenden Worten aufgeschnappt zu haben, denn er stellte sich vor Peter und meinte:

„Ich glaube ihrer Frau ist gerade der Dampfkochtopf explodiert!“

Tja, wir Köche, egal ob weiblich oder männlich leben nicht ganz ungefährlich.

 

Vielleicht möchtet Ihr auch das noch lesen:

Peinlich, peinlich…

Familie von Stein

Pirat Schorsch

 

Upps!!!

Wir sind mit dem Auto in einem anderen Stadtteil unterwegs. Bisher haben mein Mann und ich angeregt geplaudert, doch plötzlich kehrt Stille ein. Während ich meinen Gedanken nachhänge, konzentriert sich mein Göttergatte auf den Verkehr.

„Was ist das denn für ein Verkehrsschild? Mit einem Dreieck darauf?“, fragt er in die Stille hinein.

„Keine Ahnung, ich habe es nicht gesehen?“, antworte ich gedankenverloren und  tauche wieder tief in meinen Tagtraum ab.

„Vielleicht ist es ja Blindenschrift“, mutmaßt er.

„Mmhh!“, bestätige ich. 

Upps! Jetzt bin ich plötzlich hellwach:

„So ein Quatsch!“

Er lacht: „Ich wollte nur mal testen, ob du noch träumst!“

 

Vielleicht möchtet Ihr auch das noch lesen:

In den Schuhen des Anderen

Eiskalt

Meine ganz normale, chaotische Familie

 

 

Der verpatzte Einstieg

Nora, Steffi und Romy treffen sich regelmäßig jeden zweiten Dienstagabend auf ein Gläschen Wein. Dies ist ihr erstes Treffen im neuen Jahr. Es gibt viel zu berichten, denn diese Silvesternacht haben sie ausnahmsweise nicht gemeinsam verbracht. 

Nora war bei ihren Eltern, um das Baby ihrer Schwester zu bewundern. Die kleine Sophie war nämlich kurz vor Weihnachten auf die Welt gekommen. Steffi war mit ihrem Lebensgefährten im Kurzurlaub gewesen und Romy hatte eine Einladung bei ihren zukünftigen Schwiegereltern nicht ausschlagen können.

Nachdem jede der drei Freundinnen ausführlich berichtet hat, ergreift Romy das Wort:

„Ich muss euch noch etwas erzählen“, beginnt sie und weckt damit die Neugierde der anderen Zwei. „Mir ist da nämlich was passiert.“

„Ich hoffe es handelt sich um nichts Schlimmes, sondern eher um was Lustiges“ meint Nora und sieht die Freundin ganz gespannt an.

„Naja, wie man es nimmt“, antwortet Romy und bekommt vor Aufregung ganz rote Wangen. „Schlimm genug für mich, aber wahrscheinlich ziemlich lustig für alle anderen.“

„Jetzt spann uns nicht so auf die Folter! Erzähl einfach!“, fordert Steffi nun den Bericht ein.

„Okay, aber lacht mich nicht aus!“, bittet Romy, holt tief Luft und beginnt zu berichten:

„Ihr wisst doch, dass ich am 2. Januar eine neue Arbeitsstelle angetreten habe. Ich bin neben der Chefsekretärin, die zweite Sekretärin im Vorstandsbüro. Obwohl mir die Arbeit sehr viel Freude macht, mir nicht schwerfällt und auch die Kollegen alle nett sind, habe ich meinen Einstieg nicht gerade mit Bravour gemeistert. Ehrlich gesagt habe ich mich bis auf die Knochen blamiert.“

„Ach komm“, sagt Nora ungläubig. „Das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen. Du bist doch die Perfektion in Person.“ 

„Und trotzdem ist es so!“ Romy zuckt mit den Schultern. „Am ersten Tag wurde ich in meine Aufgaben eingewiesen. Das ist auch alles kein Thema, meinen Job beherrsche ich. Aber am zweiten Tag passierte es dann.“

Die beiden Freundinnen lauschen neugierig den Schilderungen.

„Am Vormittag kam ein Fax herein. Es war für eine andere Abteilung, allerdings stand kein Empfänger darauf. Also wollte ich die Chefsekretärin fragen, die jedoch gerade im Begriff war zu telefonieren. Während sie die Nummer eingab, schob ich ihr das Fax hin. Sie warf einen Blick darauf und meinte nur kurz: 

„SCHREIBEN SIE FRAU DOKTOR DRAUF!“

Gesagt – getan! Ich schrieb Frau Doktor Drauf oben auf das Fax und legte es auf den Schreibtisch, denn man hatte mir am Vortag erklärt, dass der Bote ankommende Faxe zum Empfänger bringen würde.“

„Dann hast du doch alles richtig gemacht, oder?“, fragt Steffi.

„Nicht ganz“, gibt Romy zu. „Was ich allerdings erst später erfahren habe, als der Bote kam. Da war es allerdings schon zu spät und ich hatte alle Lacher auf meiner Seite.“

Nora und Steffi sehen ihre gemeinsame Freundin fragend an, denn ihnen ist schleierhaft, was wohl der vermeintliche Fehler gewesen sein soll. 

Romy blickt verschämt nach unten und erzählt den Rest der Geschichte:

„Als der Bote kam, warf er einen Blick auf das Fax und erkundigte sich:

‚Gibt es in der Abteilung 3 eine neue Mitarbeiterin? Den Namen habe ich nämlich noch nie gehört oder gelesen.‘

Jetzt wurde die Chefsekretärin aufmerksam und warf einen Blick auf den von mir oben handschriftlich eingesetzten Namen. Fast gleichzeitig brach sie in schallendes Gelächter aus. Ahnungslos stand ich daneben und war mir keiner Schuld bewusst, hatte ich doch alles so gemacht, wie sie mir aufgetragen hatte.“

„Na sowas! Sie hat doch selbst gesagt, dass du FRAU DOKTOR DRAUF schreiben sollst!“, pflichtete Nora der Freundin bei.

„Nicht ganz“, gibt Romy beschämt zu. 

Eine Frau Doktor Drauf existiert bei uns im Haus nicht.

Was sie gesagt hat und was sie gemeint hat, macht tatsächlich den Unterschied.

Sie hat gesagt, dass ich FRAU DOKTOR DRAUF schreiben soll,  aber gemeint hat sie , dass ich Frau Doktor auf das Fax drauf schreiben soll.- Die besagte Person heißt nämlich mit Nachnamen Doktor. 

Es dauert eine Sekunde, dann brechen die beiden Freundinnen ebenfalls in Gelächter aus. Inzwischen kann jedoch auch Romy über dieses Missverständnis lachen.

 

Vielleicht möchtet Ihr auch das noch lesen:

Timo und die kleinen Tierchen in meiner Küche

Knöpflein

In die Jahre gekommen

 

Personalmangel  (2)

„Mmh, mmh!“, überlegt Willi hin und her und streicht sich über seinen langen weißen Bart. „Da muss ich doch gleich mal schauen, wo ich meine Stiefel und meinen Wintermantel hingehängt habe.“

Das Engelchen lächelt erleichtert, denn anscheinend ist der Weihnachtsmann damit einverstanden bei den himmlischen Vorbereitungen für das Fest auszuhelfen. 

„Dankeschön!“, ruft das Engelchen freudig aus. „Ich wusste doch, dass du uns helfen wirst. Auf dich ist immer Verlass.“

So kommt es, dass Willi in der Himmelswerkstatt am großen Verpackungstisch einen Platz zugewiesen bekommt. In der Mitte liegen alle notwendigen Materialien, die zum Verpacken benötigt werden. Auf einem Fließband befinden sich die Geschenke, so dass man nur zugreifen muss. Das verpackte Geschenk kommt dann auf ein weiteres Band, das unter dem ersten verläuft. So hat alles seine Ordnung.

Willi zögert nicht, sondern legt sofort los. Selbstverständlich will er seine Arbeit besonders gut machen.

„Beim Verpacken ist Kreativität gefragt“, denkt er sich und überlegt kurz. 

Der erste Versuch überzeugt ihn jedoch nicht so richtig, deshalb reißt er das Geschenkpapier wieder ab, zerknüllt es und wirft es neben sich. Beim zweiten Versuch hat er zu wenig Papier von der Rolle abgeschnitten, so dass es nicht um das Geschenk passt. Aber dann hat er es richtig drauf. Pfeiffend  macht er sich an die Arbeit und begutachtet anschließend wohlwollend sein Werk. 

„Perfekt!“, lobt er sich insgeheim selbst. „Man muss sich nur zu helfen wissen, dann kennt Kreativität keine Grenzen.“

Was Weihnachtsmann Willi nicht registriert, ist dass alle Engelsaugen auf ihn gerichtet sind.  In der Himmelswerkstatt ist plötzlich Geschnatter und Gelächter ausgebrochen. Die Bänder stehen auf einmal still, aber erst als ein Engelchen ihn an seinem Arm zupft, blickt er auf.

„Warum störst du mich bei der Arbeit?“, fragt er verwundert. „Ich muss mich konzentrieren.“

„Naja“, meint das Engelchen und tritt verlegen von einem Fuß auf den anderen. „Das dürfen wir nicht!“

„Was?“, wundert sich Willi erneut. „Was dürft ihr nicht?“

„Nicht nur wir dürfen es nicht, sondern auch du darfst die Geschenke nicht als Bonbon verpacken.“

„Was ist denn das für eine seltsame Vorschrift?“, empört er sich. „Sieht doch lustig aus. Außerdem freuen sich die Kinder über solche wunderschön verpackten Geschenke.“

„Das glaube ich nicht“, gibt das Engelchen zu bedenken.

„Dann fehlt dir die Vorstellungskraft“, entgegnet Willi kopfschüttelnd.

„Ich glaube eher, ich habe zu viel davon“, wagt das Engelchen schüchtern und ganz leise zu sagen.

„Rück schon mit der Sprache heraus, sag es ihm doch!“, ruft es plötzlich aus einer Ecke der Himmelswerkstatt.

„Was sollst du mir sagen?“

„Naja, du hast doch lange Zeit den Schlitten mit den Geschenken gefahren… Hast du auch mal welche verloren?“

„Ich kann mich dunkel daran erinnern, dass der Stapel auf dem Schlitten immer ziemlich hoch war und ich aufpassen musste, dass kein Geschenk verloren ging. Nur einmal, da hat so ein Witzbold…“

Willi schaut von dem Engelchen zu seinem verpackten Geschenk und kratzt sich am Kopf. Dann nickt er und spricht weiter: „…die Geschenke als Bonbons verpackt…“

„…und die sind vom Weihnachtsschlitten gekullert…“, vollendet das Engelchen Willis Gedankengang. 

Willi schlägt sich die flache Hand gegen seine Stirn und bricht in schallendes Gelächter aus. 

„Jetzt wird mir vieles klar: Deshalb sind alle Geschenke einfach nur viereckig verpackt, obwohl das ziemlich langweilig ist“, murmelt er in seinen Bart. „Man kann sie besser stapeln und fallen daher auch nicht vom Schlitten.“

Und nach einer kleinen Pause fügte er noch hinzu:

„Dann muss ich meine Kreativität halt auf die Bänder und Schleifen verlagern, die die Geschenke verzieren.“

Dafür erntet er von allen anwesenden Engelchen einen riesigen Applaus. Geschwind gehen alle wieder an ihre Arbeit und Weihnachtsmann Willi sucht sich schon mal die schönsten und buntesten Bänder zusammen, aus denen er die wundervollsten Schleifen bindet.

 

Vielleicht möchtet Ihr auch das noch lesen:

Mein drittes Weihnachtsfest

Der Weihnachtsbaum

Lilly, Milly und der freche Billy

 

Personalmangel

Weihnachtsmann Willi ist nun ja schon einige Jahre im wohlverdienten Ruhestand. Auf seinen Nachfolger Weihnachtsmann Rudi ist er sehr stolz. Nicht nur, weil er ihn selbst ausgebildet hat, sondern auch, weil dieser die Arbeit hervorragend erledigt.

Weihnachtsmänner bleiben immer Weihnachtsmänner, das heißt, sie verlieren nie diesen Titel. Selbst dann nicht, wenn sie schon lange nicht mehr aktiv sind. Einmal Weihnachtsmann –  immer Weihnachtsmann.

Gerade hat sich Willi mit einem Pfeiffchen auf seinen Ohrensessel gesetzt und die Füße auf die Ofenbank gelegt. Er liebt es ins Kaminfeuer zu schauen und sich die Füße zu wärmen. Während das Feuer so schön prasselt und die Flammen zucken, kann er seinen Gedanken freien Lauf lassen. Die vielen Jahrzehnte, die er als Weihnachtsmann unterwegs war, ziehen gedanklich an ihm vorüber. 

„Es war eine schöne Zeit“, denkt er mit ein bisschen Wehmut. „Aber anstrengend war sie auch und jetzt bin ich schon so alt und auch schon recht müde. Obwohl, manchmal würde ich schon gerne wieder ein bisschen …“

Just in diesem Moment klopft es an der Tür. Erst zaghaft, dann immer fester und dann sogar recht laut und mehrmals hintereinander.

„Da hat aber anscheinend jemand ein dringendes Anliegen“ überlegt Willi und schlüpft in seine Pantoffeln.

„Langsam, langsam!“, ruft er. „Ich komme ja schon. Es dauert nur ein Weilchen, ein alter Mann ist ja kein D-Zug!“

Schlurfend bewegt er sich in Richtung seiner Wohnungstür. Seine alten Knochen wollen nicht mehr so schnell und auch sein Rücken ist schon ein wenig in Mitleidenschaft gezogen. 

„Das kommt vom vielen Schleppen der Säcke, die immer voller Geschenke für die Kinder waren“, denkt Willi. „Aber die Freude der Kinder und deren strahlende Augen waren all die Mühen und die anstrengende Arbeit wert.“

„Weihnachtsmann Willi!!!“, ruft es von außerhalb. „Bitte mach doch die Tür auf!!!“

„Ja, doch! Ich bin ja schon unterwegs!“, antwortet er.

„Was gibt es denn so Dringendes, dass du einen solchen Lärm veranstalten musst?“ will Weihnachtsmann Willi wissen. „Ich wusste gar nicht, dass ein kleines Engelchen so kräftig und energisch gegen die Tür klopfen kann“, meint er schmunzelnd.

„Eine Katastrophe, lieber Weihnachtsmann“, schluchzt nun das Engelchen. „In der Himmelswerkstatt geht alles drunter und drüber! Du musst uns unbedingt helfen, bitte, bitte!“

„Nun komm doch erst einmal herein, liebes Engelchen und erzähle mir alles der Reihe nach. Aber schließ die Tür hinter dir, sonst wird es kalt in meiner bescheidenen Hütte.“

„Ja, natürlich“, sagt das Engelchen brav und nachdem sich Beide vor den Kamin gesetzt haben, berichtet es:

„Auf der Erde werden momentan dringend Schutzengel gebraucht und so haben sich viele Engel, die eigentlich für andere Bereiche zuständig sind, für eine Weiterbildung als Schutzengel beworben. Auch viele von den Engelchen, die normalerweise in der Himmelswerkstatt und in der Himmelsbäckerei arbeiten, verrichten entweder schon unten auf der Erde ihre Arbeit oder sie stecken gerade noch in der Weiterbildung. Jetzt haben wir hier oben einen großen Personalmangel.“

„Ja, ja“, nickt Weihnachtsmann Willi. „Das ist wahrlich ein Problem.“

„Bitte, bitte, du musst uns unbedingt helfen“, bettelt das Engelchen.

„Ja, ja“, wiederholt sich Willi. „Aber ich habe hier keine kleinen Helferlein versteckt.“

„Aber du könntest uns doch selbst helfen, indem du in der Himmelswerkstatt mitarbeitest.“

Fast ein wenig verlegen schlägt das Engelchen die Lider nieder und hofft, dass der Weihnachtsmann nicht nein sagt.

„Nun ja“, brummt dieser in seinen Bart. „Ich bin nicht so gut in den handwerklichen Dingen.“

„Du bekommst auch nur ganz einfache Aufgaben“, flehentlich sieht es den alten Herrn an. Zum Beispiel könntest du doch die Geschenke verpacken.“

„Mmh, mmh!“, überlegt Willi hin und her…….

….Fortsetzung folgt

 

Vielleicht möchtet Ihr auch das noch lesen:

Weihnachtsmann Willi

Seine letzte Tour

Besuch vom Nikolaus 

 

Echt jetzt?

Ich bereite gerade das Mittagessen vor, als mein Mann aus seinem Arbeitszimmer kommt. 

„Sag mal“, fragt er mich, während er neugierig in meinen Kochtopf schaut, „ich war doch heute mit Tobias verabredet?!“

Tobias ist ein langjähriger guter Bekannter, der hin und wieder mal bei uns vorbeischaut. Leider ist er momentan arbeitslos und lebt zur Zeit ein bisschen in den Tag hinein. Er nimmt das Leben wie es kommt und ist trotzdem meistens gut gelaunt.

„Oder täusche ich mich?“, reißt mich mein Gatte aus meinen Gedanken.

„Nein, nein, es stimmt schon“, bestätige ich ihm. „Er hat versprochen um zehn Uhr vorbeizukommen, weil du ihm beim Erstellen der Bewerbungsunterlagen behilflich sein willst.“

Mein Blick wandert zur Küchenuhr und ich zucke mit den Schultern, denn sie zeigt mit ihren beiden Zeigern genau auf die Zwölf.

„Das ist typisch für Tobias. Wahrscheinlich hat er es vergessen oder hat keine Lust. Ich denke mal, er wird nicht mehr kommen.“

„Aber wenigstens Bescheid könnte er sagen“, beschwert sich mein Mann und geht wieder zurück in sein Arbeitszimmer.

Es dauert exakt fünf Minuten, sprich: Es ist jetzt fünf nach zwölf. Unsere Klingel verrät mir, dass jemand vor der Tür steht. 

„Vermutlich ist es der Postbote, der einen unserer Nachbarn nicht angetroffen hat und nun die Weihnachtsbestellung bei uns abgeben möchte“, überlege ich, während des Türöffnens.

Erstaunt sehe ich jedoch eine andere Person in der Einfahrt stehen. Ich erkenne diesen Mann sofort, obwohl er mir den Rücken zuwendet und irgendetwas an meinem Autofenster begutachtet. Es ist der sehnlichst erwartete Tobias.

„Na,“ rufe ich ihm grinsend entgegen. „Dich haben wir schon abgeschrieben.“

Und dann kommt mein salopp daher gesagter Nachsatz, den ich ohne Hintergedanken folgen lasse:

„Kannst gleich abziehen!“

Tobias dreht sich ruckartig zu mir um und meint mit erstauntem Gesicht:
„Echt jetzt?“

„Na klar!“, antworte ich.

Noch bevor ich überhaupt kapiert habe, was Tobias meint, was ich wohl mit meinem Nachsatz gemeint haben könnte, steht mein Mann in der Tür.

„Wieso soll Tobias abziehen?“

Jetzt drehe ich mich mit erstauntem Gesicht zu meinem Mann um und brauche ein oder zwei Sekunden, bevor mir das Missverständnis klar wird. 

Dann allerdings breche ich in anhaltendes Gelächter aus und höre erst wieder auf, als mein Mann Tobias hereinbittet:

„Komm in die warme Stube. Das hat sie sicher nicht so gemeint.“

„Doch!“, sage ich. „Ich habe gemeint, dass er dieses Schild an meinem Autofenster abziehen soll, das jemand in die Dichtung gesteckt hat, weil er mein Auto kaufen will und das Tobias sich so genau angeschaut hat.“

„Ach“, lacht nun auch Tobias. „Und ich dachte, ich soll wieder gehen. Ich war nämlich erst neulich auf unseren pubertierenden Teenager extrem sauer. Er hatte sich wieder einmal etwas Unmögliches geleistet und ich habe ihn auf sein Zimmer geschickt, indem ich verärgert gesagt habe: 

„Zieh ab!“

„Echt jetzt?“, frage ich Tobias grinsend.

 

Vielleicht möchtet Ihr auch das noch lesen:

Die Brücke

Kuschelig

Knut Knopf